Iso Camartin: Warum Johann Sebastian Bach keine Oper schrieb © rüffer & rub
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Sachbuch - Iso Camartin: "Warum Johann Sebastian Bach keine Oper schrieb"

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Weit über 1.000 Werke sind von Johann Sebastian Bach überliefert: Kantaten, Motetten, Passionen, Orgel- und Cembalomusik, Konzerte und vieles mehr. Nur eines hat er nie geschrieben: eine Oper. Der Schweizer Publizist Iso Camartin ist jetzt der Frage nach dem Warum nachgegangen.

Es ist ja nicht so, dass Bachs Musik nicht operntauglich wäre – es gab genug szenische oder halbszenische Aufführungen etwa seiner Matthäus-Passion (plus filmische Auseinandersetzung durch Pier Paolo Pasolini). Und einige der weltlichen Kantaten funktionieren wie Operneinakter, die Gattungsbezeichnung "Dramma per musica" sagt es.

Iso Camartin tastet sich von vielen Seiten an das Thema heran: Er untersucht das Opernleben zur Zeit Bachs (nicht nur) in Leipzig, analysiert exemplarisch Opern von Bachs Zeitgenossen und geht der Affektenfrage nach.

Herzeleid und Leibespein

Das liest sich recht unterhaltsam, etwa wenn der Autor nachweist, wie Bach mit den affektgeladenen Texten seiner Kantaten umgeht, für "Jammer, Not und Schmach" oder "Herzeleid und Leibespein". Daraus ergibt sich ganz klar: Die kompositorischen Mittel um eine Barockoper zu schreiben, hatte Bach, der "die allermeisten Opernkomponisten seiner Zeit an Originalität und Einfallsreichtum bescheiden aussehen lässt".

Warum hat er es dann nicht getan? Iso Camartin verweist auf "Bachs Wille zum Wesentlichen" und erläutert: "Nur das Bestmögliche hinnehmen, weiterentwickeln und fördern, wenn es um die Musik und die Kunst in ihren vielfältigen Erscheinungsformen sakraler und weltlicher Natur geht."

Nur eine halbe Antwort

Eine klare und eindeutige Antwort bleibt das Buch allerdings schuldig. Sicher, einige weitere Indizien gibt der Autor. Hat Bach es möglicherweise nicht schicklich gefunden, als Thomaskantor, also als im geistlichen Bereich tätiger Musiker, etwas so Profanes wie eine Oper zu komponieren? Wer sich durch den Titel des Buches zum Kauf verleiten lässt, muss sich enttäuscht fühlen.

Der Titel hätte besser lauten können: "Das Theatralische in der Musik von Johann Sebastian Bach". Denn der Autor leistet gute, sehr verständlich formulierte Analysen zentraler Vokalwerke des Komponisten. Wer also in den Kosmos der Kantaten Bachs eintauchen will, hat hier immerhin eine gute Einführung.

Andreas Göbel, rbbKultur

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