Eine Biographie - Eva Gesine Baur: "Maria Callas. Die Stimme der Leidenschaft"
Sie war eine der Legenden des letzten Jahrhunderts: die Sängerin Maria Callas. Zahlreiche ihrer Opernaufführungen gelten nach wie vor als Sternstunden des Gesangs, gleichzeitig füllte sie mit zahlreichen Skandalen die Klatschpresse. Unter dem Titel "Die Stimme der Leidenschaft" hat die Schriftstellerin und Kulturpublizistin Eva Gesine Baur jetzt eine neue Biografie über Maria Callas vorgelegt.
Wie will man den scheinbaren Widerspruch im Leben von Maria Callas auffächern und erklären – hier der gefeierte Opernstar, dort die späteren Jahre, in denen sie fast gar nicht mehr aufgetreten ist und mehr durch ihr Verhältnis zu dem Reeder Aristoteles Onassis in die Schlagzeilen kam?
Eva Gesine Baur spricht von einem "unlösbaren Konflikt in ihr" und beschreibt Maria Callas als zerrissene Figur, die gewissermaßen zwei Charaktere in sich selbst vereinigte: Sie spricht von "Callas", wenn um ihren geradezu manisch-verbissenen Drang nach Erfolg geht, immer die Beste zu sein und die Konkurrentinnen aus dem Feld zu schlagen. Und von "Maria", ihrer Sehnsucht nach persönlichem, privatem Glück, dem Wunsch, als Mensch geliebt zu werden.
Anstrengend, aber verständlich
Ein solcher Ansatz ist nicht grundsätzlich neu, aber durchaus nachvollziehbar. Alles darauf zu beziehen, ist jedoch im Methodischen nicht unproblematisch. Schließlich wird eine Fülle von Details aufgefächert, seien es nun die Auftritte der Sängerin oder deren Skandale wie die Legende um ihr heimlich zur Welt gebrachtes Kind (die glücklicherweise überzeugend und endgültig in den Bereich der Legende verbannt wird). Das alles immer wieder auf diesen Grundansatz zu beziehen, macht die Lektüre bisweilen etwas anstrengend.
Verständlich, ohne allzu viel Fachwissen vorauszusetzen, ist das Buch durchaus. Es gelingt der Autorin, die Sängerin Maria Callas als jemanden zu charakterisieren, für die es nicht auf reine "Schönheit" des Gesangs ankam, sondern um das Glaubwürdige in der Gesamtdarstellung ihrer Partien auf der Bühne.
(K)eine Biografie
Dieses Buch ist eindeutig als Biografie eingeordnet. Allerdings erwarte ich dann, dass gerade bei einer Persönlichkeit wie Maria Callas, deren Leben auch so viel Romanhaftes enthält, eine klare Differenzierung zwischen Fakten und Klatsch stattfindet, ich möchte wissen, warum wer was gesagt oder getan hat. In der Darstellung ist das durchaus nachvollziehbar aufgefächert, nur ist der Schreibstil der Autorin oft mehr am Roman als an einer Biografie orientiert, selbst dort, wo sie alles mit Quellenangaben hinterlegt.
Wer sich mit wenig Aufwand über Maria Callas informieren will, hat hier ein verständliches Buch. Vieles aber geht durcheinander: das Sängerische, das Privatleben, die Klatschpresse. Was fehlt, ist eine wirkliche Charakterisierung des Faszinierenden der Sängerin Maria Callas. Da gibt es viele Ansätze, die allerdings zu sehr an der Oberfläche bleiben. Einen wunderbaren Satz dazu enthält das Buch: "Sie war der Hebel, der eine Welt umgedreht hat, zu dem Hörenden, man konnte plötzlich durchhören durch die Jahrhunderte." Hier zitiert die Autorin die Dichterin Ingeborg Bachmann. Und solche erhellenden Sätze fehlen ansonsten in dieser Darstellung.
Andreas Göbel, rbbKultur