Comic des Monats - Flix: "Das Humboldt-Tier"
Die deutsche Comic-Szene wird international immer wichtiger – das merkt man auch daran, dass seit ein paar Jahren deutsche Zeichner Abenteuer für Comic-Klassiker erfinden dürfen. Der Berliner Comic-Zeichner Flix legt nun schon seine zweite Klassiker-Adaption vor. Nach "Spirou in Berlin" hat er ein Marsupilami-Abenteuer gezeichnet: "Das Humboldt-Tier" ist unser Comic des Monats. Andrea Heinze stellt den Band vor.
Bei Flix wird das Marsupilami zum "Humboldt-Tier", denn Flix lässt das Fantasiewesen von Alexander von Humboldt und seinem Forscherkollegen Aimé Bonpland in Südamerika entdecken und in einer Kiste nach Berlin ins Naturkundemuseum bringen. Und weil die beiden auf ihren Reisen so viel gesammelt haben, sind bis heute noch nicht alle Kisten ausgepackt.
Fans des Berliner Naturkundemuseums wissen das – und gerade die kommen bei der Marsupilami-Hommage von Flix besonders auf ihre Kosten. Denn Flix hat viele Räume des Naturkundemuseums originalgetreu gezeichnet. Und zugleich hat er noch nie so viele Tierarten und Dinosaurierskelette in einem Comic versammelt, wie in "Das Humboldt-Tier". Dieser Comic ist also auch eine Hommage an das Berliner Naturkundemuseum.
Das Marsupilami wird von einem Mädchen aus seiner Kiste im Naturkundemuseum befreit – zusammen mit drei Eiern des Marsupilamis. Und das will mit seinen Eiern zurück in den südamerikanischen Dschungel. Das Mädchen hilft ihm dabei. Allerdings gibt es zwei Gegenspieler: den Direktor des Naturkundemuseums und einen karrieristischen Tierpräparator. Beide möchten mit der Entdeckung des Marsupilamis zu Ruhm kommen.
Handfeste Slapstikeinlagen
Das Marsupilami ist ein Geschöpf, das einem Leopard mit meterlangem Schwanz ähnelt und vor 70 Jahren vom belgischen Starzeichner André Franquin erfunden wurde. Flix lässt sein Abenteuer zu Beginn der 1930er Jahre spielen und zeigt darin eine Gesellschaft im Umbruch: Die Wirtschaftskrise bedroht die Existenzen von vielen Menschen – und auf der Straße verbreiten Nationalsozialisten ihre Parolen.
Eine politische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist "Das Humboldt-Tier" nicht. Eher eine Typenkomödie, bei der die Nazis und deren Sympathisanten vom Marsupilami eins auf die Mütze bekommen – wie überhaupt alle fiesen Charaktere vom typischen Berliner Blockwart bis zum ehrgeizigen Tierpräparator. Das Marsupilami stellt mit handfesten Slapstikeinlagen immer wieder die geltende Ordnung in Frage – und entwickelt dadurch eine ungeheure Komik.

Meister der guten Unterhaltung
Besonders lustig ist "Das Humboldt-Tier" auch wegen der Berliner Göre an der Seite des Marsupilamis, die sich nie unterkriegen lässt – ganz gleich, ob fiese Nachbarinnen über sie lästern, weil sie das Kind einer Alleinerziehenden ist oder ob sie wegen des Marsupilamis von der Polizei gejagt wird.
Flix positioniert sich eindeutig mit dem Comic für ein menschliches Miteinander. Und auch mit "Das Humboldt-Tier" erweist er sich als Meister der guten Unterhaltung, der großartige Familiencomics zeichnet.
Andrea Heinze, rbbKultur