Album der Woche | 21.11. - 27.11.2022 - Gautier Capuçon: Sensations
Um Intuition und um Gefühle ("Emotions") ging es Gautier Capuçon in seinen ersten beiden Alben. Jetzt hat der französische Cellist seine Trilogie vervollständigt und das dritte Album vorgelegt: "Sensations" heißt es. Empfindungen. Es stellt das Cello in verschiedenen Facetten dar: als Instrument und Interpret sinfonischer Werke, aber auch Oper, Filmmusik bis hin zu Schlager und Chanson sind zu hören.
"I'm singin'in the Rain, yes, singin' in the rain." Wenn Gautier Capuçon diesen Hit auf seinem Cello spielt, könnte man meinen, eine menschliche Stimme singen zu hören. Und wer das Filmmusical von 1952 kennt, sieht beim Hören Gene Kelly vor sich – wie er seinen Regenschirm zuklappt, im strömenden Regen, verliebt und glücklich durch die Straßen tanzt. So plastisch klingt Capuçons Interpretation des Filmschlagers "Singin' in the Rain".

Das schönste Instrument
Für ihn sei das Cello das schönste und vielseitigste Instrument, sagt der Solist: "Es kann wunderbar singen, es kann melodisch sein, romantisch, nostalgisch … Es ist wirklich ein Instrument, mit dem man absolut alles machen kann." Edith Piaf "La vie en rose" kann Capuçons Cello singen. Genauso wie, mit ganzer Leidenschaft, Jacques Brel: "Quand on n'a que l'amour". Wenn man nur die Liebe hat.
Ein Album über die Liebe
Ein eigener Weg
Das gilt unter anderem für das Chanson "Comme d'habitude" von Claude François. Deutsch: So, wie gewöhnlich. Das Lied erzählt von einem Paar, das nur noch aus Gewohnheit zusammen ist. Eine traurige Geschichte. Bei Gautier Capuçon hingegen klingt das Stück nach vollem Leben und Leidenschaft und tiefer Erfüllung. Kein Wunder, denn er hatte bei der Aufnahme den von Frank Sinatra gesungenen Titel "My Way" im Kopf.
Diese englischsprachige Version des französischen Chanson handelt von einem Mann, der auf ein erfülltes Leben zurückblickt. Auf seinen eigenen Weg. Bereits seit seiner Kindheit habe er Jazz gemocht, erzählt Capuçon. Und auch Nat King Cole und Frank Sinatra habe in seiner Jugend häufig gehört. "Den Song 'My Way' kannte ich vor der französischen Originalversion, dem in Frankreich wahnsinnig bekannten Hit von Claude François."
Nicht auf ein einziges Genre festnageln lassen
Mit Musik Empfindungen teilen und eine Geschichte erzählen
Vielmehr gefalle es ihm, zwischen den Genres zu wechseln. Der Cellist wolle mit dem Publikum seine Empfindungen teilen, die er in Bezug auf die jeweiligen Werke habe. "Mit der Musik erzähle ich eine Geschichte". Eine, wie sie der Mambo aus Leonard Bernsteins "West Side Story" erzählt. Dieses feurige und rhythmisch höchst anspruchsvolle Werk ist das letzte Stück auf der CD. Dem Album über Facetten der Liebe. Über Empfindungen. "Sensations" – von Gautier Capuçon und seinem Cello erzählt.
Antje Bonhage, rbbKultur