German Hornsound: Primetime in der Wolfsschlucht © GHS records
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Album der Woche | 29.08. - 04.09.2022 - "Primetime in der Wolfsschlucht" – eine musikalische Live-Schalte in die Romantik

Rund 200 Jahre ist es her, dass die Oper "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber in Berlin uraufgeführt wurde. Das Hornquartett German Hornsound hat das Jubiläum zum Anlass genommen, zunächst in einem Konzertformat und nun auf einer CD, Webers Oper und ihren Zeitgeist aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Im 'Freischütz' hat man sehr viel zu tun als Hornist.

Timo Steininger

Schon gleich zu Beginn der Ouvertüre zu Carl Maria von Webers "Der Freischütz" spielen vier Hörner einen herausgehobenen Part. Für das Album hat das Ensemble German Hornsound das Werk für Hornquartett arrangiert. Überhaupt sei "Der Freischütz" eine Horn-Oper schlechthin, sagt Timo Steininger.

Steininger ist Hornist im Konzerthausorchester Berlin. Gemeinsam mit drei ehemaligen Studienkollegen, Christoph Eß, Sebastian Schorr und Stephan Schottstädt, hat er vor elf Jahren das Hornquartett German Hornsound gegründet.

Nachrichten aus der Wolfsschlucht

Die Idee des neuen Albums: Zur Hauptsendezeit, zur Primetime, in die Wolfsschlucht zu schalten, an den Ort, der im Freischütz eine zentrale Rolle spielt – und von dort ein fiktives Abendprogramm zu senden. Daher der Titel: "Primetime in der Wolfsschlucht".

Das Album gliedert sich in drei Teile: Eine "Nachrichtensendung", ein "Talkrunde" und ein "Quiz". Im ersten Teil, im Nachrichtenblock zum Beispiel: Musik von Mozart.

Musikalische Ereignisse rund um Webers Geburt

In Webers Geburtsjahr 1786 hatte Mozarts "Die Hochzeit des Figaro" seine Uraufführung. Auf dem Album ist Figaros neckische Arie "Non più andrai" zu hören, für Hornquartett arrangiert. Und Haydn vollendete im selben Jahr seine 82. Sinfonie, heute bekannt unter dem Beinamen "Der Bär".

German Hornsound © Artur Luczak
Bild: Artur Luczak

Weitere Nachrichten zu Webers Zeit

Ebenfalls zu Carl Maria von Webers Lebzeiten entstand Beethovens Eroica. Auf dem Album befindet sich der dritte Satz, das Scherzo aus der Sinfonie. "Zuerst haben wir gedacht, das Scherzo auf vier Hörnern zu spielen, sei nicht machbar", erzählt Timo Steininger. Denn wie sollen die Hörner den feinen Streicherklang ersetzen?

Naturgemäß klingt die Eroica auf dem Album anders als im Original mit Orchester. Aber das Ergebnis zeigt, wie zurückgenommen und dabei spannungsreich vier Hörner miteinander spielen können. Für Timo Steininger ist das Eroica-Scherzo mittlerweile das Lieblingsstück der CD.

Der Talk

Im zweiten Teil des Albums, der fiktiven Talkrunde, geht es um musikalische Strömungen der Zeit. Auf dem Album finden sich, umrahmt von weiteren Werken von Weber, zentrale Kompositionen aus der Romantik: von Schubert (Nachtgesang im Walde), Schumann (Jagdlieder und "Rheinische Sinfonie") und Mendelssohn-Bartholdy (Ouvertüre "Die Hebriden"). Als wollten die Komponisten miteinander erörtern, was das Wesen der Romantik ausmacht.

Die Quizshow

Die letzten Werke des Albums bilden schließlich das "Quiz". Ein Duell. Ein musikalisches Gefecht – zwischen Brahms und Wagner. Wer von beiden gewinnt? Oder hat vielleicht am Ende doch Carl Maria von Weber das letzte Wort?

Die Auflösung gibt's bei "Primetime in der Wolfsschlucht" zu hören – natürlich unbedingt mit einer Portion Humor. Gespielt von einem jungen, engagierten Quartett – ein Ensemble, das, so scheint es, in jeder Musik einen "Hornsound" aufspürt, den Klang des Hornes.

Antje Bonhage, rbbKultur