Heidelberger Sinfoniker, Johannes Klumpp: Haydn Vol. 27 © hänssler Classic
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Album der Woche | 09.01. - 15.01.2023 - Heidelberger Sinfoniker: Haydn Volume 27

Es wurden schon sehr viele Sinfonien von Joseph Haydn aufgenommen - er hat auch viele geschrieben, 107 insgesamt. Für die CD "Haydn Volume 27" haben die Heidelberger Sinfoniker jetzt vier frühe Sinfonien des Komponisten eingespielt - und arbeiten sich unter der Leitung von Johannes Klumpp so nah wie möglich an den jungen Haydn heran.

Wenn der Dirigent Johannes Klumpp die frühen Haydn Sinfonien hört, muss er sich sofort bewegen, denn "die Musik ergreift meinen kompletten Körper". Er arbeitet seit gut zwei Jahren mit den Heidelberger Sinfonikern zusammen - die sind ein Zusammenschluss freiberuflicher Musiker und haben ein großes Faible für Haydn.

Heidelberger Sinfoniker © Peter Gwiazda
Bild: Peter Gwiazda

Langzeitprojekt Haydn

Schon 1995 haben sie mit der Einspielung aller Haydn-Sinfonien begonnen und sie haben Johannes Klumpp angesteckt mit ihrem Ansatz. Sie wollen Haydn nicht so spielen, wie man ihn ein halbes Jahrhundert gehört hat - "ein bisschen betulich und mit Zopf", sagt Johannes Klumpp. Denn er findet: "Haydn war ein sprudelnder, sonnestrahlender Komponist."

Weil die Heidelberger Sinfoniker und Johannes Klumpp zu Beginn ihrer Zusammenarbeit wegen der Corona-Pandemie erst einmal keine Konzerte planen konnten, konzentrierten sie sich ganz auf die Arbeit im Studio und nahmen weiter Haydn-Symphonien auf – so entstand die 27. CD in der Haydn-Reihe des Orchesters.

Johannes Klumpp erinnert sich noch daran, wie sie alle mit einem "Musikhunger" kamen, weil es für die meisten Freiberufler in der Zeit nicht möglich war, aufzutreten. Sie haben dann angefangen, die übrigen Sinfonien in chronologischer Reihenfolge aufzunehmen, so wie das Haydn-Institut in Köln sie seiner neuesten Ausgabe der Werke Haydns sortiert hat. Die Nummerierung der Sinfonien verwirrt etwas, aber eigentlich hat Haydn die Sinfonien 3, 33, 108 und 14 nacheinander komponiert.

Akribische Annäherung an den Urtext

Hinter der Musik, wie sie jetzt von den Heidelberger Sinfonikern gespielt wird, steckt einen Menge Arbeit an den Noten für die einzelnen Stimmen des Orchesters. Bisher gab es die Orchesterstimmen nur in einer Ausgabe aus den 1960er Jahren, mit dem damaligen Forschungsstand des Musikwissenschaftlers H.C. Robbins Landon. Nun gibt es immerhin die Partituren in einer neuen Ausgabe des Kölner Haydn-Instituts. Die hat Johannes Klumpp zur Basis seiner Arbeit gemacht:

"Ich habe wirklich Takt für Takt das Orchestermaterial mit den Urtextpartituren verglichen und dann unheimlich viele Zutaten von Herrn Robbins Landon tilgen müssen, um möglichst nah an das zu kommen, was Haydn geschrieben hat."

Der junge Haydn

Die Sinfonien auf dieser CD entstanden alle, als Haydn gerade frisch an den Hof von Nikolaus I. Fürst Esterhazy gewechselt war, 1761/62. Da war er Ende 20. Haydn selber hat als Konzertmeister mitgespielt – und Johanns Klumpp findet: "Das hört man der Musik an, diese Musizierlust ist auch eine Musikantenlust."

Haydn musste sich beweisen und kam immer wieder auf neue Kompositionsweisen. Eine solche hört man zum Beispiel im dritten Satz der 3. Sinfonie, wo Haydn das Menuett als Kanon baut. Eine der vielen kleinen Überraschungen, die Haydn immer wieder in seine Musik webt. Nicht nur in den schnellen, lustigen Sätzen. Auch die langsamen Sätze treffen immer wieder einen Nerv.

Bei Johannes Klumpp hat sich zum Beispiel der zweite Satz der 33. Sinfonie eingebrannt:

"Ich habe mir irgendwann mal Golgatha in meine Partitur geschrieben. Wenn er so in Halbtonschritten irgendwo hochgeht, aber man hat das Gefühl, es ist kein hoffnungsvolles Hochgehen - eher ein sich Hochschleppen."

All diese Gefühle legen Joahnnes Klumpp und die Heidelberger Sinfoniker in ihr Musizieren.

Um zu wissen, wie nah sie damit tatsächlich an Haydn herankommen, müsste man eine Zeitreise unternehmen können in die wilden 60er Jahre des 18. Jahrhunderts. Zumindest in Gedanken nehmen die Heidelberger Sinfoniker die Hörerinnen und Hörer mit auf solch eine Reise in die bewegten Sturm- und Drang-Jahre von Joseph Haydn.

Birte Mensing, rbbKultur