Amy Beach: Kammermusik © Da Vinci Classics
Da Vinci Classics
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Album der Woche | 19.09. - 25.09.2022 - Trio Orelon: Amy Beach - Kammermusik für Violine, Violoncello und Klavier

Amy Beach war die erste amerikanische Komponistin, die eine Sinfonie geschrieben hat - und viel zu selten gespielte Kammermusik. Fünf Werke präsentiert das in Berlin lebende Trio Orelon auf seiner Debüt-CD. Einander zuhören: beim Zusammenspiel, aber auch im Austausch über die Werke, ist essenziell für Geigerin Judith Stapf, Cellist Arnau Rovira i Basscompte und Pianist Marco Sanna. Daher haben sie das Esperanto-Wort für Ohr "Orelon" als Ensemblenamen gewählt.

Für ihr Ensemble-Projekt "Beethovens Töchter" hat sich das Trio Orelon vor zwei Jahren erstmals ausführlich mit der Musik von Amy Beach beschäftigt: "Das ist Musik, die einen sofort berührt, also ganz unmittelbar beim ersten Hören, aber je mehr man sich damit auseinandersetzt, desto schöner findet man sie eigentlich. Und desto mehr kann man musikalisch entdecken", erzählt Geigerin Judith Stapf.

Trio Orelon © Anna Fiolka
Bild: Anna Fiolka

Zeit, um zu viel "Zucker" im Spiel zu vermeiden

Mit der Romanze für Geige und Klavier eröffnet das Trio Orelon sein Album. Ein zugängliches, charmantes Stück, das, so Pianist Marco Sanna, aber auch ein Risiko birgt:

"Dass es mit zu viel Zucker gespielt wird. Das wird ein bisschen als Salonmusik genommen. Man braucht ein bisschen Zeit bei jeder Komponistin, bevor man die Klangsprache, die Klangwelt versteht. Deswegen muss man sich mit Geduld und Zeit damit auseinandersetzen. Du kannst eine Beethoven-Sonate in einer Woche auf die Beine stellen, weil du schon eine Vorstellung hast, wie der Charakter, die Artikulation usw. sein soll - aber bei einer Komponistin von der du keine Ahnung hast – Komponistin, Komponist, das ist egal -, braucht man etwas mehr Zeit."

Musik, der man sich kaum entziehen kann

Und die hat sich das Trio Orelon genommen, auch weil es seine Konzerte in der Regel selbst moderiert und dafür den jeweiligen Entstehungskontext und die Biografien der Komponist:innen ausführlich recherchiert.

An Amy Beachs Musik fasziniert Judith Stapf unter anderem der dichte musikalische Satz: "Man kann eigentlich nichts davon wegdenken. Jedes Material ist wichtig und keine Stimme, auch keine kleine Mittelstimme könnte man wegstreichen. Ich finde die Musik auch emotional sehr packend und gewichtig. Man kann sich dem eigentlich auch kaum entziehen."

Kämpferin für die Rechte von Komponistinnen

Seit dem Tod ihres Mannes konnte Amy Beach niemand mehr verbieten aufzutreten. Konzertreisen führten sie auch nach Europa. Als Vorsitzende und Mitbegründerin der "Association of American Women Composers" setzt sie sich einige Jahre für die Rechte von (amerikanischen) Komponstinnen ein, kämpft darüber hinaus für ein Recht auf Bildung unabhängig von Geschlecht und Herkunft. Amy Beachs Klaviertrio ist rund 40 Jahre nach den restlichen Werken der CD entstanden und hat Anklänge an Ragtime und Jazz.

Neben der ausladenden Violinsonate und dem Klaviertrio hat das Ensemble Miniaturwerke für Violine und Klavier sowie Violoncello und Klavier eingespielt. Darunter die drei Stücke op. 40, ursprünglich für Geige und Klavier komponiert, hier in der Bearbeitung für Cello und Klavier von Amy Beach.

Für Cellist Arnau Rovira i Basscompte haben diese Stücke eine starke Bedeutung: "Zum Beispiel das erste Stück 'La Captive' heißt 'Die Gefangene'. Was wir uns da vorgestellt haben, ist ein bisschen, wie sie sich gefühlt hat in dieser Ehe, wo sie quasi nicht komponieren durfte oder wo sie nicht auftreten durfte oder wo sie die Stücke, die sie komponiert hat mit den Initialen und dem Namen ihres Mannes veröffentlichten musste."

Trio Orelon © Anna Fiolka
Bild: Anna Fiolka

Ein Glücksfall

Für die Werke von Amy Beach ist das Trio Orelon ein Glücksfall. Jedem der Stücke auf der CD merkt man die hingebungsvolle Auseinandersetzung mit der Komponistin und ihren Werken an. Judith Stapf, Arnau Rovira i Basscompte und Marco Sanna schenken Beachs Musik die Tiefe, Wärme und Spielfreude, die ihr gerecht wird. Bitte mehr davon!

Kamilla Kaiser, rbbKultur