Two4Piano: Hommage à Victor Babin © Naxos
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Album der Woche | 30.01. - 05.02.2023 - Two4Piano: Hommage à Victor Babin

Vitya Vronsky & Victor Babin – das war im frühen 20. Jahrhundert DAS Klavierduo. Ein russisches Pärchen, das sich im Klavierstudium bei Arthur Schnabel in Berlin kennengelernt hatte und nach der Emigration in die USA neue Standards gesetzt hat, was das vierhändige Klavierspiel angeht. Victor Babin war dabei für die Arrangements des Duos zuständig. Diese Transkriptionen sind so gekonnt gemacht, dass ihm das Frankfurter Klavierduo Two4Piano ein ganzes Album widmet.

Die Liste der Stücke liest sich wie ein "Best of" berühmter russischer Komponisten: Tschaikowsky, Rimsky-Korsakov, Rachmaninoff, Borodin. Trotzdem ist der Mann, dem Katerina Moskaleva und Alexey Pudinov hier Tribut zollen, ein anderer: Viktor Babin. Er hat sowohl Gassenhauer als auch weniger bekannte Stücke der großen Meister für zwei Klaviere umgeschrieben.

Two4Piano © Hendrik Nix
Bild: Hendrik Nix

Die Wucht des Orchesters

Mächtige Akkord-Tiraden, durchzogen von fein ziselierten Einzelstimmen, die mal miteinander wetteifern und sich wenige Takte später liebend umschlingen. Es ist beeindruckend, wie Viktor Babin es geschafft hat, die Klänge der riesigen Orchester der Romantik auf die Tasten zu übertragen. Und das Duo fächert alles auf, was in den Arrangements steckt. Die Noten hatte Alexey bei einer Tournee in den USA von einem alten Schüler Babins geschenkt bekommen. Mit dabei: eigene Kompositionen Babins, die ihn auch als Komponisten ehren.

Mit ihren abwechslungsreichen Klangfarben tropft Babins Musik in die Fantasie der Zuhörenden wie in eine Wasserschale, formt sich zu starken Bildern und löst sich urplötzlich wieder auf.

Ein Glücksfund in der Bibliothek

Alexey erzählt, dass von den ursprünglich drei "Fantasien über alte Themen" von Viktor Babin nur zwei in dem Notenstapel waren, die er aus den USA mitgebracht hatte.

"Es war wahnsinnig schwierig, das dritte Stück zu finden. Ich wusste, dass diese Stücke in England veröffentlicht wurden, etwa um 1940 herum. Aber keine Bibliothek hatte diese Noten. Und dann hat ein guter Freund von mir, der noch am Royal College of Music studiert hat, dort in der Bibliothek zufällig das dritte Stück gefunden. Das war gar nicht mehr im Katalog der Bibliothek – er hat das quasi aus Versehen aus einem Schrank gezogen!"

Und so haben es die absolut hörenswerten und sehr abwechslungsreichen Stücke aufs Album geschafft. Mit ihren leuchtenden Klangfarben tropft Babins Musik in die Fantasie der Zuhörenden wie in eine Wasserschale, formt sich zu starken Bildern und löst sich urplötzlich wieder auf.

Behutsame Anordnung

Dass Two4Piano Viktor Babins eigene Stücke ans Ende des Albums gestellt haben, hat einen pragmatischen Grund, sagt Katerina:

"Wir haben versucht, wirklich sehr sehr berühmte Werke mit aufzunehmen, wo auch für viele, die vielleicht nicht unbedingt so offen sind für neue Literatur, wo die sagen: 'Och, das kenn ich aber – das ist ja von Nussknacker das ist ja aus Schwanensee, das muss ich mal hören! Wie klingt denn das wohl für zwei Flügel?' Und im Windschatten dieser 'Eyecatcher' präsentieren wir dann noch die unbekanntere Literatur von Viktor Babin selbst."

Eigenständige Spieler:innen

Zwei Klaviere – das ist nicht unbedingt für alle was. Angst vor klanglich beschränktem Getöse braucht bei diesem Album aber wirklich niemand haben. Alexey und Katerina langen zwar ordentlich hin, wann immer es die Musik erlaubt, lassen die romantischen Passagen aber atmen und geben dem Klang Zeit sich zu entwickeln.

Dabei war es den beiden wichtig, dass sich Alexeys Klang deutlich von Katerinas Klang unterscheidet. So entstehen eben nicht nur das Gefühl von Einheit, sondern auch Reibung, Gegensätze und große Dynamik. Auch das macht das Album konsequent spannend.

Konrad Bott, rbbKultur