Filmisches Konzert u.a. mit Auszügen aus Wagners "Götterdämmerung" - Philharmonie Berlin: Das Deutsche Symphonie-Orchester unter Robin Ticciati
Das DSO hatte schon im ersten Lockdown besondere Ambitionen für Internet-Konzerte entwickelt. Auch dieses Mal hatte man einen Regisseur für die Verteilung der Musiker im Raum und die Filmregie mit Totalen und Perspektiven sowie besonderen Lichteffekten engagiert, Frederic Wake-Walker.
Eingeleitet wurde das filmische Konzert mit einem Masken-Gedicht von Muriel Rukeyser, etwas überladen an Bedeutung, aber immerhin mit tröstlicher Erlösungsperspektive durch die Musik. Das ganze Orchester rezitierte dann das Gedicht nochmals gemeinsam vor den Auszügen aus Wagners "Götterdämmerung" - mit Masken.
Abdriften bei Klaus Langs "ionisches Licht"
Am besten ging das Konzept mit Licht und Raum in Rachmaninows "Toteninsel" auf, die Musik greift dabe auf Böcklins berühmtes Bild zurück. Man konnte förmlich über den Totenfluss Styx auf die Insel mit ihren Ruinen übersetzen - lockend, düster, morbide. Durch die Verteilung im Raum ergab sich allerdings nicht die zwingendste musikalische Dichte.
Bedeutungsüberladen, aber im Prinzip einfach, bot sich Klaus Langs "ionisches Licht" dar, lange Flächen von Flackern und Flimmern, aus denen sich pythagoreische Intervalltöne schälen. Da konnte man immerhin abdriften, allerdings eher mit geschlossenen Augen.
Ticciati als berückender Wagner-Dirigent
Die "Götterdämmerung" wurde eher konventionell von der Aufstellung des Orchesters angegangen, dafür erwies sich Robin Ticciati als berückender Wagner-Dirigent. Der natürliche Fluss, die Innigkeit, die vielen Farben, das war alles in der Musik und durch das nun sehr interaktiv agierende Orchester unter die Haut gehend interpretiert. Die sinfonische Fassung erspart Nicht-Wagnerianern wie mir die exaltierten Stimmen und in Erich Leinsdorfs Fassung auch alle bösen Umtriebe und sogar den Brand Walhalls.
So konnte ich ohne Endzeiterwartung ganz ohne Leitmotivkenntnisse und ideologischen Überbau in die Nacht gleiten.
Clemens Goldberg, rbbKultur