Omer Meir Wellber © dpa/Matthias Rietschel
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Philharmonie Berlin - Die Wiener Symphoniker unter Omer Meir Wellber

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Die Wiener Symphoniker haben es derzeit nicht leicht - stehen sie doch ohne Chefdirigenten da. Nachdem das Orchester im März entschieden hatte, den Vertrag von Andrés Orozco-Estrada nicht zu verlängern, hat er seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Jetzt hat Omer Meir Wellber die komplette aktuelle Europa-Tournee der Symphoniker übernommen.

Ein reines Beethoven-Programm gab es beim Berliner Gastspiel in der Philharmonie. Solist im 3. Klavierkonzert war der Südkoreaner Seong-Jin Cho, Gewinner des Warschauer Chopin-Wettbewerbs 2015. Er nähert sich Beethoven sachlich und konkret, sieht in der Musik ganz den Klassiker und klammert, gerade im langsamen Satz, alle romantischen Ansätze konsequent aus.

Das ist alles sehr redlich, dem Notentext nichts hinzufügen zu wollen, durchaus strukturell und geradlinig. Allerdings klang es über weite Strecken nach trockenem Knäckebrot, da fehlte einiges. Aber Seong-Jin Cho hat ja noch Zeit, er ist gerade mal 28 Jahre alt, da liegt sicher einiges an Reife noch vor ihm.

Tempolimit für Orchester

Die Wiener Symphoniker haben das Konzert schlank und durchhörbar, durchaus historisch informiert begleitet, aber auch - gerade in den Holzbläsern - mit Schmelz aufblühen lassen. Da hat einiges an Vitamin C das Schwarz-Weiß des Pianisten ausgeglichen.

Beethovens 5. Sinfonie wurde dann allerdings zum Überfallkommando. Das ging geradewegs durch die Schallmauer. Wo andere das berühmte ta-ta-ta-taa erst einmal markant stehenlassen, peitscht Omer Meir Wellber alles ohne Atemholen durch. Der 1. Satz wird steht unter dem Zeichen übermotivierter Hektik. Erst ab dem 2. Satz wird der konzeptionelle Ansatz deutlich, das Werk aus einer Gesamtperspektive zu betrachten, wie Beethoven Formeln und Floskeln zu einem Sog formt, der dann schließlich im Endlos-Jubel endet.

Da konnte man kurz mal überlegen, ob man vielleicht nicht nur über ein generelles Tempolimit auf Autobahnen nachdenken sollte, sondern auch über ein Tempolimit für Orchester, aber mit welcher Brillanz die Wiener Symphoniker das umgesetzt haben, mit welchem Risiko und bedingungslosem Einsatz - das hat überzeugt.

Spaß mit Strauß

Da war der große Jubel am Ende erwartbar. Und Omer Meir Wellber hat die Ovationen in den Publikumsblöcken auf beiden Seiten vor und hinter der Bühne herausgekitzelt. Spätestens bei den beiden Zugaben von Johann Strauß Sohn - man kommt schließlich aus Wien, da darf man das - war der Saal aus dem Häuschen.

Das war alles in allem vielleicht nicht der absolute Gipfel der Interpretationskunst, aber Spaß hat der Abend durchaus gemacht.

Andreas Göbel, rbbKultur

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