Gorki Theater: "Planet B" © Esra Rotthoff
Esra Rotthoff
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Maxim Gorki Theater - "Planet B" von Yael Ronen und Itai Reicher

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Die israelische Regisseurin Yael Ronen ist dafür bekannt, kontrovers diskutierte Themen in witzige, aber oft auch tief gehende Inszenierungen zu verpacken. In ihrem neuen Stück "Planet B" geht es um die Klimakrise …

Wir schreiben das Jahr 40 Millionen nach Christus. Die Menschen sind ausgestorben, doch es gibt Humanoide mit lila Haaren, die etwas ungelenk über die Bühne schreiten. Um das Aussterben der Menschheit zu verstehen, spielen sie die entscheidenden Szenen einfach nach – auf einer schrägen Bühnenscheibe, die die Welt bedeutet. Ganz nebenbei erzählt der Abend auch von der Kraft des Theaters: Schauspieler spielen Außerirdische, die aus der Zukunft zurück in die heutige Gegenwart blicken. Das ist ein doppelter Bruch, trotzdem fühlt sich die Inszenierung nicht kompliziert an.

Eine Spielshow ums Überleben

Es wird eine Fernsehshow reenactet, in der es für die Menschen im 21. Jahrhundert um alles ging. Damals waren Außerirdische mit Raumschiffen angeflogen gekommen und hatten den Menschen mitgeteilt, dass sie sie schon seit Jahrtausenden beobachteten. Die von ihnen angerichtete Naturzerstörung sei beispiellos und nicht mehr aufzuhalten. Doch beim unausweichlichen Massenartensterben sollte am Ende die Art übrig bleiben, die in der folgenden Spielshow gewänne. Der Mensch wird von den Außerirdischen nicht als Krone der Schöpfung angesehen, sondern in einer Wettkampfgruppe mit Ameise, Panda, Fledermaus, Fuchs, Huhn und Krokodil einsortiert. Über Sieg oder Niederlage richtet das außerirdische Fernsehpublikum.

Die Bühne blinkt und während Außerirdische in neckischen Tierkostümen auftreten, werden Beliebtheitsgrafiken eingeblendet. Grün steht für Zustimmung und das Fortbestehen der Art, Rot deutet die bevorstehende Vernichtung an. Die Menschheit wird von Boris vertreten, einem Versicherungsagenten aus Bremen, der sich, wie er sagt, nicht mal ein Omelett allein braten kann. Dass die Menschheit ausstirbt, scheint von Anfang an klar. Trotzdem gibt es im Wettkampf auch überraschende Wendungen.

Nach Fake News und Cancel Culture nun eine Reality Show

Yael Ronen hat das Stück gemeinsam mit Itai Reicher geschrieben, einem israelischen Satiriker, der schon vor zwei Jahren an ihrem Erfolgsstück „Slippery Slope“ mitgearbeitet hat. Damals ging es in der Form einer bitterbösen musikalischen Revue um Fake News und Cancel Culture, diesmal um menschliche Ignoranz im Rahmen einer Reality Show. Die Mitglieder der Wettkampfgruppe müssen vor laufender Kamera permanent sich selbst und andere bewerten.

Eine Punk-Fledermaus mit Nullbock-Attitüde

"Ich bin so froh, dass keine Schlange hier an Bord ist", sagt Boris verschwörerisch. "Ich glaube, ich habe einen guten ersten Eindruck gemacht…" - Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung stimmen nicht wirklich überein. Boris, der – gespielt von Niels Bormann – virtuos zwischen Demut und Selbstüberschätzung pendelt, muss sich von den Tieren einiges anhören. Das Huhn – gespielt von Orit Nahmias – klagt ihn als Massenmörder an. Boris versucht zu leugnen und verliert Sympathiepunkte, doch auch die Tiere bekommen ihr Fett weg.

Yael Ronen und Itai Reicher haben sie wie in einer klassischen Tierfabel mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet: die Füchsin (Alexandra Sinelnikova) ist eitel, das Krokodil (Dimitrij Schad) brutal und die Ameise ein seelenloser Apparatschik. Aysima Ergün spricht in der Rolle maschinenschnell und trippelt nervös vor sich hin. Erwähnt werden muss auch Jonas Dassler als punkige Fledermaus. Mit kunstvoll zurecht gegelten Haaren macht er auf Nullbock und hängt eine Zeitlang sogar kopfüber an einer Stange. Doch wenn sich die Gelegenheit für einen Song bietet, holt er die E-Gitarre heraus…

Oliver Kranz, rbbKultur

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