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Der Herzschrittmacher kann einen lebensrettenden Stromschlag abgeben. Doch am Lebensende steht die Frage: Lässt mich der Schrittmacher eigentlich in Ruhe sterben?
Herzrhythmusstörungen sind weit verbreitet, es gibt verschiedene Formen. Typische Symptome sind
• Ohnmachtsanfälle
• Schwindelgefühl
• Leistungsschwäche
• und im schlimmsten Fall ein plötzlicher Herztod.
Nicht selten werden sie aber auch zufällig, zum Beispiel im Rahmen einer Operationsvorbereitung oder Routineuntersuchung festgestellt.
Leben mit einem Herzschrittmacher
30.000 Menschen mit Herzrhythmusstörungen tragen also hierzulande einen Herzschrittmacher. Diese kleinen Geräte springen an, wenn das Herz unregelmäßig schlägt. Ein Schrittmacher ist eine künstliche Stromquelle, die über ein Kabel mit dem Herzen verbunden ist und einen elektrischen Impuls aussendet. Dieser Impuls bringt dann das Herz zum Schlagen. Der Herzschrittmacher übernimmt also die Reizbildung oder -leitung im Herzen, abhängig davon, welche Herzrhythmusstörung vorliegt.
Grundsätzlich dürfen Träger eines Herzschrittmachers alles machen, was auch Menschen ohne Schrittmacher tun. Allerdings sollten sie im Umgang mit elektrischen Geräten einiges beachten. Von diesen können eventuell elektromagnetische Felder ausgehen, die die Arbeit des Herzschrittmachers stören. Die Folgen können harmloses Herzstolpern sein, aber auch schwarz vor Augen werden oder sogar eine Bewusstlosigkeit auslösen.
Lebensverlängernde Cardioverter-Defibrillator (ICD)-Systeme
Es gibt verschiedene Herzschrittmacher, wie zum Beispiel Einkammer- und Zweikammersysteme. Zusätzlich gibt es Schrittmacher, die nicht nur den Puls korrigieren, sondern auch in der Lage sind, ein lebensbedrohliches Kammerflimmern zu unterbrechen. Diese so genannten implantierbaren Cardioverter-Defibrillator, auch als ICD-Systeme bezeichnet, senden einen extrem starken Stromstoß aus, der die lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung durchbricht. ICDs können ein großer Segen sein, etwa nach erfolgreicher Wiederbelebung nach einem plötzlichen Herztod.
Doch genau die potenzielle Funktion des Stromstoßes macht einigen Patienten auch mental zu schaffen. Sie fragen sich, was das ICD-System im Fall einer schweren Erkrankung macht oder wenn sich die Lebenszeit ihrem natürliche Ende neigt? Sie fragen sich, ob man mit einem Herzschrittmacher überhaupt sterben kann. Schließlich ist es die Aufgabe des eingebauten Defibrillators, bei jedem Herzstillstand mit einem Stromimpuls einzuspringen.
Wenn also das Leben des Trägers durch eine andere Erkrankung oder Altersschwäche zu Ende geht, kann das hilfreiche Gerät somit tatsächlich zum Problem werden – und der Nutzen der Defibrillatoren sich ins Gegenteil verkehren: Die ICDs können die palliative Phase verlängern und Sterbende durch Elektroschocks schwer belasten.
Das Problem der Lebensverlängerung durch die ICDs lässt sich lösen, indem die kleinen Maschinen rechtzeitig deaktiviert werden.
• Doch wann ist der richtige Zeitpunkt?
• Wer entscheidet das?
• Wann ist das Deaktivieren rechtlich und ethisch zulässig?
Tatsächlich sollten Fragen wie diese – vor allem bei älteren Patienten – in einem Aufklärungsgespräch vor der Implantation geklärt werden. Eine aktuelle Untersuchung unter Herzspezialisten zeigt jedoch: Nur bei knapp jedem vierten Patienten wird das Thema im Aufklärungsgespräch angesprochen.
Dabei wissen Experten prinzipiell:
• Der Patient entscheidet, ob und wie lange er die Therapie wünscht.
• Jeder Patient hat das Recht, sich für eine bestimmte Therapie zu entscheiden oder diese abzulehnen.
Solange der Patient in der Lage ist, die Konsequenzen vollständig zu erfassen, entscheidet er selbst, ob und wann er die Schockfunktion des ICD-Gerätes weiterhin haben möchte oder ob diese deaktiviert werden soll.
Auch für die behandelnden Ärzte ist es wichtig zu wissen, welche Therapien und Maßnahmen sich ihre Patienten grundsätzlich am Lebensende wünschen. Ob sie also beispielsweise, wenn sie im Sterben liegen, künstlich beatmet werden wollen oder ein Herzschrittmacher deaktiviert werden soll.
Prinzipiell werden diese individuellen Vorstellungen des Patienten für sein Lebensende, auch in Bezug auf ICD- Herzschrittmacher, in einer Patientenverfügung festgehalten. Für den Fall, dass man irgendwann selbst nicht mehr in der Lage ist, eine Patientenverfügung zu erstellen, kann es hilfreich sein, vorbeugend für diesen Notfall eine Vorsorgevollmacht für den Ehepartner oder andere Angehörige auszustellen. Zudem gibt es Beratungsstellen, in denen Menschen Hilfe finden, die sich mit entsprechenden Fragen auseinandersetzen. Ist dann irgendwann die Entscheidung gefallen, dass die Defibrillator-Funktion des Herzschrittmachers ausgestellt werden soll, kann die Deaktivierung unkompliziert und schnell erfolgen: Dem Patienten wird einfach ein Magnet von außen auf das Gerät im Brustkorb aufgelegt. Und der Schrittmacher wie gewünscht abgestellt.
Infotext: Beate Wagner
Filmbeitrag: Ursula Stamm