
-
Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät global, nicht dringende Zahnarztbesuche zu verschieben. Doch wie hoch ist das Risiko in Berliner und Brandenburger Praxen wirklich?
Die Corona-Pandemie hat nicht nur den Alltag vieler Menschen auf den Kopf gestellt – sondern verändert auch nachhaltig standardisierte Abläufe zum Beispiel in vielen medizinischen Einrichtungen wie Kliniken oder Praxen. Die Verwirrung bei Patienten ist daher mitunter groß.
Pressemeldungen verwirren Patienten
So kursieren derzeit zum Beispiel Meldungen, nach denen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor dem Routinebesuch beim Zahnarzt warne – um eine weitere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus vorzubeugen. In den Richtlinien der WHO für Zahnarztpraxen heißt es, Routineuntersuchungen, professionelle Zahnreinigungen und Prophylaxebehandlungen sollten verschoben werden, bis die Corona-Übertragungsrate "ausreichend" gesunken sei.
Die Landeszahnärztekammer (LZÄKB) und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Land Brandenburg (KZVLB) widersprechen diesen Pressemeldungen. Vielmehr handele es sich um einen Übersetzungsfehler. Die Weltgesundheitsorganisation habe gegenüber der Bundeszahnärztekammer bereits ausgeführt, dass die Empfehlung nicht für Deutschland zuträfe, sondern eher als eine globale Empfehlung zu verstehen sei.
Der Grund für die wahrscheinlich weltweit gemeinte Warnung: In der Zahnarztpraxis sei das Infektionsrisiko besonders hoch, sowohl für die Ärzte als auch für die Patienten. Denn das Virus werde bekanntlich über winzige Spucketröpfchen in der Luft, sogenannte Aerosole, übertragen. Auch Schmierinfektionen über schlecht gereinigte Geräte sind möglich. Neben Routineuntersuchungen sollten auch Zahnbehandlungen aus kosmetischen Gründen bis auf weiteres ausgesetzt werden.
Ausgenommen von der Empfehlung des mehrseitigen WHO-Berichtes sind dringende Zahnbehandlungen etwa bei starken Zahnschmerzen oder Behandlungen, die zum Kauen, Schlucken und für die Lebensqualität von Patienten wichtig sind. Wenn möglich sollten Zahnärzte ihre Patienten vor der Behandlung per Telefon- oder Live-Schaltung diagnostizieren.
Beim jedem Zahnarztbesuch seien zudem folgende Maßnahmen unbedingt einzuhalten:
• Abstand halten,
• Verwenden von Schutzausrüstung (Augenschutz, Einwegkleidung, medizinische Masken),
• Handhygiene,
• die Einhaltung von strengen Reinigungs- und Desinfektions-Vorschriften.
Hierzulande droht keine Gefahr beim Zahnarzt
Tatsächlich lässt sich das Infektionsgeschehen in den am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder wie den USA, Indien oder Brasilien schwer mit der Situation in Deutschland mit niedrigen Infektionszahlen vergleichen. Auch bestehen hierzulande ohnehin hohe Hygienestandards, so dass nach Aussage der Landeszahnärztekammer Brandenburg kein erhöhtes Infektionsrisiko bei einer zahnärztlichen Behandlung bestehe.
Patienten in Deutschland müssten sich den hiesigen Experten zufolge daher beim Zahnarztbesuch keine Sorgen um ihre Gesundheit machen.
Wichtige Maßnahmen in den Zahnarztpraxen:
1) Patienten kommen direkt zum Termin und bringen (wenn nicht notwendig) keine Begleitung mit
2) Im Wartezimmer kommen Patienten nur noch mit einem Termin, die Chipkarte müssen sie selbst reinstecken.
3) Die Zahnärzte schützen sich durch Maske und Handschuhe und ggf. durch ein Visier. Andere Ärzte mussten durch Corona erst lernen, so zu arbeiten, Zahnärzte haben bereits viel Erfahrung Viren abzuwehren.
4) Ein Expertengremium der Zahnärzte rät, zu Behandlungsbeginn mit einer antiviralen Lösung spülen zu lassen. Prof. Klaus-Dieter Zastrow, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin hält das für einen guten Schutz gegen Infektionen. "Durch die antivirale Mundspülung wird die Keimlast in der Mundhöhle massiv verringert, das heißt: Diese Spülung tötet Viren ab, inaktivierte sie, so dass sie nicht mehr ansteckungsfähig sind. Wenn sie vorher vielleicht eine Million Viren im Mund haben, die ansteckend sein können, dann haben wir anschließend vielleicht nur noch 10.000. Sie werden regelrecht inaktiviert und sind nicht mehr Ansteckungsfähigkeit und das ist der ganz große Gewinn dabei."
5) Umfangreiches Speichel-Absaugen verhindert ebenfalls, dass sich die Aerosole verbreiten.
6) Derzeit verzichten viele Zahnärzte auf Geräte, die Speichel stark aufwirbeln.
7) Eine der wichtigsten Corona-Abwehr-Maßnahmen ist die Sterilisation des Zahnarzt-Bestecks. Schon seit Jahrzehnten sterilisieren Zahnärzte in Deutschland es vor jeder Behandlung, um Keimfreiheit zu erreichen. Das ist sicherer als nur eine Desinfektion.
Infotext: Beate Wagner
Filmbeitrag: Thomas Förster