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Wer in der Adventszeit nichts riecht, verpasst viel. Eine Riechstörung kann angeboren aber auch erworben sein. Zum Beispiel gilt sie inzwischen als starkes Symptom bei COVID-19.
Das Phänomen war Laien zumindest bis ins letzte Jahr oft unbekannt – es sei denn sie waren selbst betroffen: Es gibt Menschen, die nicht riechen können. Doch jetzt hören wir häufiger davon, denn die sogenannte Anosmie ist auch eine der häufigsten Beschwerden während und nach einer COVID-19-Erkrankung. Studien zufolge tritt sie bei 65 Prozent aller COVID-19-Erkrankten auf – und damit sogar noch häufiger als das "Leitsymptom" Husten.
Wie funktioniert das Riechen?
Beim Riechen wird die Luft, angereichert mit Duftstoffen, über die Nase oder den Rachen bis an das Nasendach gezogen. Dort docken die Luftmoleküle an das Riechepithel mit Rezeptoren an. Jede dieser Riechzellen mündet in einen Riechknopf, der von etwa fünf winzigen Riechhärchen besetzt ist. Die Härchen nehmen die gelösten Duftmoleküle auf und veranlassen die Sinneszelle dazu, einen Nervenimpuls zu erzeugen.
Die Riechnervenfasern leiten dann den Impuls weiter zum Riechkolben. Von dort werden die Geruchsreize den verschiedenen Gehirnzentren übermittelt, in denen die Gerüche bewusst wahrgenommen werden. Der Nerv wird gereizt und gibt alle Arten von Informationen weiter. Das können angenehme Düfte wie Zimt sein. Sie sorgen für Wohlbefinden, wecken vielleicht auch schöne Kindheitserinnerungen. Es können aber auch unangenehme Gerüche, wie z.B. Brandgeruch, als Gefahrenwarnungen wirken.
Meist sind die Nasennebenhöhlen verstopft
Etwa 80.000 Deutsche werden hierzulande jährlich wegen einer Geruchsstörung behandelt. Die meisten dieser Störungen haben eine sinunasale Ursache. Das heißt: Die eingeatmete Luft wird auf dem Weg zur Riechschleimhaut behindert.
Ein häufiger Grund für eine ausgeprägte Riechstörung ist zum Beispiel die chronische Nasennebenhöhlenentzündung, die auch den Zugang zur sogenannten Riechspalte verlegt. Die Riechspalte ist eine spezielle Schleimhautauskleidung entlang des oberen Nasenganges, die die mehr als zehn Millionen Riechzellen enthält. Dieses eigentliche olfaktorische System – also die Millionen Riechzellen in dem Riechepithel sowie die Riechbahn – ist bei der sinunasalen Geruchsstörungen nicht direkt betroffen.
Weitere Ursachen für die Geruchsstörungen
Neben der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung gibt es weitere sinunasale Geruchsstörungen. Sie entstehen durch:
• nicht-infektiöse Entzündungen wie Allergien,
• eine verkrümmte Nasenscheidewand,
• Hormonumstellungen,
• Polypen der Nase,
• Toxische Reizungen,
• eine Infektion mit SARS-CoV-2.
Bei nicht sinunasalen Geruchsstörungen hingegen liegt die Ursache in einer Schädigung des Riechapparats selbst. Die entsteht beispielsweise durch:
• Tumoren,
• eine Hirnhautentzündung,
• als Medikamentennebenwirkung,
• durch Kopfverletzungen,
• durch den Kontakt mit Reizstoffen.
Der Verlust des Riechsinns kann auch ein Indikator für neurodegenerative, internistische oder psychiatrische Erkrankungen sein. Hierzu zählen zum Beispiel:
• Morbus Parkinson
• Alzheimer
• Diabetes mellitus
• Nieren- und Lebererkrankungen
• Huntington-Krankheit
• Multiple Sklerose
Wenn der Fehler "im System" liegt
Bei einer nicht-sinunasalen Geruchsstörung sind Teile des olfaktorischen Systems beschädigt. So sind zum Beispiel die Riechzellen in der Nasenschleimhaut funktionsuntüchtig oder der Geruchsnerv leitet die Reize nicht mehr an das Gehirn weiter. Manchmal findet der HNO-Arzt aber auch im MRT – die übliche Bildgebung zur fundierten Diagnostik – keine organische Ursache.
Training hilft nur bei inkompletten Ausfall
Selten ist die Geruchsstörung angeboren. Gründe können erbliche Erkrankungen sein, so dass dann ein anatomisches Teil des Riechsystems nicht ausgebildet ist. Ein typisches Beispiel ist der Riechkolben. Ist die Riechstörung komplett ausgebildet, hilft kein Training. Die Betroffenen müssen ohne die Sinnesempfindung leben. In anderen Fällen sind die Ausfälle inkomplett – ein regelmäßiges Riechtraining zum Beispiel mit verschiedenen Düften wie Rose, Eukalyptus, Zitrone und Gewürznelke kann diesen Betroffenen einen Teil des Riechempfindens wiederbringen.
Filmbeitrag: Sybille Seitz
Infotext: Beate Wagner