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Zittern, das deutlich sichtbar ist und andauert, kann auf ein körperliches Problem hinweisen und sollte daher untersucht werden.
Bekannteste Ursache ist die Parkinson-Erkrankung. Aber auch eine Überfunktion der Schilddrüse, ein Vitamin B12-Mangel oder Nebenwirkungen von Medikamenten können den Tremor auslösen.
Bei Angst, Aufregung, Kälte oder Anstrengung ist Zittern völlig normal. Muskelzittern kann aber auch auf eine neurologische Erkrankung hinweisen. Experten sprechen auch vom Tremor. In der Neurologie gehört der Tremor zu den häufigsten Symptomen, mit denen Patienten die Praxis aufsuchen: Schätzungsweise 0,4 Prozent der Menschen sind davon betroffen. Mit dem Alter steigen die Zahlen. So weisen vier bis fünf Prozent der über 65-Jährigen einen Tremor auf. In den meisten Fällen lässt sich das Zittern präzise unterscheiden, so dass der Neurologe dem Patienten eine auf die Ursachen zugeschnittene Behandlung anbieten kann.
Tremor als Anzeichen für Morbus Parkinson
Die größte Angst von Menschen mit Tremor ist es, dass sie an Parkinson erkrankt sind. Bei einem Morbus Parkinson zittern die Betroffenen vor allem in Ruhe. Sobald sie ihre Hand gebrauchen, zum Beispiel einen Stift halten, schreiben oder zum Telefon greifen, wird das Zittern weniger. In der Regel tritt der Tremor einseitig auf.
Neben dem Tremor weisen die Patienten weitere typische neurologische Symptome auf Muskelsteifheit (Rigor), Unbeweglichkeit (Akinese) oder verlangsamte Bewegungen (Bradykinese). Handlungen, die die Patienten bewusst ausführen wollen, beginnen verzögert und können schließlich nur noch mühsam zu Ende geführt werden. Der Gang wird typischerweise kleinschrittig und schlurfend; die Patienten neigen dazu zu stolpern oder zu stürzen. Die Mimik vermindert sich, die Stimme wird monoton und leiser. Viele Betroffene zeigen eine allgemeine Lust- und Interesselosigkeit.
Ursächlich ist ein Dopaminmangel im Gehirn. Das Dopamin lässt sich zumindest für eine gewissen Zeit ersetzen und der Verlauf aufhalten. Weitere Medikamente werden in Abhängigkeit der Schwere, der Grunderkrankung der Patienten und ihres Alters eingesetzt. Eine frühzeitige Diagnose verbessert die Prognose.
Häufige Ursachen für Muskelzittern
Auch andere Erkrankungen können einen Tremor auslösen, etwa Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsenüberfunktion, Störungen im Kleinhirn und Multiple Sklerose (MS). Typischerweise liegt bei der MS ein sogenannter Intentionstremor vor. Das Muskelzittern wird weniger, wenn sich die Person einem Ziel annähert. In den letzten Jahren hat man auch neue Ursachen für einen Tremor entdeckt: Beim fragile-X-assoziierten Tremor-Ataxie-Syndrom (FXTAS) beispielsweise treten bei Männern, selten auch bei Frauen, Tremor und Ataxie (gestörte Bewegungskoordination) zusammen auf.
Untersuchungen bei Muskelzittern
Hinweise auf die Tremor-Ursachen gibt eine umfangreiche Diagnostik: Durch eine klinische Untersuchung, Blutuntersuchungen und Aufnahmen des Gehirns lassen sich viele Erkrankungen ausschließen. Auch die Analyse der Bewegungen und Muskelströme kann entscheidende Hinweise liefern. Findet der Neurologe keine eindeutige Ursache für das Muskelzittern, wird vom sogenannten essenziellen Tremor gesprochen.
Essenzieller Tremor
Bei einem essenziellen Tremor ist das Hirnareal überaktiv, das die Bewegungen steuert: der Thalamus. Die Ursachen für diese Überaktivität sind unbekannt. Mit zunehmendem Alter kann das Gehirn die Überaktivierung immer weniger ausgleichen, so dass das Zittern über die Jahre zunimmt.
Bei einem essenziellen Tremor sind immer zunächst beide Hände betroffen, im weiteren Verlauf kann sich das Zittern auch auf den Kopf, die Stimme und die Beine ausbreiten. Menschen mit einem essenziellen Tremor können die Hände in Ruhe oft noch still im Schoß halten. Sobald sie die Hände aber bewegen, zum Beispiel sich einen Kaffee eingießen oder ein Glas zum Mund führen wollen, wird das Zittern sichtbar.
Essenziellen Tremor mit Medikamenten behandeln
Es gibt keine gezielte Therapie für den essenziellen Tremor, da die Ursache nicht bekannt ist. Verschiedene Medikamente können das Zittern unterdrücken, damit Betroffene im Alltag weniger beeinträchtigt sind. Besonders häufig verordnet werden die Betablocker Propranolol und Primidon einzeln oder kombiniert. Ansonsten werden auch Antiepileptika (Mittel gegen Krampfanfälle) wie Topiramat und Gabapentin verordnet. Clonazepam und Botulinumtoxin gelten als Reservepräparate.
Tremor mit tiefer Hirnstimulation behandeln
Wer die Medikamente nicht verträgt oder unter sehr starken und einschränkenden Symptomen wie einer zitternden Stimme oder Kopfzittern leidet, profitiert möglicherweise von der tiefen Hirnstimulation, umgangssprachlich als „Hirnschrittmacher“ bezeichnet. Dafür werden bei einem operativen Eingriff Elektroden tief ins Gehirn in den Thalamus eingeführt. Die Hirnregion ist für die unbewusste Steuerung willkürlicher Bewegungen zuständig und auch für die Entstehung des Tremors verantwortlich. Ein unter dem Schlüsselbein implantierter Impulsgeber ist über Kabel mit den Elektroden verbunden und gibt, ähnlich wie ein Herzschrittmacher, Impulse an den Thalamus ab. Die elektrische Stimulation kann das Zittern unterdrücken. Das Verfahren ist sehr erfolgreich. Auf Dauer gewöhnt sich das Gehirn allerdings an die Impulse, so dass das Zittern wieder zunehmen kann.
Essenziellen Tremor mit fokussiertem Ultraschall behandeln
Inzwischen bieten vereinzelt neurologische Behandlungszentren ein neues Verfahren an: den MRT-gesteuerten fokussierten Ultraschall (MRgFUS), mit dem sich der essentielle Tremor effektiv und risikoarm behandeln lässt. Dabei veröden hochintensive Ultraschallwellen mittels Hitze Nervenzellen, die den Tremor auslösen.
Damit ist die Erregungsleitung unterbrochen, so dass sich das Zittern verringert. Das Verfahren gilt als sehr schonend und eignet sich besonders für ältere Menschen, für die eine Hirnoperation nicht mehr in Frage kommt. Im Gegensatz zur tiefen Hirnstimulation muss hier die Schädeldecke nicht geöffnet werden, so dass sich Operationsrisiken vermeiden lassen. Eine Studie Ende 2019 in der Zeitschrift „Neurology“ belegt, dass das Zittern bei den Teilnehmern auch drei Jahre nach der Behandlung noch deutlich verbessert war.
Filmbeitrag: Gesa Lütten
Infotext: Constanze Löffler