Blick auf Handy mit Diabetes-App
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Werte im Blick per Smartphone - Diabetes-Apps: So muss Ihr perfekter Helfer sein

Rund sechs Millionen Deutsche sind Diabetiker. Jedes Jahr werden es über 250.000 mehr, so die aktuellen Zahlen der Deutschen Diabetes Hilfe. Diabetes kann zur Lebensgefahr werden - und so sind Diabetes-Apps mittlerweile wichtige Helfer in der Therapie. Aber App ist nicht gleich App - die rbb Praxis zeigt Ihnen, was Ihr digitaler Helfer können sollte.

Rund neun Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind Diabetiker, jedes Jahr wird bei über 250.000 Menschen die Krankheit neu diagnostiziert, so die Zahlen der Deutschen Diabetes Hilfe. Besonders groß ist der Anstieg der Typ-2-Diabetiker, und sie machen schon jetzt rund 90 Prozent der Diabetiker aus. Weil bei dieser Diabetesform der Körper erst schrittweise immer schlechter mit dem Zucker aus Lebensmitteln fertig wird, zahlen viele Krankenkassen bei Typ-2-Diabetes die Mittel für die tägliche Kontrolle nicht - bis ein Stadium erreicht wird, das dem des Typ-1-Diabetikers nahe kommt; also ein Stadium, in dem die Insulinproduktion und die Insulinwirksamkeit fast bei Null liegen. Dabei ist regelmäßige Kontrolle für beide Diabetiker-Typen extrem wichtig.

Wertvolle Daten für Patient und Arzt

Einerseits motiviert Kontrolle den Patienten langfristig zu einem gesunden Lebensstil, zum Beispiel Diäten durchzuhalten. Andererseits sind die Kontrolldaten auch für die behandelnden Ärzte von großem Wert: Je genauer der Arzt seinen Patienten und dessen Krankheit einschätzen kann, desto besser kann er ihn oder sie behandeln, zum Beispiel medikamentös einstellen. Längst schätzen deshalb die meisten Ärzte die Daten, die ihre Patienten aus Diabetes-Apps mitbringen. Von diesen Apps gibt es mittlerweile Tausende - und die Zahl steigt. Aber: Nicht alle Apps taugen als Helfer für den Diabetiker. Ihr guter Helfer sollte vor allem Sie als Person richtig kennen.

App ist nicht gleich App

Diese Erfahrung hat auch Marion R. aus Berlin-Steglitz gemacht. Sie ist 56 Jahre alt und seit acht Jahren Typ-2-Diabetikerin. Die examinierte Krankenschwester ist sehr technikaffin und hat deshalb seit der Diagnose auch Apps benutzt, um ihre Diabetes im Blick zu behalten: "Seit etwa drei Jahren gibt es auch richtig gute Apps für diesen Diabetestyp. Für mich ist wichtig, dass ich alles eintragen kann - alle wichtigen Medikamente und ihre Dosis, was ich esse, ob ich Sport gemacht habe oder krank war - das kann sich alles auf den HbA1c-Wert auswirken und mir sagen, wie ich wirklich stehe", sagt Marion R.
 
Der HbA1c-Wert ist ein Langzeitblutzuckerwert, der Auskunft über die letzten acht bis zehn Wochen geben kann und den auch der Arzt überprüft. Doch dieser Wert ermittelt nur einen Durchschnitt, deshalb wird er stark von extremen Schwankungen beeinflusst. Je weniger Messungen gemacht werden, desto weniger aussagekräftig ist der Wert. Deshalb kommt es auf den Patienten an - seine häufigen Messungen kann kein Arzt leisten.

Wichtiges Basiswissen

Um überhaupt Daten für die App zu gewinnen, braucht es ein Blutzuckermessgerät. Die günstigsten sind schon zwischen fünf und 30 Euro erhältlich. Um sicher zu gehen, dass sie zuverlässig sind, machen Sie am besten zwei bis drei Messungen gleichzeitig mit Ihrem Arzt in der Praxis - so können Sie sehen, wie sehr die Werte von denen des Arztes abweichen. 
 
Nicht nötig sind Messgeräte, die man direkt an das Smartphone anstecken kann. Das findet auch Vieltesterin Marion R.: "Mir ist aufgefallen, dass die Geräte in der Regel teurer sind. Trotzdem muss man ja außer dem Smartphone etwas extra mitschleppen und bei den Geräten, die ich getestet habe stellte sich auch heraus, dass sie viel ungenauer waren als ein günstiges Messgerät ohne Smartphone-Anschluss. Klar, ohne muss man die Daten eben selber in die App eintragen, aber nur um das zu vermeiden noch mal ein Messgerät mit Handyanschluss teuer kaufen? Das ist es mir nicht wert."
 
Egal welches Sie nehmen - Hauptsache ist, Ihr Gerät ist zuverlässig. Dann können Sie eine App benutzen, um Ihre Werte zu Hause zu dokumentieren und um Informationen über Medikamente oder Lebensstil zu ergänzen. Aber: Achten Sie darauf, in welcher Einheit Ihr Messgerät misst und stellen Sie die App darauf ein - einige Messgeräte ermitteln den Zucker in mg/dl, andere in mmol/l. Welche Einheit Sie benutzen ist nebensächlich, aber die App sollte die Werte in derselben Einheit dokumentieren.

Das macht eine gute App aus

Im App-Dschungel kann man sich schnell verlieren. Prüfen Sie vor allem, ob Sie bei der ausgesuchten Apps auf diese Fragen mit Ja antworten können. Je mehr es sind, umso besser die App für Sie:

  • Die App erfasst Ihre individuellen Bedürfnisse.

  • Die App ist verständlich und kompatibel.

  • Die App bietet praktische Zusatzfeatures.

  • Die App bietet Datenschutz.

Von der App zum Arzt

"Mein Arzt freut sich immer über die Werte, die ich ihm mitbringe. Vor allem, weil ich bei der App auch Notizen machen kann - ich kann also noch nach Monaten nachvollziehen: Hier war ich erkältet, oder da habe ich gesündigt", sagt Diabetikerin Marion R.
 
Damit der Arzt sich über die Daten freuen und sie in die Behandlung einbeziehen kann, müssen sie übermittelt werden - die meisten Apps bieten dazu die Möglichkeit Daten auszudrucken oder als pdf-Datei oder in einer Exeltabelle zu speichern und per Mail zu verschicken.

Stichwort: Datenschutz

Bei vielen Apps kann man seine Daten mittlerweile auch in einer Cloud, also auf einem Server speichern. Die sind zwar passwortgeschützt, aber manche Server, zum Beispiel wenn sie mit Apps von Pharmaherstellern, Großunternehmen oder Krankenkassen verbunden sind, erlauben auch Dritten anonymisierten Zugriff auf Ihre Daten. Wichtig: Ihre App sollte Ihnen die Wahl lassen, ob Sie eine Cloud verwenden möchten oder die Daten nur für sich auf Ihrem Smartphone speichern wollen.
 
Für regelmäßige Anwender wie Marion R. ist das entscheidend: "Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht - bei den meisten Apps, die ich ausprobiert habe, musste ich aktiv eine Cloud einbeziehen. Also: In der Grundeinstellung der App war die Cloud ausgeschaltet und ich konnte mich dafür oder dagegen entscheiden."

Vorteile überwiegen

Wer seine Diabetesdaten im Smartphone dokumentiert, hat eindeutige Vorteile: Die meisten Apps sind kostenlos, auf dem Smartphone sind die aktuellen Daten auch im Notfall normalerweise immer beim Patienten, und fast alle Apps generieren farbige Grafiken und Tabellen, mit denen auch der Laie einfach den Überblick über seine Werte behalten kann. Außerdem motiviert die Selbstkontrolle die meisten Patienten dazu, auch im Alltag auf ihre Krankheit zu achten, wie neue Studien beweisen. Der Patient wird also aktiver Teil der Therapie, mündiger, denn er lernt die Diabetes einzuschätzen und das alles in den meisten Fällen sogar kostenlos.

Diabetesmessgerät mit iPhone-Anschluss liegt unter einem iPhone
Achtung vor Nebenkosten

Aber: So leicht die kostenlose App auch lockt, sollten Diabetiker eventuelle Nebenkosten nicht aus dem Blick verlieren. Die betreffen meistens nicht die App selbst, sondern die Messtechnik. Der Preis von Teststäbchen schwankt extrem, je nach Hersteller, und die meisten Messgeräte sind an eine Sorte Teststäbchen gebunden.
 
"Ich habe vor allem online genau recherchiert, was eine Packung mit 25 Stäbchen kostet", sagt die Diabetikerin Marion R. und erklärt: "Das gilt besonders, weil die gesetzlichen Kassen für Typ-2-Diabetiker wie mich die tägliche Messung nicht bezahlen. Ich muss das selbst übernehmen. Das ist es mir wert, aber man muss schon drauf schauen. Viele Messgeräte sind zwar im Kauf richtig billig, aber wenn man dann nach den Teststäbchen schaut, hauen die Hersteller da richtig auf den Preis - das muss man einfach checken."
 
Wenn Sie das im Blick behalten, kann Ihre App zum wertvollen Gesundheitshelfer werden - und zwar einem, der Sie nicht arm macht.

Beitrag von Lucia Hennerici