Montage: Steinpilze, Heidelbeeren, Kastanien (Quelle: rbb/imago/blickwinkel/Westend61)
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Essen wie die Höhlenmenschen - Wie gesund ist die Steinzeit-Diät?

Die sogenannte Steinzeit-Diät oder auch Paläo-Diät propagiert, dass wir uns ernähren wie unsere Vorfahren vor zwei Millionen Jahren. Die Hypothese dahinter: Wir stecken evolutionsbiologisch immer noch in der Steinzeit und wenn wir uns ernähren wie die Menschen damals, dann leiden wir seltener unter Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck.  

Viel Fleisch und Fisch, Obst, Eier, Pilze, Nüsse, Honig, aber auch Maden, Engerlinge und Insekten – das sind einige der wichtigsten Lebensmittel, die den Speiseplan der Menschen in der Steinzeit gefüllt haben. Da Ackerbau und der Anbau von Nutzpflanzen erst gegen Ende der Steinzeit an Bedeutung gewannen, gehören alle Produkte, die aus Getreide gewonnen werden wie Brot oder Nudeln nicht dazu. Auch Milchprodukte spielen, wenn überhaupt, nur eine sehr untergeordnete Rolle.
 
Der Zeitraum, der als "Steinzeit" bezeichnet wird, ist allerdings sehr groß: Er beginnt vor zwei Millionen Jahren und endet etwa 20.000 Jahre vor unserer Zeit. In diesem langen Zeitraum lebten ganz verschiedene Spezies der Gattung "Mensch" in unterschiedlichen Lebensräumen, sodass man von einer einheitlichen Steinzeiternährung sicherlich nicht ausgehen kann. Was heutzutage als Steinzeit-Ernährung gilt, basiert im Wesentlichen auf einem hohen Anteil an tierischem Eiweiß, einem geringen Anteil an Kohlenhydraten, viel Gemüse und dem Verzehr von gesättigten Fettsäuren.

"Das Konzept ist eines, welches in der puren Form selten durchgehalten wird", sagt Prof. Dr. Andreas Pfeiffer, Ernährungsmediziner vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DifE) in Potsdam-Rehbrücke. "Die Studien, die dazu gemacht wurden, basieren alle auf einer eher unterkalorischen Ernährung mit etwa 1.400 Kalorien am Tag", so Pfeiffer weiter. Das führe gleichzeitig zu einer Gewichtsreduktion, die schon ausreichen könnte, um den positiven Effekt der der Steinzeit-Diät zugeschrieben wird, zu erklären.

Viel Fleisch: das Mammut auf dem Teller

Die Steinzeit-Ernährung basiert auf einem hohen Anteil an Fleisch und somit an tierischen Proteinen. Dass Fleisch heutzutage einen eher schlechten Ruf hat, ist nicht ganz unbegründet. Bekannt ist zum Beispiel, dass der Verzehr von viel Fleisch das Risiko für Darmkrebs erhöhen kann. "Das betrifft vor allem junge Menschen", erläutert Andreas Pfeiffer vom DifE in Potsdam. "Sie haben ein vierfach erhöhtes Risiko Krebs zu bekommen, wenn sie – bezogen auf die Nahrungsenergie - statt zehn Prozent tierisches Eiweiß 30 Prozent zu sich nehmen". Das habe eine jüngst in "Cell Metabolism" veröffentlichte Studie mit 16.000 Teilnehmern in den USA gezeigt.

"Belegt ist außerdem, dass ein hoher Fleischkonsum in unserer Gesellschaft zu mehr Diabetes führt", so Pfeiffer. Was allerdings auch daran liegt, dass das Fleisch heutzutage eher in Form von Currywurst und Buletten konsumiert wird. Diese sogenannten epidemiologischen Studien basieren allerdings darauf, dass Menschen über ihre Ernährung berichten und dann geschaut wird, wie krank oder gesund sie sind. "Es gibt keine kontrollierten Studien, bei denen Menschen über mehrere Jahre mit einem hohen Fleischanteil ernährt wurden und man dann schaut, ob sie Krebs oder Diabetes bekommen", so Andreas Pfeiffer.  

Wenig Ballaststoffe und ungesättigte Fette

Eine weitere Eigenschaft der Steinzeit-Diät ist ein hoher Anteil an gesättigten Fetten, welcher dadurch zustande kommt, dass Fett hauptsächlich über Fleisch aufgenommen wird. Ungesättigte Fette aus Ölen, wie etwa aus Oliven- oder Rapsöl, kannten unsere Vorfahren nicht. "Der hohe Anteil an gesättigten Fetten im Fleisch ist ganz klar nachteilig", sagt Prof. Pfeiffer. "Wir wissen, dass ungesättigte Fette aus pflanzlichen Ölen gesünder sind".

Da die Steinzeit-Ernährung keine Getreideprodukte kennt, fehlen auch die darin enthaltenen Ballaststoffe. Diese gelten allerdings als sehr gesund und würden die Rate an Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen deutlich reduzieren, so Andreas Pfeiffer. Der eher geringe Anteil an Kohlenhydraten wie er auch in der "Low Carb" Diät propagiert wird, sei nicht per se positiv. "Kohlenhydrate sind nicht an sich schlecht, das Problem liegt eher in der Gewichtszunahme", weiß Prof. Pfeiffer." Wir haben Kohlenhydrate - mit schnell verfügbarem, aber ungesunden Zucker und Weißmehl - in einer äußerst attraktiven Form entwickelt und essen zu viel davon."

Evolutionsbiologie

Der Zeitraum, in dem Menschen sich nach den Regeln der Steinzeit ernährt haben, ist deutlich länger als der Zeitraum, in dem es Ackerbau und Viehzucht gibt. Unsere moderne Ernährung mit industriell hergestellten Lebensmitteln ist noch ganz "jung". Da erscheint es plausibel, dass sich unser Organismus noch nicht wirklich an diese moderne Ernährungsweise angepasst hat.

Mit dem Erbgut der Steinzeit werden wir krank, wenn wir essen wie es heute üblich ist. So sehen es jedenfalls die Befürworter der Steinzeit-Diät. Auf der anderen Seite haben Wissenschaftler rund 700 genetische Veränderungen in unserem Erbgut gefunden, die in den letzten 10.000 Jahren aufgetreten sind. Darunter auch die Fähigkeit, Milch zu verdauen, die sogenannte Lactosetoleranz. Der Mensch ist also sehr wohl in der Lage, sich seiner (Ernährungs-)Umgebung anzupassen. "Wir haben uns nie spezialisiert auf bestimmte Nahrungsarten. Es gibt keine evolutionäre Richtung, die wir da so ganz genau befolgt hätten", sagt Andreas Pfeiffer.

Für und Wider

Eine proteinreiche Ernährung, die leicht unterkalorisch ist und auf frischen Zutaten basiert, ist an sich nicht schlecht. Ob sie uns tatsächlich vor Zivilisationskrankheiten schützt, ist allerdings fraglich. Studien, die das belegen, gibt es nicht. "In der Steinzeit wurden die Menschen nicht älter als 40 Jahre", sagt Prof. Pfeiffer. Hinzu kommt, dass die Steinzeitmenschen sich mehr bewegten und immer mal wieder hungern mussten, wenn kein Mammut in Sicht war. "Die Steinzeiternährung ist eine nette Abwechslung. Wenn man abnehmen will, ist eine proteinreiche Ernährung erfolgreicher als andere, das zeigten mehrere Studien", so Pfeiffer.

Einen extrem hohen Anteil von Eiweiß in der Ernährung, also um die 30 Prozent, hielten die meisten Leute auf Dauer nicht durch. Etwas Positives kann der Ernährungsexperte der Steinzeitdiät aber durchaus abgewinnen. In einer aktuellen Studie (LeguAN) am DifE habe sich gezeigt, dass eine proteinreiche Ernährung, egal ob über tierisches oder pflanzliches Protein, durchaus gesund ist, weil sie vor allem das Fett in der Leber abbaue. Dabei hätten die Probanden aber, anders als in der Steinzeitdiät, nicht auf ungesättigte Fette in Form von Öl verzichtet und auch keinen extremen Verzicht auf Kohlenhydrate praktiziert.

Beitrag von Ursula Stamm

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