Geschenk wird eingepackt (Quelle: imago/Westend61)
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Geschenkideen zu Weihnachten - Eine Freude für Demenzerkrankte

Bald ist Weihnachten, da sind Geschenkideen hoch im Kurs. Doch was schenke ich einem Demenzerkrankten zu Weihnachten? Wie kann ich ihm eine Freude machen? Gibt es überhaupt sinnvolle Geschenke? rbb Praxis hat dazu Dr. med. Christian Stofft, Chefarzt der Geriatrie im Sankt Gertrauden-Krankenhaus, Berlin befragt.

Welche Geschenke sind sinnvoll?

Spiele, die man als Geschenk mitbringt, machen nur dann Sinn, wenn der Betroffene in seiner Biografie schon einmal einen Bezug zu dieser Spielart hatte. Jemand, der noch nie gerne Karten in seinem Leben gespielt hat, wird somit auch im Alter und bei einer demenziellen Erkrankung nicht gerne Kartenspielen. Insofern sind die Biografie sowie die Charaktereigenschaften des Betroffenen ausschlaggebend für die Art des Spieles, welches dann zum Beispiel an Weihnachten geschenkt wird. Insofern sollte man diese Geschenke immer gewissenhaft aussuchen. 

Zusammen mit einem älteren Menschen spielen – ist das nicht albern?

Nein, überhaupt nicht. Wir spielen ja gerne in Gesellschaft oder zumindest zu zweit. Es wird dadurch Zuneigung zu dem Betroffenen gezeigt. Man verursacht häufig durch Spielen auch Freude und Spaß. Das Lachen verursacht eine Gegenübertragung, so dass alle Spieler Freude empfinden. Häufig ist bereits der erste Eindruck wegweisend ob das Spiel gefällt oder nicht. Ist es ein bekanntes Spiel, so wird dies bei einem Demenzerkrankten ein positives Gefühl verursachen. Häufig zählt dabei der erste Eindruck, wenn ein Spiel eröffnet wird. Dann merkt man sofort an der ersten Reaktion: wird gelacht oder nicht. 

Welchen positiven Effekt gibt es noch?

Spiele haben häufig den positiven Effekt, dass neben der Freude und dem Spaß auch noch etwas ganz Entscheidendes passiert. Die Betroffenen haben das Gefühl: "Ich kann etwas schaffen". Der Erfolg ist dabei etwas ganz Wesentliches. Demenzerkrankte haben viel zu selten ein Erfolgserlebnis. Umso wichtiger ist es durch das Spielen das Gefühl zu vermitteln trotz aller Einschränkungen etwas schaffen oder leisten zu können. Das schafft Freude, Stolz und steigert das Selbstwertgefühl. 

Muss ich immer etwas kaufen?

Als Angehöriger ist es vor allem wichtig, wenn Sie Ihrem Anvertrauten Zeit schenken. Dabei spielt es weniger eine Rolle ob sie gemeinsam spielen, einen Spaziergang machen, gemeinsam zum Friseur gehen oder Kaffee trinken. Zu zeigen, dass der Betroffene nicht alleine ist, sich ihm widmen und Zeit mit ihm gemeinsam zu verbringen ist das Wesentliche.  

Geschenke vorbeibringen, kann das nicht irgendwie vor Weihnachten noch zusätzlich belasten?

Das Gefühl der Freude, die man bei einem anderen hervorruft, führt bei uns selbst zu guten Gefühlen. Und somit haben beide Seiten etwas davon. Und ich glaube, dass man das, was man möglicherweise vor der Erkrankung von dem Betroffenen früher selbst erfahren hat, vielleicht Zuneigung und Unterstützung, nun wieder zurückgeben vermag.
 
Wenn sie merken, welche Freude sie bewirken können, nur dadurch, dass sie jemandem Zeit schenken, dann erfüllt dies einen mit Freude. Und steigert die innere Zufriedenheit.

Sätze ergänzen, warum ergibt das Sinn?

Spiele, die dazu führen, dass bestimmte Sätze ergänzt werden, zum Beispiel "Der frühe Vogel fängt den Wurm", steigern die kognitive Belastbarkeit. Inhalte, die vor langer Zeit erlernt wurden werden wieder aktiviert. Man kann solche Wortspiele auch mit Bewegungsspielen kombinieren. Damit fördert man auf einfache Weise die geistige und körperliche Aktivität, die man versuchen sollte möglichst lange zu bewahren. 

Was soll ich machen, wenn ein Spiel nicht so gut funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe?

Wenn ich merke, dass ein Spiel nicht angenommen wird, weil es vielleicht für den Betroffenen zu schwierig ist, dann sollte man es aus dem Gesichtsfeld entfernen. Man sollte auch nicht darauf drängen, dass dieses Spiel weiter gespielt wird. Ich glaube, dass ein Lächeln schnell eine solche Situation entschärfen kann. Und dann die Brücke zu einem neuen Spiel oder einer neuen Situation bauen kann. Zum Beispiel eine andere Spielart wählen, Musik hören, dem Erkrankten aus seiner Vergangenheit berichten lassen um mit diesem Ablenkungsmanöver eine harmonische Situation zu schaffen.  

Manche Erinnerungen können plötzlich Traurigkeit hervorrufen. Was dann?

Wenn bei einem Spiel die Stimmung in Richtung Traurigkeit oder Frustration kippt, dann muss man versuchen diesen Moment zu nutzen, um eine neue Richtung einzuschlagen. Trost spenden ist zunächst wichtig. Reize setzen, wie z.B. die Hand halten, die Schulter berühren, vielleicht die Wange streicheln, wenn man traurig ist. Menschliches Mitgefühl zeigen. Häufig reicht es schon, dass man einen Moment Trost spendet, um dann in eine neue Situation zu lenken. Eine neue Situation schaffen, vielleicht ein lustiges Lied anstimmen, von früher erzählen lassen. 

Was glauben Sie, würde ihr Herz in hohem Alter erfreuen?

Ich würde mich über geschenkte Zeit mit Angehörigen, Freunden und Bekannten freuen, über ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander, über eine Umarmung, über ein Gefühl der Nähe. Ich würde mich freuen in einer Gemeinschaft leben zu können.
 
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Stofft.
Das Interview führte Pia Kollonitsch