3D-Grafik Querschnitt Herz (Bild: imago images/Science Photo Library)
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Implantat am Herz - Klappe gut, alles gut

Seit einigen Jahren können Ärzte defekte Herzklappen per minimal invasivem Eingriff ersetzen. Die Methode eröffnet auch den Menschen eine Möglichkeit für eine neue Herzklappe, bei denen das Risiko für eine OP durch Krankheit oder Alter sonst zu groß wäre. Allerdings: die Methode ist nicht unumstritten.

Herzinfarkte, Kalkablagerungen, Entzündungen oder Stoffwechselkrankheiten schädigen die Herzklappen im Laufe eines Lebens. Meist erkranken die Klappen des linken Herzens, also Mitral- oder die Aortenklappe, da sie durch den erhöhten Druck auf dieser Herzseite mechanisch stärker belastet sind. Die Aortenklappe gibt das mit Sauerstoff angereicherte Blut aus dem Herzen in den Körperkreislauf. Die Mitralklappe verbindet den linken Vorhof und die linke Kammer.

Bei einer verengten Klappe staut sich das Blut in den Kammern. Das Herz muss vermehrt arbeiten, um das Blut durch die verengte Klappe zu pressen. Oder die Klappe schließt nicht mehr richtig, sie ist dann insuffizient. Das Blut fließt teilweise wieder zurück in die Kammern. Das Herz ist dadurch überlastet und muss auch hier verstärkt pumpen.

Kranke Herzklappen erkennen & behandeln

Typische Beschwerden des Klappendefekts sind Luftnot, Schwäche, dicke Beine, Ohnmachtsanfälle. Im Elektrokardiogramm (EKG) zeigen sich Herzrhythmusstörungen oder ein schwaches Herz. Bei der Echokardiographie, einer Ultraschalluntersuchung des Herzens, beobachtet der Arzt Blutfluss und Klappenschluss.
 
Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung leben in Deutschland mehr als 300.000 Patienten mit einer neuen Herzklappe; über 25.000 kamen im vergangenen Jahr dazu. Meist tauschen die Ärzte die Aortenklappe aus, bei etwa zehn Prozent der Patienten ersetzen oder rekonstruieren sie die Mitralklappe. Nur etwa ein Prozent der Klappeneingriffe betrifft Trikuspidal- und Pulmonalklappe der rechten Herzhälfte. Herzspezialisten haben verschiedene Therapiemöglichkeiten: Medikamente sowie minimalinvasive Eingriffe oder eine OP am offenen Herzen.

Hintergrund: gründe für den klappenersatz

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  • Degeneration und Verkalkung

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  • Bakterielle Endokarditis

  • Rheumatisches Fieber

Risikoverschiebung durch Fortschritt

Bei leichten und mittelgradigen Herzklappenerkrankungen reicht es normalerweise, wenn der Patient Medikamente schluckt und sich körperlich schont. Eine dauerhafte Schädigung des Herzens und die damit verbundene Einschränkung von Lebensqualität und -erwartung sollte vermieden werden. Denn wenn das Herz durch die Mehrarbeit bereits geschädigt ist, erholt es sich auch nach einer Klappenoperation nicht mehr. Deshalb operiert man heute sehr viel früher, als das vor Jahren der Fall war – auch, weil dann das Operationsrisiko niedriger ist.

Geflickte oder gesprengte Herzklappe
 
Bei der rekonstruktiven Operation rafft der Chirurg eine erweiterte Klappe, bei verengten Klappen trägt er die Kalkablagerungen ab. Eine verengte Herzklappe lässt sich auch mit Hilfe eines Katheters sprengen, an den ein Kunststoffballon montiert ist. Für die sogenannte Valvuloplastie spritzt der Kardiologe mit hohem Druck Kontrastmittel in einen Ballon. Der bläht sich auf Höhe der Klappe auf – und sprengt diese. Der Vorgang kann wiederholt werden. Bei stark vernarbten oder sehr deformierten Herzklappen reicht eine Rekonstruktion meist nicht.

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MitraClip-Verfahren
 
Eine undichte Mitralklappe ist der zweithäufigste operationsbedürftige Herzklappenfehler. Sie kann mit Hilfe des MitraClip-Verfahrens minimal invasiv behandelt werden. Unter Röntgendurchleuchtung und Ultraschallkontrolle wird ein Clip zwischen die beiden Segel der Mitralklappe platziert. Der Clip fixiert das vordere und hintere Mitralklappensegel aneinander. Dadurch verkleinert sich die Durchtrittsstelle, durch welche das Blut in den Herzvorhof zurückfließt, oder die Öffnung lässt sich sogar ganz beseitigen.

Eingriff am offenen Herzen vs. neue Klappe per Mini-Schnitt
 
Für einen Klappersatz-OP mussten Herzchirurgen bis vor 15 Jahren ihren Patienten den Brustkorb aufschneiden, das Herz stilllegen und sie an die Herz-Lungen-Maschine anschließen. Der Eingriff ist für sehr alte und kranke Leute sehr risikoreich, so dass die Ärzte in den meisten Fällen ablehnten.
 
Heute haben auch schwer kranke und alte Patienten eine reelle Chance auf eine neue Herzklappe: Seit über zehn Jahren erneuern Herzspezialisten vor allem Aortenklappen per Katheter-Verfahren. Für diese minimalinvasiven Eingriffe genügt ein Schnitt in der Leiste oder zwischen den Rippen unterhalb der linken Brustwarze. Die OP dauert etwa eine Stunde und ist schonender als der Eingriff am offenen Herzen mit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine.

So wird’s gemacht: TAVI-Verfahren
 
Die Transkatheter-Aortenklappenimplantation kurz TAVI funktioniert so: Die Herzklappe, meist aus Schweineherz, wird in ein biegsames Drahtgeflecht eingenäht. Mithilfe von Trichtern wird die Klappe gefaltet, bis sie in eine Katheterhülle von nur sechs Millimetern passt. Das Falten wird auch als Crimping bezeichnet.
 
Während der Prozedur bekommt der Patient immer wieder Kontrastmittel gespritzt und wird geröntgt, damit der Arzt kontrollieren kann, wo er sich mit dem Katheter auf dem Weg zum Herzen gerade befindet. An der richtigen Stelle angekommen, ziehen sie die Katheterhülle zurück, das Drahtgeflecht entfaltet sich und drückt die alte Klappe an die Gefäßwand. Die neue Aortenklappe spannt sich im Bereich der alten Klappe auf, überlagert sie und übernimmt ihre Funktion.

Viel Kritik an häufigem Einsatz
 
Zuletzt war die rasche Zunahme von Kathetereingriffen bei Herzklappenerkrankungen speziell in Deutschland in die Kritik geraten: Im Jahr 2017 wurden dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zufolge 8.600 Klappen chirurgisch ersetzt, 20.000 minimalinvasiv mit dem Katheter. Sieben Jahre zuvor waren es noch 10.000 und 5.000 gewesen.
 
Bislang wird der Eingriff nur schwer kranken und nicht operablen Patienten empfohlen. Denn: Studien zufolge erleiden Patienten nach einem minimal-invasiven Katheter-Eingriff häufiger Schlaganfälle. Durch das Aufsprengen der verkalkten Aortenklappe lösen sich Kalkteilchen, die ein Gefäß im Körperkreislauf verlegen und so beispielsweise einen Schlaganfall verursachen können. Gelegentlich passiert es, dass durch das Aufdehnen der Herzklappe wichtige Abgänge von Herzkranzgefäßen verlegt werden, so dass das Herz nicht ausreichend mit Blut versorgt wird.
 
Aber: Hierzulande geht die Tendenz mittlerweile zu jüngeren, weniger kranken Patienten, die per TAVI eine neue Herzklappe erhalten. Für diese Patientengruppe gibt es allerdings bislang keine Langzeitdaten. Ärzte befürchten, dass die Klappen durch das Crimping oder Zusammenpressen Schaden nehmen könnten und nicht lang genug halten.
Zudem hatte eine Gruppe von Journalisten von NDR, WDR und SZ Ende 2018 aufgedeckt, dass führende deutsche Kardiologen Interessenskonflikte durch Verbindungen mit Herstellerfirmen der Klappenprodukte haben – und so die Eingriffe auch an Patienten vornahmen, die diese gar nicht gebraucht hätten.

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