Symbolbild Stress: Strassenszene auf dem Nash Court mit Bahnhofsuhren (Quelle: imago/Rupert Oberhäuser)
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Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen - Herz unter Stress

Chronischer Stress ist ein wichtiger Risikofaktor bei der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen. Doch Stress ist nicht gleich Stress und es gibt verschiedene Auslöser. Je nachdem leidet auch das Herz unterschiedlich. Aber es gibt Strategien, sich vor zu viel Stress zu schützen und damit auch sein Herz gesund zu halten.

Stress ist an sich nichts Schlechtes. Als die Menschen noch als Jäger und Sammler umherstreiften, waren die Stressreaktionen des Körpers eine überlebensnotwendige Sache. Vom Säbelzahntiger verfolgt, kann man schneller fliehen, wenn das autonome Nervensystem hochschaltet: Der Blutdruck steigt, das Herz schlägt schneller, Stresshormone werden ausgeschüttet und es wird mehr Insulin freigesetzt, damit der Körper mehr Energie zur Verfügung hat.
 
Heutzutage sind es andere Situationen, die uns Stress empfinden lassen: Der Chef macht Termindruck, die Kinder sind krank, es gibt Streit mit dem Partner. Das sind oft Situationen, denen wir nicht entfliehen können und die uns dauerhaft unter Druck setzen. Der Phase der Anspannung folgt dann keine Phase der Entspannung, was sich mit der Zeit im Körper abzeichnet.

Was Stress mit dem Körper macht

Andauernder Stress kann zu Bluthochdruck führen. Die hohe Insulinausschüttung, die ja ursprünglich nur für eine begrenzte Zeit vorgesehen war, kann eine Insulinresistenz befördern, die wiederum Diabetes auslösen kann. Stress führt zu Schlafstörungen, Erschöpfung und schwächt das Immunsystem. Wir werden anfälliger für Infektionen und selbst kleine Wunden heilen langsamer. Ein großer Teil dieser Stressfolgen wirkt sich auch auf das Herz-Kreislaufsystem aus.
 
Ein ständig erhöhter Blutdruck führt zu Umbauprozessen in der Gefäßwand, die Gefäße werden steifer. Die Folge: Das Herz muss gegen einen Widerstand anpumpen, was auf Dauer zu einer Vergrößerung des Herzmuskels und zur Herzschwäche führen kann. Diabetes und Bluthochdruck sind Risikofaktoren für einen Herzinfarkt und für Schlaganfall. Stress befördert auch die generelle Erkrankung der Gefäße, die Arteriosklerose, die ebenfalls als Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall gilt.

Ungesunde Reaktion auf Stress

In vielen Fällen reagieren wir auf Stress im Arbeits- und Privatleben mit Verhaltensweisen, die den Stress nicht abbauen, sondern eher noch befördern. Nikotin und Kaffee sollen uns dauerhaft leistungsfähig halten, Essen unseren Frust lindern, Alkohol uns abschalten lassen, Fernsehen auf der Couch uns ablenken. Wer dann nicht einschlafen kann, nimmt Schlafmittel und gegen die Unruhe, vielleicht sogar Medikamente wie Benzodiazepine, die schnell abhängig machen können. Dass das nicht gesund ist, wissen zwar viele, aber im stressigen Alltag bleiben die guten Vorsätze oft auf der Strecke.

Strategien gegen Stress

Damit das nicht so bleibt, ist es wichtig, den ungesunden Stress als solchen erst einmal wahrzunehmen. Viele Menschen leiden unter Stress und äußern das auch. Andere powern durch und merken selbst gar nicht, dass ihr Körper dabei auf der Strecke bleibt. "Hier ist Distanz vonnöten", sagt Prof. Karl-Heinz Ladwig, Professor für psychosomatische Medizin und Medizinische Psychologie am Klinikum rechts der Isar der TU München. Man sollte "zur stressauslösenden Situation auf Abstand gehen, sie sozusagen aus der Vogelperspektive betrachten und überdenken", so Ladwig. Dadurch bekomme man die Chance, wieder Entscheidungen fällen zu können und sich nicht ständig vom Stress antreiben zu lassen.
 
Dadurch entstehen auch wieder Spielräume, die sich mit weiteren Anti-Stressstrategien füllen lassen. Wie zum Beispiel Bewegung, gesunde Ernährung, aber auch Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training, Qi Gong oder Yoga. Vor allem Ausdauersportarten wie Laufen, Joggen, Schwimmen oder Radfahren eigenen sich gut zum Stressabbau.
 
Eine weitere Anti-Stressstrategie sei die frei gewählte Herausforderung, so Prof. Ladwig. "Das sind selbst gewählte Aktivitäten, die zu uns passen, die uns anregen und den Dauerstress vergessen lassen." Das kann für jeden etwas Anderes sein: Musizieren, Singen im Chor, Wandern, ein Theater- oder Kinoabend, Kochen mit Freunden. Ein gut funktionierendes soziales Netzwerk ist außerdem wichtig, um Alltagsstress zu begegnen. Das können Familie, aber auch Freunde sein. Stress in diesem privaten Bereich, kann zusätzlich belasten und sollte nicht unter den Teppich gekehrt werden. Konfliktpunkte anzusprechen ist besser; bewältigt man das nicht allein, können Familien- oder Paartherapeuten helfen.

Stress durch Lärm und Luftverschmutzung

In den letzten Jahren sind zwei Auslöser für Herz-Kreislauferkrankungen vermehrt in den Fokus gerückt: Lärm und Luftverschmutzung. Lärm durch Straßen-, Schienen - und Flugverkehr spielt vor allem in Großstädten eine bedeutende Rolle und wirkt sich vor allem dann negativ aus, wenn er als belastend empfunden wird. Studien zeigen aber, dass Lärm uns krank macht, auch wenn wir ihn gar nicht bewusst wahrnehmen. Vor allem nächtlicher Fluglärm wirkt sich negativ auf Gefäßfunktion, Stresshormonspiegel und Schlafqualität aus. Gegen zu viel Lärm können sich Menschen aber nur bedingt schützen. Die Augen kann man schließen, die Ohren nicht. Hier ist vor allem die Politik gefragt.

Das gilt in ähnlicher Weise auch für die Luftverschmutzung. Mit der Einatmungsluft gelangen gasförmige Stoffe und kleine Partikel über die Atemwege bis in die Lunge. Dort lösen diese Fremdstoffe eine Entzündungsreaktion aus, die zu einer permanenten "Low-level-Entzündungsreaktion" im Körper führt. Diese wiederum verursacht ein Fortschreiten der Gefäßverhärtung (Arteriosklerose) in allen Regionen des Körpers, einer der bedeutendsten Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall. Ganz akut können Abgase des Straßenverkehrs, insbesondere von Dieseltreibstoff, die Blutplättchen von Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit aktivieren und so zur Entstehung eines Herzinfarktes führen. Patienten mit einer bestehenden Herzschwäche haben bei starker Luftverschmutzung ein erhöhtes Risiko ins Krankenhaus zu müssen oder gar zu versterben.

Schützen kann man sich auch hier nur bedingt. Sport sollte man lieber in Parks und Grünflächen ausüben und Fahrradfahren und Laufen auf Straßen mit hoher Verkehrsdichte möglichst vermeiden. Insbesondere ältere Menschen mit Herz- und Lungenkrankheiten sollten sich bei hoher Luftverschmutzung nicht lange draußen aufhalten. Informationen zur aktuellen Luftverschmutzung erhält man bei der Senatsverwaltung für Verkehr, Umwelt und Klimaschutz.

Beitrag von Ursula Stamm

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