Mutter und Kind spielen bei Spaziergang im Sonnenlicht (Bild: Colourbox)
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Projekt "Familienzeit" der Berliner Krebsstiftung und Krebsgesellschaft - Von gemeinsamen Erlebnissen und glücklichen Momenten

Seit knapp drei Monaten läuft das Projekt "Familienzeit", ein gemeinsames Projekt der Krebsstiftung Berlin und Berliner Krebsgesellschaft. Es ermöglicht Familien, in denen Vater oder Mutter an Krebs erkrankt ist, gemeinsame Erlebnisse mit der Familie. Die rbb Praxis hat mit Dr. Hubert Bucher, Geschäftsführer der Berliner Krebsgesellschaft, über Hintergründe und Intentionen des Projektes gesprochen.

Familienzeit ist ein Projekt, das seit Oktober 2015 läuft. Was bezwecken Sie damit?

Krebs ist eine schwere Erkrankung. Von einer Minute auf die andere wird die Familie mit einer völlig neuen Lebenssituation konfrontiert, die sie bis an die Grenzen der Belastbarkeit bringt und für alle Dauerstress bedeutet. Oftmals fehlt den Familien in dieser angespannten Lage die Zeit zum Durchatmen. Und darum geht es bei Familienzeit – wir wollen Raum für gemeinsame Erlebnisse schaffen und die Familie durch glückliche Momente stärken. Familienzeit bietet dabei unbürokratisch finanzielle Unterstützung.

Wie sind Sie gerade auf die Idee der Familienzeit gekommen? Es gibt ja ganz verschiedene Möglichkeiten, einer Familie zur Seite zu stehen.

In den letzten Jahren haben wir uns vermehrt den Familien angenommen. Dabei wurde klar, dass viele Familien oft erst sehr spät zu uns in die Beratung kommen, also wenn beispielsweise ein Elternteil schon sterbenskrank ist. Die Erfahrung zeigt, wie wichtig gemeinsame positive Erlebnisse gerade in schweren Zeiten sind. Wir wollten deshalb zusätzlich zu unserer Familienberatung ein leicht zugängliches Angebot machen, was den Familien gut tut.

Gibt es weitere Möglichkeiten der finanziellen Hilfe für Familien?

Wir haben einen Härtefonds, den wir an krebskranke Menschen und deren Familien ausschütten, die durch die Erkrankung in finanzielle Not geraten sind. Hierfür reicht ein schriftlicher Antrag.

Wie kümmern Sie sich ansonsten um Belange der Familien, insbesondere der Kinder?

Seit 2012 fördert die Berliner Krebsgesellschaft das Beratungsprojekt „Hilfen für Kinder krebskranker Eltern“, das wir sukzessive von der Charité Berlin übernommen haben. Der Bedarf für Unterstützung von Kindern krebskranker Eltern ist groß: Jedes zweite Kind ist Untersuchungen zufolge psychisch auffällig. Die Belastung der Kinder kann sich ganz unterschiedlich auswirken. Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafprobleme oder auch das Absacken der schulischen Leistungen sind Anzeichen, dass sie professionelle Hilfe benötigen Noch besser wäre, wenn Familien bereits schon vor dem Auftreten von Symptomen Hilfe für ihre Kinder suchen. Allein im vergangenen Jahr haben die Therapeuten der Berliner Krebsgesellschaft 133 Familien begleitet. Die Beratung ist kostenlos. Die Familien können unter 030 - 283 24 00 einen Termin vereinbaren. 

Wie erfahren die Familien von diesen Möglichkeiten, beispielsweise der Familienzeit?

Wir bewerben unsere Projekte über die Presse. Für die Familienzeit melden sich unsere Beraterinnen auch direkt bei den Familien, wenn sie diese aus der Beratung kennen oder durch einen Antrag für den Härtefond von ihnen erfahren haben. Wir sind auch im engen Kontakt mit den Beratungsstellen für Krebskranke bei den zwölf Bezirksämtern. Und auch die Sozialarbeiter in den Kliniken oder die Mitarbeiter onkologischer Fachpraxen kennen unsere Projekte. 

Wer hat die Chance, von Familienzeit zu profitieren?

Die Familien stellen ihren Antrag auf Familienzeit direkt bei der Berliner Krebsgesellschaft. Unsere Beraterinnen führen mit ihnen ein Gespräch über die aktuelle Lebenssituation. Außerdem prüfen wir die Einkommenssituation. Um einen Anspruch zu realisieren, orientieren wir uns am durchschnittlichen, monatlichen Familiennettoeinkommen. Die Hilfeleistung erfolgt dann in Form einer Geldschenkung.

Wen haben Sie besonders im Blick bei der Familienzeit?

Sie soll ausdrücklich Eltern mit niedrigem Einkommen zugutekommen. Gerade kinderreichen Familien und Alleinerziehenden fällt es schwer, ihren Kindern außer der Reihe Wünsche zu erfüllen. Oft reicht das Geld kaum für die alltäglichen Bedürfnisse. Durch die Krebserkrankung kommt zum einen weniger Geld ins Haus, zum anderen entstehen durch die Krankheit weitere Kosten. Diesen Familien wollen wir unter die Arme greifen und ihnen eine schöne gemeinsame Zeit ermöglichen. 

Wie viele Familien konnten Sie bisher mit der Familienzeit unterstützen?

Bislang konnten wir vier Familien finanziell unterstützen. Weitere zwei oder drei Familien werden demnächst einen positiven Bescheid bekommen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Constanze Löffler. 

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