Spieße liegen auf einem Grill, im Hintergrund sitzen zwei Menschen (Quelle: imago/Peter Widmann)
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Magen-Darm-Erkrankungen im Sommer - Grillsaison: Vorsicht vor Keimen

Sommerzeit und Ferienzeit – dann heißt's für viele: Ran an den Grill! Doch gleichzeitig lauern jetzt besondere Gefahren: denn im Sommer steigt die Zahl der Magen-Darm-Infektionen immer wieder rasant an. Besonders Camplyobacter-Bakterien haben zurzeit Hochsaison, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Doch Grillfreunde können sich schützen.

Wer an den Sommer denkt, hat in den seltensten Fällen Bettruhe, Tee und Zwieback vor Augen. Doch zwischen Juni und September treten laut Robert-Koch-Institut die meisten Fälle von Magen-Darm-Infektionen auf. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt: Die Gefahr einer Infektion ist in dieser Zeit besonders hoch. Im Fokus stehen bei den Wissenschaftlern Salmonellen und Camplyobacter. Zwei gefährliche Keime, die Darm-Infektionen und besonders Durchfall bewirken.

Rund 13.000 Salmonellen-Infektionen wurden 2016 beim Robert-Koch-Institut gemeldet. Noch häufiger: die Camplyobacter-Infektion mit rund 70.000 Fällen pro Jahr. Und während Salmonellen-Infektionen im Jahresvergleich rückläufig sind, hat die Camplyobacter-Infektionsrate allein von 2015 bis 2016 um rund fünf Prozent zugenommen.

Camplyobacter kann Guillon-Barré-Syndrom auslösen

Die besondere Gefahr bei Camplyobacter: Die Infektion kann das sogenannte Guillon-Barré-Syndrom auslösen. Dabei greift die körpereigene Immunabwehr die Hüllen von Nervenzellen an. "Man kann es sich so vorstellen: Nerven, die aus dem Rückenmark austreten und beispielsweise Muskeln erreichen - die sogenannten peripheren Nerven – werden durch eine Attacke des körpereigenen Immunsystems in ihrer Funktion und teilweise auch in ihrer Struktur gestört", erklärt Prof. Andreas Meisel. Er ist Leiter der Klinik für Neurologie und experimentelle Neurologie an der Charité in Berlin-Mitte. "Damit ist die Übertragung des Signals vom Hirn zu den Muskeln nicht mehr möglich", erklärt Meisel.

Weil die Hülle menschlicher Nervenzellen der Struktur der Camplyobacter-Bakterien so ähnlich ist, kann eine Infektion mit den Bakterien dazu führen, dass die eigenen Nervenzellen angegriffen werden. Camplyobacter, genauer: Camplyobacter jejuni, gilt als häufigster Auslöser für das Syndrom, obwohl noch nicht alle Auslöser bekannt sind. Etwa einer von hunderttausend Deutschen erkrankt pro Jahr am Guillon-Barré-Syndrom. Symptome sind Sensibilitätsstörungen und Lähmungen. In den meisten Fällen beginnen sie in den Händen oder Füßen.

Übertragung vom Tier auf den Menschen?

Sowohl Camplyobacter als auch Salmonellen gelangen vor allem durch die Nahrung in unseren Körper. Salmonellen stecken z.B. in rohem Ei, das für Eis oder Mayonnaise verwendet wird, aber auch in Geflügelfleisch. Und gerade auch Geflügelfleisch spielt bei der Übertragung von Camplyobacter häufig eine Rolle. Wichtig: Im Gegensatz zu Salmonellen sterben Camplyobacter-Bakterien auch im Kühlschrank nicht. Dafür können sie sich aber - im Gegensatz zu Salmonellen - auf Fleisch auch nicht gut vermehren.

Forscher der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover haben den Zusammenhang zwischen steigenden Sommertemperaturen und dem Anstieg der Infektionszahlen 2016 ebenfalls untersucht. In der Landwirtschaft sind Camplyobacter und Salmonellen sozusagen alte bekannte, denn auch hier treten gerade in den Sommermonaten in der Tierhaltung z.B. besonders viele Camplyobacter-Infektionen auf. Die Tiere sind aber in der Regel nur Träger der Keime und erkranken selbst nicht.

Bester Schutz: "Sauberer" Umgang mit Lebensmitteln

Der beste Schutz ist ein altbekannter: die Hygiene. Und gerade die wird beim Grillen oft vernachlässigt, z.B. weil das Waschbecken unbequem weit entfernt ist. Ein wichtiger Faktor, denn in der Regel verbreiten sich die Keime durch den Umgang mit tierischen Produkten. Wandert dann die Hand in einer harmlosen Geste in Richtung Mund oder greift beispielsweise schnell mal zu einem Stück Brot, können sich Bakterien schon verbreitet haben. Ebenso gut für die Bakterienübertragung sind einfache Gewohnheiten: Zum Beispiel die Gabel für das Auflegen und Wenden auf dem Grill auch dazu zu benutzen, den Gästen das fertige Steak auf den Teller zu laden oder gar damit zu essen, denn diese Gabel kommt so immer wieder mit rohem Fleisch in Kontakt - da hilft auch noch so sorgfältiges Durchgrillen der Speisen nichts mehr. Über die Nahrung gelangen Bakterien dann in den Körper und können eine Magen-Darm-Infektion auslösen.

Deshalb wichtig: Beim Grillen unbedingt sicherstellen, dass Hände, Besteck und Grillutensilien mit heißem Wasser über 60 Grad abgespült werden können. Wenn es heiß ist, vermehren sich Bakterien besonders schnell - lange Transportwege von Fleisch und Beilagen, in denen rohes Ei oder Milch steckt, sind deshalb besonders riskant.

Beitrag von Lucia Hennerici

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