

Vollmachten, Verfügungen & Co. -
Den Begriff Vorsorge verbinden viele Menschen mit Kontrolluntersuchungen beim Arzt oder einer finanziellen Vorsorge für das Alter. Aber es gilt auch, für andere Situationen vorzusorgen: Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen umfassen die rechtliche Vertretung für den Fall, dass eigene Entscheidungen nicht mehr möglich sind, zum Beispiel bei Demenz oder Schlaganfall.
Die Patientenverfügung
Die Patientenverfügung ist eine Anweisung des Patienten an den Arzt. Das Gesetz definiert die Patientenverfügung als schriftliche Festlegung einer volljährigen Person, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (§1901a Absatz 1 des BGB). Einfacher ausgedrückt: Ein volljähriger Mensch legt darin fest, was in medizinischen Angelegenheiten unternommen werden soll, wenn er sich selbst nicht mehr gegenüber Ärzten ausdrücken kann. Eine Patientenverfügung ist dann sinnvoll, wenn der Verfügende darauf Einfluss nehmen möchte, wie in so einem Fall gehandelt werden soll. Denn für jede Behandlung ist die Einwilligung des Patienten oder seines Bevollmächtigten oder seines Betreuers (s.u.) notwendig, damit eine medizinische Maßnahme nicht rechtswidrig ist oder als Körperverletzung strafrechtlich verfolgt wird.
Fehlt eine Patientenverfügung, darf ein Bevollmächtigter (s.u.: Vorsorgevollmacht), an Stelle des Betroffenen Entscheidungen fällen, Es ist sogar seine Aufgabe. Die ausgefüllte und unterschriebene Patientenverfügung gilt sofort. Mit neuem Datum und Unterschrift kann sie jederzeit widerrufen oder aktualisiert werden.
Hat ein Patient, der zu keiner Willensäußerung mehr fähig ist, weder eine Patientenverfügung noch einen Bevollmächtigten, informieren die Ärzte das Betreuungsgericht, wenn eine Zustimmung zu einer Behandlung benötigt wird. Das Betreuungsgericht ist eine Abteilung des Amtsgerichts am Wohnort des Betroffenen.
Die Vorsorgevollmacht
Zur Vermeidung einer Betreuung von Amts wegen kann mit einer Vorsorgevollmacht eine von mir bestimmte volljährige und geschäftstüchtige Person an meiner Stelle handeln. Die Person, die eine Vollmacht erteilt, ist der Vollmachtgeber. Der- oder diejenige, die die Vollmacht erhält, ist der sogenannte Vollmachtnehmer, der dann, im Falle, dass der Vollmachtgeber handlungsunfähig sein sollte, rechtmäßig Entscheidungen treffen darf. Man bestimmt also in der Vorsorgevollmacht, wer handeln darf. Meistens betrifft es folgende Aufgabenbereiche:
- die Gesundheitssorge und Pflegebedürftigkeit z.B. Einsicht in Krankenunterlagen, auch zur Unterbringung mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen (Bettgitter, Medikamente),
- Aufenthalt- und Wohnungs- und Behördenangelegenheiten,
- die Verwaltung des Vermögens. Die Bankvollmacht ist am Besten bei der jeweiligen Bank in Anwesenheit von Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer zu erteilen. Bei Kredit- und Immobiliengeschäften ist eine notarielle Vollmacht zusätzlich notwendig,
- die Befugnis, über den Tod hinaus zu handeln (Beerdigung, Wohnungsauflösung),
In einer Vollmacht kann auch eine Untervollmacht erteilt werden für den Fall, dass der Vollmachtnehmer selbst einmal die Vollmacht beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht ausführen kann.
Eine Vorsorgevollmacht sollte möglichst nicht an Bedingungen geknüpft sein.
Eine Vorsorgevollmacht regelt mehr als eine Generalvollmacht, die häufig von Ärzten nicht anerkannt wird, wenn oder weil sie zu allgemein formuliert ist, was insbesondere gesundheitliche Belange betrifft.
Zusätzliche Vereinbarungen (keine Bedingungen) können auch in der Vorsorgevollmacht mit aufgenommen werden oder hinzugefügt werden. Wer niemandem sein uneingeschränktes Vertrauen geben möchte, sollte eine Betreuungsverfügung in Betracht ziehen.
Die Betreuungsverfügung
Bei einer Betreuungsverfügung handelt es sich um eine schriftliche, vorsorgende Verfügung für den sogenannten Betreuungsfall, durch die im Voraus jemand benannt werden kann, der/ die als Betreuer gefragt und eingesetzt werden sollen. Und umgekehrt ist es möglich, zu bestimmen, wer auf keinen Fall Betreuer werden soll. In einer Betreuungsverfügung können sogar Wünsche hinsichtlich der letzten Lebenszeit festgehalten werden (z.B. ob eine Altenwohngemeinschaft oder ein Pflegeheim bevorzugt wird).
Ein Betreuungsfall liegt laut Bürgerlichem Gesetzbuch vor, wenn ein Erwachsener aufgrund einer psychischen Erkrankung, oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine rechtlichen Angelegenheiten nicht regeln kann, also z.B. keine Zustimmung/Ablehnung zu einer Krankenhausbehandlung erteilen kann.
Der vom Amtsgericht bestellte Betreuer - zuerst werden meistens Verwandte gefragt - darf nur in einem rechtlich genau festgelegtem Umfang handeln, wobei das Selbstbestimmungs-recht des betroffenen Menschen gewahrt bleiben soll, d.h. z.B. Angelegenheiten, die der zu Betreuende noch selbst erledigen kann, werden ausgeschlossen. Wenn es nur darum geht, dass jemand seinen Haushalt nicht mehr führen kann, rechtfertigt dies noch nicht die Bestellung eines Betreuers.
Ein Betreuer muss gesetzlich geregelten Pflichten nachkommen. Dazu zählt, über finanzielle Angelegenheiten des Betreuten Buch zu führen und vor einem Amtsgericht jährlich Rechenschaft abzulegen, inwiefern er im Sinne des Betreuten gehandelt hat. Für seine Tätigkeit erhält er eine Aufwandsentschädigung. Stirbt der Betreute, endet die Betreuung automatisch.
Wesentliche Unterschiede: Betreuer, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht
Wenn weder eine Vorsorgevollmacht, noch eine Betreuungsverfügung vorliegen, dann wird zum Wohl des betroffenen Menschen ein Betreuer in einem länger dauernden Verfahren bestellt, denn die Betreuung als Rechtsfürsorge zum Wohl des betroffenen Menschen ist seit 1992 an die Stelle von Entmündigung, Vormundschaft für Erwachsene und Gebrechlichkeits-pflegschaft getreten.
Eine Betreuungsverfügung berechtigt im Gegensatz zu einer Vorsorgevollmacht nicht sofort zur Vertretung bei Rechtsgeschäften. Erst wenn das Amtsgericht (Betreuungsgericht) den ggfs. in der Betreuungsverfügung Genannten als gesetzlichen Betreuer bestellt (d.h. gerichtlich bestätigt hat) erlangt die oder der Betreuer die erforderliche Vertretungsmacht.
Die von einem Vorsorgevollmachtgeber berechtigten Personen unterstehen nicht der Kontrolle eines Betreuungsgerichts.
Argumente, sich rechtzeitig um Vorsorge zu kümmern
- Ist zum Beispiel eine Demenz vom Arzt festgestellt worden, kann der Patient keine Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen mehr verfassen, die rechtssicher sind. In diesen Fällen muss vermutet werden, dass bei Erteilen der Vorsorgevollmacht, eine Geschäftsfähigkeit (freie, geistig gesunde Willenserklärung) nicht mehr vorlag.
- Es könnte ein Betreuer eingesetzt werden, mit dem der Betreute nicht einverstanden gewesen wäre.
- Wer mehrere Kinder hat, kann ihnen rechtzeitig begründen, warum nur einer als Vorsorge-vollmachtnehmer oder als gesetzlicher Betreuer handeln sollte, jedoch bei schwierigen Entscheidungen mit den Geschwistern Rücksprache halten soll. Andernfalls könnten Elternteile - um schon im Vorfeld Streit auszuschließen - eine Betreuungsverfügung für einen fremden Betreuer hinterlegen.
Formale Bedingungen
- Ohne Schriftform sind Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen nicht gültig und können anderen nicht vorgelegt werden. Bei der Betreuungsverfügung kann es sinnvoll sein, sich diese durch eine Betreuungsbehörde beglaubigen zu lassen.
- Eigenhändige Unterschrift mit Ort und Datum sind immer notwendig.
- Die Bevollmächtigten sollte mit Namen, Wohnort und Geburtsdatum eindeutig benannt werden.
- Vorschriften für die Form gibt es nicht, wichtig sind unmissverständliche Formulierungen, ob als Bausteine von Musterbeispielen übernommen oder selbst formuliert.
- Ein schriftlicher Widerruf ist jederzeit möglich. Dieser wie auch Änderungen müssen mit Datum, Ortsangabe und eigener Unterschrift erneut bestätigt werden.
- Banken bestehen oft auf Verwendung ihrer eigenen Vollmachtformulare.
- Bei Patientenver¬fügungen sind auch später nur mündlich oder per Handzeichen bekundete Äußerungen nicht wirkungslos, da der aktuelle mutmaßliche Patientenwille Vorrang hat.
- Bei Patientenverfügungen kann es ratsam sein, den eigenen Willen darüber, wie Ärzte handeln sollen, nach mehreren Jahren erneut zu bekräftigen oder auszudrücken.
Aufbewahrung
Eine Patientenverfügung sollte an einem Ort aufbewahrt werden, den Ärzte, Bevollmächtigte und Betreuer kennen. Dafür ist es sinnvoll, einen Hinweis (in der Brieftasche oder der Geldbörse) mit sich zu führen bzw. bei Aufnahme in ein Krankenhaus oder Pflegeheim darauf hinzuweisen.
Eine Betreuungsverfügung mit konkreten Vorgaben (auch ohne Nennung eines möglichen Betreuers) sollte wie eine Vorsorgevollmacht an einem Ort in der Nähe liegen.
Bei Einlieferung in ein Krankenhaus wird beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundes-notarkammer (link s. u.) automatisch angefragt, ob es Verfügungen oder Vorsorgevollmachten gibt. Die Weiterleitung der vorhandenen Papiere von ihrem Aufbewahrungsort an die Berechtigten (z.B. Vorsorgevollmachtnehmer) ist Pflicht.
Tipps
- Für Patientenverfügungen geben auch Hospizdienste kostenlosen Rat hinsichtlich medizinischer und ethischer Entscheidungen. Mit ihrer zusätzlichen Unterschrift bestätigen sie nochmals den Patientenwillen.
- Beim Auffüllen von Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen können auch die Rechtsberater der anerkannten Betreuungsvereine in Berlin und Brandenburg kostenlos helfen. Das gilt auch für bevollmächtigte Personen, die sich an einen Pflegestützpunkt oder anerkannten Betreuungsverein wenden.
- Bei Vorsorgevollmachten sollten die Bevollmächtigten eingeweiht sein und sich mit ihrer Unterschrift einverstanden erklären, auch wenn das nicht rechtlich notwendig ist. Vollmachtnehmer sollten mit der Aufgabe vertraut gemacht werden und sie freiwillig übernehmen.
- Bei Zweifeln oder Unsicherheiten sollten Sie unbedingt den Rat eines anerkannten Betreuungsvereins, eines Pflegestützpunktes in Anspruch nehmen oder kostenpflichtig beim Rechtsanwalt oder Notar einen Termin wahrnehmen.
- Je konkreter die Formulierungen oder vorausschauende Entscheidungen (z.B. was die Versorgung von Haustieren betrifft), desto sicherer ist es, dass im Sinne des zu Betreuenden gehandelt wird.
Text: Dagmar Scheibert