Füße mit Hallux valgus Erkrankung (Quelle: imago/MasAnyanka)
Bild: imago/MasAnyanka

- Hallux valgus: Ursachen, Symptome & Behandlung

Warum man einen Hallux valgus (Ballenzeh) bekommt, wann Übungen, Schiene oder OP helfen und wie er sich zurückbilden kann, erfahren Sie hier.

Der Hallux valgus, auch Überbein oder Ballenzeh genannt, ist die häufigste Veränderung am Fuß. Allein in Deutschland sind zehn Millionen Menschen betroffen. Die meisten sind Frauen. Zunächst können Fußgymnastik, Schienen oder Einlagen helfen. Reichen diese Behandlungen nicht aus, um einen Hallux zu bessern und den Ballenzeh in Schach zu halten, gibt es verschiedene Operationen, die Linderung bringen

Unsere Füße und ihre Gesundheit sind entscheidend für Mobilität und Unabhängigkeit: Im Laufe eines Lebens legen die Füße 160.000 Kilometer zurück, das entspricht vier Erdumrundungen. Tagtäglich verlangen wir von den Füßen Höchstleistungen - oft, ohne besonders auf sie zu achten.

Was ist ein Hallux valgus?

Bänder, Sehnen und Muskeln spannen sich rund um den Fuß wie die Rahmen und Streben eines Fensters. Lässt ihre Spannung nach, geht der Fuß in die Breite - es entsteht ein Spreizfuß.
 
Nach und nach kann dabei ein Hallux valgus entstehen. So nennt man die Fehlstellung an der Großzehe, genauer des Großzehengrundgelenkes, die teilweise starke Schmerzen verursachen kann:
Das Gelenk der Großzehe gerät dabei aus seiner Längsachse und verschiebt sich mit der Zeit immer weiter nach außen. Der Vorfuß verbreitert sich, und der Ballen wölbt sich vor - daher auch der Name Ballenzeh. Der große Zeh zeigt in die Richtung des kleinen Zehs, der erste Mittelfußknochen ist nach innen gerichtet.
 
Der Zeh sitzt nicht mehr richtig im Gelenk. In extremen Fällen liegt der Hallux valgus im 90-Grad-Winkel über die anderen Zehen.

Was ist der Unterschied zwischen Hallux valgus und Hallux rigidus?

Nicht zu verwechseln ist der Hallux valgus mit einem Hallux rigidus:
 
Beim Hallux rigidus, was übersetzt in etwa "steife Großzehe" heißt, nutzt sich der Knorpel im Großzehengrundgelenk ab. Es entsteht eine Arthrose, die zu Schmerzen und einem steifen Gelenk führt.
 
Im Unterschied dazu ist der Hallux valgus in erster Linie eine Fehlstellung - eben der Großzehe. Aber: Auch hier kann in der Folge eine Arthrose entstehen.

Mehr zum Thema gesunder Fuß

Ursachen: Wie kommt es zu Hallux valgus?

Der Hallux valgus entsteht häufig durch Veranlagung: Bis zu 60 Prozent der Betroffenen haben Familienangehörige, die ebenfalls unter einer Fehlstellung der Großzehe leiden. Großmutter, Mutter, Bruder - oft ist die große Zehe bei der ganzen Familie schief.
Ein erblicher Faktor, der eine wichtige Rolle bei der Entstehung von einem Ballenzeh spielt: schwaches Bindegewebe. Dadurch können Muskulatur und Knochen den Fuß nicht ausreichend stützen.
 
Andere Faktoren, die einen Hallux Valgus begünstigen sind z.B. Übergewicht, rheumatoide Arthritis und Berufe, in denen Menschen viel stehen, den Ballen des Fußes besonders belasten.
 
Auch enge Schuhe und geschlossenes Schuhwerk spielt eine Rolle: In Ländern, in denen die Leute vor allem Sandalen tragen oder viel barfuß gehen, sucht man die schiefe Großzehe oft vergeblich.
Fatal sind auch hohe Absätze: Ab eienr Höhe von etwa drei Zentimetern wird vermehrt Druck beim Stehen und Gehen auf den Vorfuß und den Ballen verlagert. Das fördert einen Spreizfuß, der wiederum den Hallux valgus (Ballenzeh) begünstigt.

Können Männer einen Hallux bekommen?

Auch Männer können einen Hallux valgus bekommen, allerdings viel seltener als Frauen: Nur einer von zehn Betroffenen ist männlich.
 
Die Risikofaktoren für den Hallux scheinen sich zwischen Männer und Frauen zu unterscheiden. In einer Studie untersuchten US-amerikanische Forscher des Institute for Aging Research in Boston, USA, 600 Frauen und Männer:
 
Einen Hallux bekamen vor allem Frauen, die einen niedrigen Body-Mass-Index (BMI) hatten, also sehr schlank waren, und hochhackiges Schuhwerk trugen.
Betroffene Männer waren hingegen übergewichtig und hatten Plattfüße. Diese Ergebnisse, so die Autorinnen und Autoren, legen die Vermutung nahe, dass der Hallux valgus bei Männern und Frauen auf unterschiedliche Art und Weise entsteht.

Diagnose: Wie erkennt man Hallux valgus?

Der Hallux valgus wird in mehrere Schweregrade eingeteilt. Sie richten sich danach, in welchem Winkel der große Zeh und der Mittelfußknochen verzogen sind, wie ausgeprägt also der Ballenzeh ist.
 
In der Regel reicht dem Arzt oder der Ärztin für die Diagnose - vor allem in vorangeschrittenen Fällen - ein Blick auf das Gelenk der Großzehe. Eventuell wird der Orthopäde noch ein Röntgenbild zu Rate ziehen um zu schauen, wie weit die Fehlstellung vorangeschritten und ob sich der Knorpel bereits abgenutzt hat und eine Arthrose droht.
 
Durch Tasten, mittels Ultraschall oder Druckmessung (Pedografie) untersuchen der Arzt oder die Ärztin, wie sich der Druck im Großzehengrundgelenk verteilt und ob die Muskel-Sehnen-Züge schon aus ihrem natürlichen Gleichgewicht geraten sind. Nur eine präzise Diagnose hilft dabei die richtige Behandlung zu ermitteln.

Schmerzen: Warum tut der Hallux weh?

Ohne Behandlung und bei anhaltendem Druck auf das Gelenk wird der Großzeh dauerhaft schief. Viele Menschen leben mit einem Hallux valgus, ohne dass sie groß Beschwerden haben.
 
Doch je weiter die Fehlstellung ohne Behandlung voranschreitet, umso unangenehmer kann sie werden und Schmerzen sowie Druckstellen auslösen.
Bekannte Beschwerden bei Hallux valgus sind:
 

• krampfartige stechende Schmerzen, teilweise schon in Ruhe,

Laufprobleme, eventuell schon auf kurzen Strecken,

• Schmerzen durch die darunter liegenden entzündeten und geschwollenen Schleimbeutel.

• Auch die Haut des Zehs kann schmerzhaft gereizt sein.

Frau mit Zehenspreizer Schiene (Quelle: imago/Jochen Tack)
Was kann man gegen einen Hallux tun?

In leichten Fällen - und das sind die meisten - sollte der große Zeh vor allem entlastet werden. Hier kann man selber etwas für die Behandlung tun:
Dafür hilft es, viel barfuß zu laufen, offene oder geweitete Schuhe zu tragen oder den Großzeh mit ringförmigem Schaumstoff zu polstern. Das nimmt den Druck vom deformierten Zeh.
 
Nachts kann man auch eine sogenannte Hallux valgus-Schiene angelegen, die das weitere Abdriften des Gelenks verhindert.

Übungen: Kann man Hallux valgus wegtrainieren?

Gezielte Übungen können die Fußmuskeln stärken und dehnen. Wichtig ist es, den großen Zeh und das Gelenk beweglich zu halten. Lassen Sie sich geeignete Übungen am besten von einem Physiotherapeuten zeigen.
 
Die Übungen können den Hallux valgus allerdings nur lindern, gerade wird der Zeh davon nicht wieder.
 
Bei schweren Fehlstellungen, etwa wenn der Zeh bereits zu stark verformt ist und starke Beschwerden, wie Schmerzen oder Gehschwierigkeiten, verursacht, reicht es nicht, den Zehn zu trainieren - die Fehlstellungen müssen dann operativ korrigiert werden.

Wann sollte man einen Hallux operieren lassen?

Trotz zahlreicher OP-Varianten und moderner Therapiemöglichkeiten für die Behandlung raten Expertinnen und Experten erst dann zu einem korrigierenden Eingriff bei einem Hallux, wenn man tatsächlich Beschwerden hat - nicht aber zur operativen Behandlung bei rein kosmetischen Problemen oder kleineren Fehlstellungen.
 
Zum einen, weil die Heilung langwierig ist, zum anderen, weil der Eingriff nicht immer die gewünschte Beschwerdefreiheit bringt - und auch die OP selbst Nebenwirkungen zur Folge haben kann.

Wie wird ein Hallux valgus operiert?

In der Literatur sind mehr als 100 Varianten von Operationen eines Hallux valgus beschrieben. Sie alle haben ein Ziel: den Zeh begradigen.
 
Wann welches Verfahren zur Behandlung infrage kommt, hängt unter anderem davon ab, wie stark der Hallux ausgeprägt ist, aber auch von den Vorlieben des jeweiligen Operateurs.
Die Möglichkeiten reichen von der Entfernung des Knochenvorsprungs über eine Umstellung (Osteotomie) des Mittelfußknochens hin zu einer Versteifungsoperation.
Je nach Methode werden zusätzlich zum Knochen auch Weichteile wie Sehnen, Muskeln und Schleimbeutel korrigiert.

Wie lange dauert es, bis eine Hallux valgus OP verheilt ist?

Die Heilung des Hallux valgus ist langwierig und dauert im Normalfall sechs bis acht Wochen. Der Fuß darf erst nach drei bis sechs Monaten intensiv belastet werden.
 
Krankschreibung:
Wie lange man krankgeschrieben sein muss, hängt vom jeweiligen Beruf ab. Angestellte mit Schreibtischjobs können meist nach zwei Wochen wieder ins Büro zurückkehren.
Wer viel Gehen und Stehen muss, wird bis zu acht Wochen arbeitsunfähig sein.
Bei schwerer körperlicher Arbeit kann eine Krankschreibung auch mal für zehn bis zwölf Wochen nötig sein.
 
Nach der OP:
Im Anschluss an den Eingriff tragen die Patienten meist über mehrere Monate einen Spezial-Schuh, der den Großzeh entlastet. Nach der OP verhindert regelmäßige Physiotherapie, dass das Gelenk versteift.

Folge-OP:
Bislang werden bei der OP vor allem Schrauben oder Drähte aus Titan oder Stahl verwendet, um die knöcherne Korrektur des Ballenzehs zu fixieren. Sie müssen nach einiger Zeit wieder entfernt werden.
Alternativ verwenden immer mehr Operateure Magnesiumschrauben. Der Vorteil: Magnesium regt das Knochenwachstum an. Zudem löst sich die Schraube innerhalb in ein bis zwei Jahren auf und wird durch Knochen ersetzt, so dass sie nicht wieder entfernt werden müssen. Dem Patienten wird dadurch die zweite OP erspart.
Magnesium löst viel seltener Allergien aus, so dass damit auch Patienten versorgt werden können, die allergisch auf Nickel und Titan reagieren.

Kann sich ein Hallux zurückbilden?

Hat sich ein Hallux valgus erst einmal ausgeprägt, kann sich die schiefe Stellung der großen Zehe nicht von allein zurückbilden.
 
Durch Gymnastik sowie spezielle Tapes lässt sich die Fehlstellung der Großzehe zumindest aber aufhalten. Regelmäßige und richtige Fußgymnastik oder Zehengymnastik, Schienen, Einlagen und Massagen stärken die Muskeln und den Fuß und beugen dem Voranschreiten der Fußdeformität und des Ballenzehs vor.

Kann man Hallux valgus heilen?

Heilen lässt sich der Hallux valgus nicht, die Fehlstellung kann man auch durch gezielte Übungen nicht umkehren.
 
Besser, als im Nachhinein therapeutisch einzugreifen, ist: Hallux valgus vorbeugen.
Dabei hilft:
• Tragen Sie am besten Schuhe mit stabiler Ferse, beweglichem Vorderfuß und einem nicht zu stark vorgeformten Fußbett - dieses Schuhwerk ist für Ihren Fuß am gesündesten.
• Experten raten außerdem dazu, mehr barfuß zu laufen: Die Reize aktivieren und stärken die Fußmuskulatur. Zusätzlich stabilisiert das nackte Laufen Sehnen und Bänder.
• Auch Laufen, Springen und Tanzen kräftigen Fasern, Sehnen und Bänder. Besonders effektiv ist Seilhüpfen als Kraft- und Geschicklichkeitstraining - idealerweise ohne Schuhe.

Beitrag von Constanze Löffler

Mehr zu Rheuma & Arthrose

RSS-Feed
  • Arthrose: Physiotherapeut an Knie eines Patienten, darauf 3D-Knochenabbildung (Bild: imago/Westend 61)
    imago/Westend 61

    Therapien bei Schmerzen im Gelenk 

    Arthrose: Symptome, Ursachen & Behandlung

    Arthrose führt oft zu Gelenkschmerzen in Schulter, Finger oder Knie. Wie man Symptome erkennt und welche Behandlung hilft, lesen Sie hier.

  • Ellenbogen-Röntgenbild von einem an Rheuma erkrankten Kindes (Bild: COLOURBOX)
    COLOURBOX

    Diagnoseverfahren 

    Diagnose Rheuma mit dem Rheumascan-Verfahren

    Der Rheumascan ist ein bildgebendes Verfahren um Rheuma im frühen Stadium an den Händen und Handgelenken diagnsotizieren zu können.

  • Frauen machen Übungen mit Hanteln (Quelle: Colourbox)
    Colourbox

    Therapie 

    Rheuma Behandlung: Von Medikamenten bis Ernährung

    Bei Rheuma gibt es viele wirksame Therapien. Infos zu Medikamenten, Biologika, Naturheilkundlichen Therapieverfahren und zur Ernährung stehen hier.

  • Hände halten schmerzendes Knie (Bild: imago images/Panthermedia)
    imago images/Panthermedia

    Interview l Wenn Arthroseschmerz täuscht 

    Schmerz im Gelenk: Schuld ist nicht immer die Arthrose

    Wer Arthrose hat, hat vor allem oft Schmerzen - doch an denen muss der "Knochenkontakt" im Gelenk gar nicht direkt schuld sein. Sie können z.B. muskuläre Ursachen haben, die man leicht übersieht oder unterschätzt. Wie man wahre Schmerzursachen aufdeckt, haben wir Dr. Jan Emmerich gefragt, Chefarzt der Klinik für Manuelle Medizin der Sana Kliniken Sommerfeld.

  • Hände mit gebeugten Fingergelenken (Bild: imago images/Panthermedia)
    www.imago-images.de

    Interview I Arthrose in den Händen 

    Arthrose: Fingergelenkprothesen und Alternativen

    Arthrose in den Fingergelenken kann die Beweglichkeit der Hände sehr einschränken und zu heftigen Schmerzen führen. Am Anfang der Therapie stehen stets nicht-operative Methoden. Aber was können sie erreichen und wann ist eine Gelenkprothese nötig? rbb Praxis hat Dr. Martin Lautenbach gefragt, Orthopäde, Unfall- und Handchirurg am Krankenhaus Waldfriede in Berlin-Zehlendorf.

  • Zwei Frauen bei einer Übung zur Stabilisation des Hüftgelenks (Quelle: imago/allOver)
    imago/allOver

    Ursachen, Therapie, Vorbeugung 

    Arthrose: Wenn der Knorpel sich verabschiedet

    Arthrose ist die weltweit häufigste Gelenkerkrankung: Knorpel, der für unsere Gelenke unverzichtbar ist, bildet sich zurück. Die Folge: Knochen treffen ungeschützt aufeinander, Gelenke nutzen sich ab. Das kann schmerzhaft werden; letzte Antwort der Orthopäden ist häufig: eine Prothese. Doch was steckt hinter der rätselhaften Erkrankung und was kann man tun, um Schmerzen zu lindern und eine OP zu umgehen?

  • 3D-Grafik eines Kniegelenkes in menschlichem Knie (Bild: imago/Panthermedia)
    imago/Panthermedia

    Knorpelersatz im Knie 

    Neuer Knorpel: Läuft wie geschmiert

    Das Knie ist eines der wichtigsten Gelenke überhaupt: Damit drehen, beugen, rotieren wir – ohne ein intaktes Gelenk ginge Fortbewegung nur unter Schmerzen. Doch was tun, wenn der schützende Gelenkknorpel Schaden nimmt? Seit Jahrzehnten tüfteln Forscher daran, Knorpel zu ersetzen.

Zum Weiterlesen

Frau greift sich an schmerzende Wade (Bild: imago/Science Photo Library)
imago/Science Photo Library

Tipps bei Schmerzen, schweren Beinen & Co. - Das hilft, das schadet unseren Beinen

Unsere Venen transportieren das Blut zurück zum Herzen, täglich etwa 7.000 Liter, oft gegen die natürliche Schwerkraft. Besonders häufig spüren wir die damit verbundene Anstrengung in den Beinen, denn gerade von hier ist der Weg besonders weit. "Schwere Beine", Missempfindungen und Schmerzen in den Waden sind für viele die unangenehme Folge. Schicksal ist das nicht - wir können unseren Beinen helfen. Was hilft und was schadet?

Grafik einer gichtbedingten Arthrose im Zehengelenk (Bild: imago/StockTrek Images)
imago/StockTrek Images

Erkennen, behandeln, vorbeugen - Stoffwechselerkrankung Gicht: Gelenke in Gefahr

Gicht gilt vielen als Krankheit der Könige und eine von gestern - aber sie ist die häufigste Form der Gelenkentzündung in Deutschland und ein echtes First World Problem. Ein Gichtanfall kommt aus heiterem Himmel: Das Gelenk des großen Zehs schmerzt, als ob winzige Scherben darin knirschen. Oft ist das Gelenk auch gerötet, geschwollen, manchmal haben Betroffene Fieber.