
Schmerzen in der Hüfte - Hüftarthrose (Coxarthrose): Symptome & Behandlung
Bei Hüftarthrose wird die Knorpelschicht der Knochen im Hüftgelenk durch Verschleiß dünner. Die Folge: Schmerzen, gerade bei Bewegung. Was hilft?
Was ist Hüftarthrose?
Ganz generell kann man sagen, dass Arthrose die häufigste Gelenkerkrankung ist: Ab dem 40. Lebensjahr tritt der Gelenkverschleiß oft in Erscheinung – ab den 70ern des Lebens haben rund 80 Prozent der Bevölkerung eine Form der Arthrose. Nicht alle Formen verursachen Beschwerden. Leider gehört die Hüftarthrose (neben der des Knies) aber ausgerechnet zu den Formen, die oft für Schmerzen und Bewegungseinschränkung sorgen.
Zentral für die Hüftarthrose (auch Hüftgelenksarthrose oder Coxarthrose) ist die Degeneration des Gelenkknorpels in der Hüfte (hyaliner Knorpel). Das heißt: Die fast transparente, schützende Gewebeschicht zwischen Gelenkkopf und Gelenkpfanne der Hüfte ist also bei Hüftarthrose über das alterstypische Ausmaß hinaus verschlissen und geschädigt. Fatal, denn der Gelenkknorpel der Hüfte ist ein eigentlich besonders druckfestes und elastisches Material, das z. B. beim Gehen, Stehen, Radfahren & Co. wie ein sattes Polster Stöße und Druck abfängt. Der Knorpel macht das geschmeidige Gleiten des Kugelgelenks überhaupt erst möglich, also vom Hüftkopf des Oberschenkelknochens (Caput femoris) in der Gelenkpfanne des Beckens (Acetabulum).
Hüftgelenksarthrose (Coxarthrose) ist ein langsam fortschreitender und eben degenerativer Prozess: Die Knorpelschicht auf den Knochen wird rissig und verliert immer weiter an Substanz. Dadurch wird der Gelenkspalt insgesamt immer schmaler. Der Körper reagiert darauf in fortgeschrittenen Stadien mit der Bildung von mehr Knochensubstanz (Ärztin oder Arzt sprechen auch von Knochenspangen oder Osteophyten). Diese Neubildungen an den Knochen lassen sich auch gut im Röntgenbild erkennen und helfen bei der Diagnose.
Arthrose wird im täglichen Sprachgebrauch gerne mit Verschleiß oder Abnutzung gleichgesetzt – aber der Begriff kann verwirren, denn bei der Hüftarthrose (oder jeder anderen Arthrose) geht es eben nicht um eine normale "Abnutzung", sondern um ein krankhaftes Ungleichgewicht zwischen knorpelaufbauenden & knorpelabbauenden Prozessen bzw. knorpelschützenden & knorpelschädigenden Vorgängen.
Solche Prozesse finden auch im gesunden Hüftgelenk permanent statt – aber eben ausgeglichen. Bestenfalls "ernährt" dabei regelmäßige Bewegung den Knorpel, denn der braucht diese Bewegung und Druck, damit Nährstoffe überhaupt hinein gelangen. Hintergrund: Obwohl der Gelenkknorpel nicht am Blutkreislaufsystem angeschlossen ist, wird er durch die Gelenkflüssigkeit mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Der Knorpel funktioniert unter Bewegung wie eine Art Schwamm: Bei Druck auf das Gelenk wird er zusammengedrückt und Gelenkflüssigkeit entweicht. Bei Entlastung saugt der Knorpel wieder frische Gelenkflüssigkeit auf.
Bei der Hüftarthrose geht’s also nicht um ein normales Maß an Bewegung, das zum "Verbrauch" der Knorpelsubstanz geführt hat, sondern um eine Disbalance im Stoffwechsel des Gelenks und des Knorpels, die solche Folgen hat:
• Schädigung des Knorpelgewebes im Hüftgelenk
• Zunahme von Entzündungsprozessen im Knorpelgewebe des Hüftgelenks
• Abbau des Knorpels (Knorpelschicht wird dünner)
• Druck und Schmerz bei Bewegung in Hüfte und / oder Leiste.
In jedem Fall gilt: Je früher das Problem Coxarthrose erkannt wird, desto schneller kann man damit beginnen die Hüftarthrose zu bekämpfen und gezielt zu verlangsamen.
Ursachen & Risikofaktoren von Hüftarthrose
Nicht immer sind die Ursachen einer Hüftarthrose (Coxarthrose) bei der Diagnose durch Ärztin oder Arzt klar zu erkennen (früher sprachen Mediziner in diesen unklaren Fällen von der primären Coxarthrose).
Aber es gibt Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit für Hüftarthrose und den Verlauf von Coxarthrose verstärken oder selbst zur Ursache werden, wie:
• Genetische Veranlagung (z. B. angeborene Schwäche des Gelenkknorpels)
• Angeborene Fehlstellungen oder Erkrankungen der Hüfte bzw. im Hüftgelenk
• Frühere oder unentdeckte aktuelle Verletzungen der Hüfte (Traumata wie Knochenbruch, Haarriss, etc.)
• Übergewicht und Adipositas
• Hohe Belastung durch harte körperliche Arbeit und /oder Sport (Leistungssport)
• Starke und / oder dauerhafte Überbelastung der Hüfte durch Sportarten mit starker Stoßbelastung (Fußball, Handball, etc.)
• Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Gicht bzw. Hyperurikämie, Hämochromatose (genetisch bedingte vermehrte Eisenablagerung im Körper) oder auch Durchblutungsstörungen
• Hüftimpingement (ähnlich dem Schulterimpingement bildet sich neues Knochengewebe, dass dann zu Bewegungseinschränkungen und Schmerz führt)
• Entzündungsprozesse im Körper, z. B. durch andere Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, die zu einer Coxitis (Hüftgelenksentzündung) führen
• Infektionen, z. B. durch Bakterien
• Nebenwirkungen von Medikamenten auf den Stoffwechsel des Knorpels
• Bewegungsmangel, der zur Unterversorgung der Knorpel mit Nährstoffen führt (Hyaluronsäure – die Gelenkschmiere – wird in Folge nicht ausreichend gebildet).
Symptome: Welche Schmerzen hat man bei Hüftarthrose?
Eine Hüftarthrose ist am deutlichsten durch Bewegungsschmerzen in Hüfte und Leiste geprägt. In späteren Stadien können die Schmerzen auch in Ruhe oder sogar als Nachtschmerzen auftreten. Typisch sind z. B. Anlaufschmerzen (nach Ruhe), Schmerzen beim Treppensteigen und Gehen und eine abnehmende Belastbarkeit der Hüfte über den Tag hinweg. Auch wenn der Oberschenkel nach innen gedreht wird, treten oft Schmerzen auf – beispielsweise, wenn man die Beine im Sitzen übereinanderschlägt. Eine Steifheit der Hüfte oder Druckgefühl auf Hüfte und Leiste werden ebenso häufig beschrieben.
Folgen der Hüftschmerzen sind dann Bewegungseinschränkungen und z. B. oft Schonhaltung, die zu weiteren Schmerzen in Rücken, Hüfte oder Beinen und Gesäß führen kann. Nicht selten ist daher auch, dass Patientinnen und Patienten unter Knieschmerzen leiden und sogar eigentlich zu Arzt oder Ärztin gehen, weil sie eine Kniearthrose vermuten.
Die Entwicklung der Symptome von Hüftgelenksarthrose sind kaum abschätzbar und der Verlauf ist schleichend. Oft haben Betroffene monatelang oder sogar jahrelang mit relativ gleichbleibenden Beschwerden zu kämpfen.
Andere empfinden die Schmerzen und Beschwerden als in Schüben auftretend: Über einige Tage nehmen die Schmerzen stark zu, fühlen sich stechend und pulsierend an und es kann auch zu Schwellungen kommen.
Diagnose: Wie testet man auf Hüftarthrose?
Im Zentrum einer Diagnose sollten die Beschwerden des Patienten bzw. der Patientin stehen – gerade deshalb, weil auch durch bildgebende Verfahren sichtbare Abnormitäten nicht zwingend behandlungsbedürftig sind oder im Zusammenhang mit einer Einschränkung der Lebensqualität stehen.
Am Anfang steht darum eine sorgfältige Anamnese, also das ausführliche Patientengespräch. Hier geht es um die Beschwerden, erbliche Risikofaktoren (Fälle in der Familie), vorhandene Erkrankungen und auch den Lebensstil (Gewicht, Ernährung und Bewegung).
Weiteres Mittel zur Diagnose ist die Palpation, also das Abtasten der Gelenke und Strukturen: Gibt es druckempfindliche Stellen? Schwellungen? Diese Fragen stehen im Vordergrund.
Für die körperliche Untersuchung schaut sich Arzt oder Ärztin auch an, wie Betroffene gehen oder stehen (Ganganalyse), ob es Schonhaltungen gibt, Muskelschwächen, Fehlstellungen der Hüfte, des Beckens usw., außerdem wird dann im Liegen die Hüftbeweglichkeit durch Tests ermittelt. Dabei wird das gestreckte Bein und das angewinkelte Bein in verschiedene Richtungen bewegt und Patient oder Patientin auch nach Schmerzen befragt. Bei dieser Untersuchung lässt sich u. U. auch feststellen, inwieweit es schon zu Muskelabbau durch den Verschleiß an der Knorpelschicht gekommen ist oder eben: wie stark die umgebenden Muskeln sind.
Zu den Klassikern bei den bildgebenden Verfahren zählt dann das Röntgenbild. Oft werden zwei gemacht – auch eines von der Seite. Der Knorpel selbst ist in einem Röntgenbild nicht sichtbar, aber Orthopädin oder Hausarzt können auf dessen Verschleiß aus der Größe des Gelenkspalts schließen (Abstand zwischen Gelenkkopf und Gelenkpfanne). Grob gesagt gilt: Je kleiner der Gelenkspalt, desto weniger Knorpel ist noch da.
Außerdem können beispielsweise auch diese Dinge im Röntgenbild sichtbar werden:
• Osteophyten (Neubildung von Knochensubstanz, die spangenförmig oder dornförmig ausfallen können)
• Hat sich die Knochenstruktur unter dem Knorpel verändert? (Sklerosierungen oder Zysten)
• Sind die Gelenkteile (Hüftkopf und Gelenkpfanne) verformt oder sonst verändert?
• Gibt es abgestorbenes Knochengewebe bzw. Knochenstücke (Nekrose), die zu Problemen führen (könnten)?
Weitere bildgebende Verfahren im Einsatz bei Verdacht auf Hüftarthrose sind die Sonographie (Ultraschalluntersuchung) und die MRT (Magnetresonanztomographie). Da eine MRT mit erheblichen Kosten verbunden ist, wird sie in der Regel erst eingesetzt, wenn die Diagnose nach den anderen Verfahren nicht klar ist. Beide Untersuchungen, die Ultraschalluntersuchung und die MRT, haben jedenfalls den Vorteil, dass auch Weichteile abgebildet werden können. Entzündungszeichen sind z. B. wichtige Indizien (auch für eine Differentialdiagnose, falls also Arthrose nicht die Ursache ist). Auch den Zustand von Knorpel, Sehnen, Bändern und überhaupt Weichteilen machen diese Verfahren auf unterschiedlichen Levels sichtbar.
Bluttests können sinnvoll sein, um Entzündungsparameter und Hinweise auf andere ursächliche Erkrankungen für die Hüftarthrose zu erkennen, z. B. Gicht.
Behandlung: Was kann man gegen Hüftarthrose tun?
Zuerst einmal kann man an allgemeinen Faktoren gegen den Gelenkverschleiß schrauben:
• Übergewicht reduzieren, Adipositas vermeiden (Belastung durch Körpergewicht auf Hüftgelenk reduzieren)
• Hüftgesunde Bewegung fördern (z. B. Gehen oder Walking), um die "Knorpelernährung" anzukurbeln
• Durch gutes (orthopädische Techniken nutzendes) Schuhwerk die Belastung fürs Hüftgelenk mildern
• Bei Vorerkrankungen wie Diabetes, Gicht, usw.: eventuell Behandlung überprüfen und auf eine gute Einstellung hinwirken
• regelmäßig eingenommene Medikamente gegebenenfalls mit Ärztin oder Arzt auf Nebenwirkungen in Sachen Arthrose checken.
Dann gibt es konservative Therapien, die einerseits die Lebensqualität erhalten und Schmerzen bekämpfen, andererseits die Beweglichkeit der Hüfte erhalten und Entzündungen vermeiden oder lindern sollen. Die wichtigsten Elemente konservativer Behandlung sind:
• Schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente aus der Gruppe der NSAR (nicht steroidale Antirheumatika). Dazu zählen Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen oder so genannte Cox-2-Hemmer, wie Celexoib oder Etoricoxib.
• Belastungsänderungen durch gut dämpfendes Schuhwerk, orthopädische Einlagen oder Schuhe
• Bewegungstherapien wie Physiotherapie, Funktionstraining mit Fokus auf Oberschenkelmuskeln und Hüftmuskulatur, spezielle Reha, EMS-Training (Muskeltraining mit Elektromyostimulation), usw.
• Schmerzmittel, also Analgetika, können auch eingesetzt werden, um überhaupt wieder Bewegung zu ermöglichen, die enorm wichtig ist
• Kortisonspritzen (sind aber keine langfristige Lösung)
• Radiosynoviorthese (RSO): Spritzen mit radioaktiver Substanz werden ins Gelenk gesetzt und sollen dort Entzündungsprozesse stoppen
• Hyaluronsäure-Spritzen: Hyaluron (kommt natürlicherweise auch im gesunden Gelenk vor) soll die Gleitfähigkeit im Hüftgelenk verbessern und Schmerzen lindern.
• Antientzündliche Ernährung.
Hilft alles nicht weiter und eine Patientin oder ein Patient leidet, kommen noch operative Therapien in Frage:
• Hüftarthroskopie: mittels eines minimalinvasiven Eingriffs können z. B. Knorpelschäden behandelt werden, freie Knochenstücke und Gelenkkörper entfernt werden, die Gelenkschleimhaut behandelt oder Störfaktoren durch Impingement entfernt werden.
• Gelenkfehlstellungen können korrigiert werden und so Schmerzen bekämpft und die Lebensqualität verbessert werden.
• Hüftgelenksendoprothesen werden in einer OP eingesetzt, sprich: die neue Hüfte per Gelenkersatz. Ärztinnen und Ärzte sprechen auch von Hüft-TEP (Totalendoprothese).
Grundsätzlich werden für die Totalendoprothese (TEP) zwei Arten von Hüftprothesen verwendet: zementfreie und zementierte Prothesen. In 80 Prozent der Fälle werden in Deutschland zementfreie TEPs eingesetzt, obwohl sie in Studien nicht besser sind. Zementierte TEPs kommen häufiger bei Patientinnen und Patienten mit schlechter Knochenqualität (Dichte), Osteoporose oder Beschädigung der Knochensubstanz durch vorherige Brüche (nach Sturz) zum Einsatz.
Hüftarthrose: Behandlung ohne OP?
Konservative Behandlungsmethoden gegen Gelenkverschleiß im Hüftgelenk sind aus Sicht von Medizinerinnen und Ärzten in jedem Fall lohnenswert: Mindestens sollte man sie ausprobieren, viele Ärzte raten zum vollen Ausschöpfen.
Je nach eigenem Anspruch an die Lebensqualität (nicht nur Schmerzfreiheit, sondern auch Beweglichkeit, Mobilität und sportliche Aktivität auch im hohen Alter, etc.) kommt die Patientin oder der Patient aber im Verlauf der Hüftarthrose an eine Grenze des Hinnehmbaren. Ob und wann die erreicht ist – nach Monaten, Jahren oder gar nicht – ist eine sehr individuelle Entscheidung. Wichtig ist aber: eine gute Beratung!
Wann muss man bei Hüftarthrose operieren?
"Die Möglichkeiten, nicht zu operieren, sind bei Arthrose insgesamt eher begrenzt", sagt Prof. Dr. Carsten Parka, Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie der Charité Berlin im rbb Praxis-Interview.
Tatsächlich kann es sein, dass Patientin oder Patient bei einer konservativen Therapie am Hüftgelenk an die Grenzen ihrer Belastung stoßen – die Therapiemethoden wirken gar nicht oder nicht mehr und der Leidensdruck durch Einschränkungen in Bewegungsfreiheit und im Alltag, sowie vor allem Schmerzen, sind sehr groß.
Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) geben klare Indikationen dafür, wann eine Hüft-OP zum Zweck des Hüftgelenkersatzes als Möglichkeit in Frage kommen sollte. Zentrale Kriterien sind:
• Schmerzen durch die Hüftarthrose beeinträchtigen das Leben der Betroffenen.
• Schmerzmittel und konservative Therapien über mindestens drei Monate haben keine genügende Linderung gebracht.
• Die Diagnose Hüftarthrose ist gesichert, Röntgenbilder bestätigen sie.
• Ärztin und Patient haben gemeinsam Optionen erwogen. Der oder die Betroffene ist über Vorteile, Nachteile und eventuelle Komplikationen umfassend informiert.
Beitrag von Lucia Hennerici