Seniorin mit Rollstuhl lässt sich von Ärztin beraten (Quelle: Colourbox)
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Eine frühe Diagnose ist wichtig - Osteoporose - Was hilft gegen den Knochenschwund?

Unbemerkt verlieren unsere Knochen über die Jahre an Härte. Wenn Wirbelkörper bersten, folgen oft weitere körperliche Einschränkungen. Die Früherkennung von Osteoporose könnte tausende Brüche verhindern und Älteren ein unbeschwertes Leben ermöglichen

Etwa acht Millionen Deutsche leiden an Knochenschwund. Jede dritte Frau und jeder fünfte Mann über 50 Jahren erleiden im Verlaufe des Lebens einen Knochenbruch durch Osteoporose. Die Erkrankung gilt in Europa und Nordamerika als Volkskrankheit. Insgesamt sind hierzulande etwa 6,5 Millionen Frauen und 1,3 Millionen Männer erkrankt, Tendenz steigend. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland hinter Skandinavien und den USA im Mittelfeld.
 
Ab dem 40. Lebensjahr verliert der Körper jedes Jahr etwa 0,5 Prozent seiner Knochenmasse – ein normaler Vorgang. Bei einer Osteoporose ist der Knochenabbau jedoch beschleunigt. Die Sturzgefahr und das Risiko, dass Knochen bei harmlosen Belastungen oder Bewegungen brechen, sind erhöht.
 
Osteoporose entsteht, wenn:
• die Balance zwischen den Knochen aufbauenden Zellen (Osteoblasten) und abbauenden Zellen (Osteoklasten) gestört ist,
• dadurch die Knochenmasse abnimmt,
• die Mikroarchitektur des Knochens zerstört wird und Hohlräume entstehen,
• das Tragwerk feine Risse bekommt.

Krankheitszeichen

Besonders häufig bersten Hüft- und Handgelenksknochen sowie Wirbelkörper. Jährlich treten allein 100.000 neue Brüche des Hüftknochens auf. Etwa die Hälfte der Menschen mit einer osteoporotischen Fraktur erleiden weitere Knochenbrüche, wobei sich das Risiko für Folgebrüche mit jedem Bruch erhöht. Viele Betroffene leiden infolge der Knochen- und Wirbelbrüche unter starken Schmerzen. Wegen der Schmerzen bewegen sich die Betroffenen noch weniger, so dass weitere Knochenmasse verloren geht. Am Ende dieses Teufelskreises stehen häufig Invalidität, Pflegebedürftigkeit oder gar der Tod.

Risikofaktoren

In neun von zehn Fällen liegt eine altersbedingte Osteoporose vor. Besonders häufig tritt diese bei Frauen in und nach den Wechseljahren auf. Bei ihnen nimmt das weibliche Hormon Östrogen ab, das den Knochen normalerweise vor dem allzu raschen Abbau schützt. Infolge der zunehmenden Lebenserwartung leiden aber auch immer mehr Männer unter der Knochenkrankheit. Viel seltener ist die sogenannte sekundäre Osteoporose als Folge von Hormonentgleisungen, dauerhaft entzündlichen Krankheiten, Medikamenten oder einer unausgewogenen Ernährung.
 
Einige Faktoren erhöhen das Risiko für osteoporotische Knochenbrüche:
• Verminderte Knochendichte
• Weibliches Geschlecht
• Zunehmendes Alter
• Familiäre Belastung
• Bereits erlittene Wirbel- und Knochenbrüche
• Sturzneigung/-gefährdung
• Bestimmte Medikamente und Erkrankungen
• Bewegungsmangel
• Nikotinkonsum
• Untergewicht (BMI < 20 kg/m2)

Früherkennung

Meist merken Betroffene nicht, dass sie an Osteoporose leiden. Wenn überhaupt, wird die Erkrankung erst nach dem ersten Wirbelbruch diagnostiziert. Anzeichen für eine fortschreitende Osteoporose können Rückenschmerzen sein, aber auch weniger auffällige Symptome wie Größenverlust, ein Rundrücken oder Muskelverspannungen mit folgender Schonhaltung. Experten raten bei einem entsprechenden Verdacht, beim Hausarzt oder Orthopäden ein individuelles Risikoprofil erstellen zu lassen. Der Osteoporose-Risikotest umfasst verschiedene Parameter:
• Lebensstil
• Ernährung
• Krankheiten
• Medikamente
• Alter

Diagnose

Experten raten zu weiterer Diagnostik, wenn bei dem Test mehrere Risikofaktoren zusammenkommen. Der Facharzt kann dann zum Beispiel eine Knochendichtemessung durchführen, die sogenannte Osteodensitometrie (DXA). Über die Messung des Mineralsalzgehaltes wird per Röntgenstrahlen die Menge und Verteilung der Knochenmasse bestimmt. Bei niedriger Knochendichte können vorbeugende Medikamente sinnvoll sein.
Weitere sinnvolle bildgebende Verfahren sind die quantitative Computertomografie (QCT) und Kernspin (MRT). Letzteres weist bereits stattgefundene Knochenbrüche nach.
Ein Bluttest liefert verschiedene Informationen über den Knochenstoffwechsel und die Risikofaktoren, die ihn beeinflussen.

Therapie: Medikamente

Osteoporose-Patienten erhalten spezifische Medikamente in Kombination mit Kalzium und Vitamin D. Vitamin D regelt den Kalzium- und Phosphathaushalt und ist für einen stabilen Knochenaufbau mitverantwortlich. Der Körper bildet es normalerweise mit Hilfe von UV-Strahlen in der Haut. Der Knochen braucht das Hormon, um Kalzium einzubauen. Kalzium ist der wichtigste Baustein der Knochensubstanz. Ansonsten unterscheiden Ärzte zwischen Präparaten, die den weiteren Knochenabbau hemmen und solchen, die den Knochenaufbau fördern.
 
Den Knochenabbau hemmende Präparate
Die meisten Substanzen hemmen den Knochenabbau. Gängige Basistherapie sind sogenannte Bisphosphonate. Darin enthaltene Wirkstoffe hemmen die Knochenfresszellen. Der poröse Knochen stabilisiert sich, die Gefahr für Knochenbrüche sinkt. Bisphosphonate können Knochennekrosen auslösen, speziell der Kieferknochen ist gefährdet. Es gibt die Präparate als Tabletten oder Injektion.
 
Seit 2010 ist das Medikament Denosumab zugelassen. Der biotechnologisch hergestellte Antikörper bindet und inaktiviert einen Botenstoff, der den Knochenabbau fördert. Im Ergebnis bremst er den Knochenabbau.

 
Den Knochenaufbau unterstützende Präparate
Der einzig verfügbare Wirkstoff, der den Knochenaufbau stimuliert, ist Teriparatid. Diese Variante des menschlichen Nebenschilddrüsenhormons ist sehr teuer. Teriparatid darf daher erst eingesetzt werden, wenn die anderen Arzneimittel erfolglos geblieben sind.

Therapie: OP

Manche Patienten mit frischen Wirbelbrüchen profitieren von der sogenannten Kyphoplastie. (griech. "kyphos" - Wirbel, "plastein" - bilden). Der Eingriff soll den Wirbelkörper wieder zu normaler Größe aufrichten und dauerhaft stabilisieren. Unter Röntgenkontrolle werden dafür zwei winzige Stents eingebracht. Dann spritzt der Operateur in den durch die Stents abgesicherten Hohlraum im Wirbel einen speziellen Knochenzement ein. Der Zement verfestigt sich nach etwa 15 Minuten. Die Studienergebnisse zur Wirksamkeit der Kyphoplastie sind aktuell widersprüchlich, Langzeitergebnisse fehlen bislang. Zudem ist der Eingriff nicht für jeden Wirbelbruch geeignet. Sind zum Beispiel die Deckplatten der Wirbel komplett eingebrochen oder die Hinterkanten nicht mehr ausreichend stabil, kann Zement in den Wirbelkanal eindringen und das Rückenmark schädigen. Im schlimmsten Fall wäre eine Querschnittlähmung die mögliche Folge. Tatsächlich sind schwere Komplikationen allerdings höchst selten.
 
Diese Patienten können profitieren
Patienten werden mit einer Kyphoplastie behandelt, wenn auf sie einer oder mehrere der folgenden Punkte zutreffen:
• bei einem Ausmaß des Schmerzes auf der Schmerzscala von > 5 (Schmerzscore VAS)
• nach einem über drei Wochen erfolglosen, intensiven, dokumentierten konservativen Therapieversuch
• nach Berücksichtigung anderer Schmerzursachen
• nach dokumentierter interdisziplinärer Einzelfalldiskussion

Therapie: nicht-medikamentöse Anwendungen

Patienten können ihre bruchbedingten Schmerzen zudem durch konservative, gezielte und individuell einsetzbare Maßnahmen lindern. Dazu zählen:
• Physiotherapie
• Wärmepackung
• Autogenes Training
• Vakuummassage
• Behandlung mit niederfrequentem Strom
 
Diese Anwendungen stellen die Muskel-Skelett-Balance wieder her, stabilisieren Bewegungsabläufe, mobilisieren die Wirbelsäule durch sanfte Drehbewegungen und lockern das Gewebe.

Aktiv gegen die Osteoporose: Bewegung

Das wirksamste Mittel gegen Osteoporose ist körperliches Training. Die mechanischen Reize stimulieren den Knochen und fördern den Knochenaufbau. Kraftsport verbessert das Zusammenspiel der Muskeln und die Balance. Er beugt zudem folgenschweren Stürzen vor. Gerade ältere Menschen profitieren vom Muskelaufbau. Aktuelle Studienergebnisse belegen, dass Muskeltraining zusätzlich zu Medikamenten Balance, Dehnung, Kraft und Leistung fördert. Das Krafttraining sollte zwei bis dreimal die Woche stattfinden – im Fitnessstudio, Verein oder bei einem Gesundheitskurs.

Aktiv gegen die Osteoporose: Vibrationsbrett

Auch schnelle Vibrationen – ausgelöst durch das Sportgerät "Galileo" – können gegen Osteoporose helfen. "Galileo" wurde 1996 im Auftrag der Weltraumorganisationen NASA und ESA entwickelt, um Muskel- und Knochenabbau von Astronauten im All entgegenzuwirken. Auf der Erde hilft die Vibrationstechnologie nachweislich auch gegen Osteoporose. Dabei steht die Patientin oder der Patient auf einer Platte, an der Stahlfedern befestigt sind. Ein Motor bringt die Federn zum Schwingen und simuliert so den menschlichen Gang.
Durch die Vibration zieht sich die Muskulatur mehrmals in der Sekunde zusammen. In zehn Minuten werden so viele Muskeln angesprochen, als wenn die Person 9.000 Schritte läuft. Gleichzeitig werden bei dem Training Balance und Gleichgewicht geübt.

Ernährung: möglichst kalziumreich

Erwachsene sollten 1.000 bis 1.200 Milligramm Kalzium pro Tag zu sich nehmen: durch Milch und Milchprodukte oder kalziumangereicherte Produkte wie Soja-Milch, Soja-Joghurt und Hafermilch. Vor allem Tilsiter und Emmentaler liefern viel Kalzium. Aber auch bestimmte Gemüsesorten wie Grünkohl, Staudensellerie, Fenchel und Brokkoli enthalten viel vom wichtigsten Mineralstoff des Körpers. Fertigprodukte und Fast Food hingegen enthalten viel Salz, Zucker, Phosphat und sind somit klassische Kalziumräuber.

Ernährung: auf Vitamin D-Spiegel achten

Vitamin D wird unter Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet. Es kann aber auch als Nahrungsergänzungsmittel oder über Lebensmittel wie fettreichen Fisch, Eier, Champignons, Avocado, Sesampaste oder Milch aufgenommen werden.

Möglichkeiten der Prophylaxe

Die folgenden Maßnahmen wirken sich rasch und günstig auf die Knochen aus:
• Vermeidung von Untergewicht (BMI < 20 kg/m2)
• Ausreichende Zufuhr von Kalzium, Vitamin D, Vitamin B12 und Folsäure
• Nikotinverzicht
• Körperliches Training
• Sturzprophylaxe
• Medikamente auf knochenschädigende oder sturzfördernde Wirkung überprüfen

Infotext: Constanze Löffler

Frau hält Röntgenbild in die Kamera (Bild: Colourbox)
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Osteoporose erkennen, behandeln, vermeiden - Wenn Knochen wegbröckeln

Osteoporose trifft nur Frauen? Von wegen! Auch ältere Männer haben ein erhöhtes Risiko, dass ihre Knochen an Festigkeit verlieren und schneller brechen. Astronauten übrigens auch (egal ob männlich oder weiblich). Die rbb Praxis hat für Sie zehn wichtige Fakten rund um den "Knochenschwund": wie man ihn erkennt, was dagegen hilft und wie Sie vorbeugen können.