Leere Speisenbehaelter (Quelle: imago/allOver-MEV)
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Gesundheitsrisiko durch Aluschalen - 'Keine Menüschalen aus unbeschichtetem Aluminium'

Menüschalen sind praktisch, um darin Essen auszuliefern. Nun haben Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) herausgefunden, dass unbeschichtete Alu-Schalen Aluminium an Lebensmittel abgeben. rbb Praxis hat mit Dr. Karla Pfaff gesprochen. Sie ist eine der Projektleiterinnen der Studie.

Frau Dr. Pfaff, Sie haben sich angeschaut, inwieweit Schalen, in denen Essen warm gehalten und transportiert wird, Aluminium abgeben. Warum diese Untersuchung?

Es ist bekannt, dass Menüschalen aus unbeschichtetem Aluminium im Kontakt mit salzigen und sauren Lebensmitteln vermehrt Aluminium freisetzen. Wir haben deshalb viele Anfragen aus der Bevölkerung bekommen. Immerhin werden zahlreiche Seniorenheime, Kitas und Schulen durch Großcaterer beliefert, so dass das eine häufige Form der Ernährung ist.

Wie genau sind Sie vorgegangen?

Wir haben uns ausschließlich auf unbeschichtete Aluminiumbehälter konzentriert. Im Labor haben wir mit Apfelmus, Sauerkrautsaft und passierten Tomaten die Bedingungen des Cook&Chill-Verfahrens und der anschließenden Warmhaltephase über zwei Stunden bei 65 Grad nachgestellt und danach geschaut, wie viel Aluminium das Essen enthielt.

Und – was haben Sie herausgefunden?

Während der Warmhalte-Phase nach dem Cook&Chill-Verfahren gehen vermehrt Aluminiumionen in sauren Lebensmitteln über. Die von uns untersuchten Produkte hatten bis zu 25 Milligramm Aluminium pro Kilo Essen angereichert. Der Europarat empfiehlt eine Maximalmenge von fünf Milligramm; der Grenzwert wurde also um das Fünffache überschritten.

Was genau ist das Cook&Chill-Verfahren?

Die Methode nutzen Groß-Caterer, um Kindergärten, Schulen, Betriebskantinen oder Seniorenstätten zu verpflegen. Das Essen wird zunächst gekocht. Dann füllt man es in die Menüschalen ab und kühlt es herunter. Bevor es an seinen Bestimmungsort gelangt, wird es wieder erhitzt und bis zu zwei Stunden bei mindestens 65 Grad warm gehalten.

Unbeschichtete Asietten aus dem Supermarkt, Einweggrills oder ähnliche Verpackungen sind nicht betroffen?

Nein, es geht ausschließlich um unbeschichtete Aluminiumschalen, die im Cook&Chill-Verfahren verwendet werden. Im heimischen Haushalt kommt es nicht zu langen Warmhaltephasen bei hohen Temperaturen, so dass hier keine Gefahr besteht. Darin zubereitete Lebensmittel werden auch nicht täglich über lange Zeiträume verzehrt.

Sie haben nur drei Nahrungsmittel getestet.

Im ersten Schritt haben wir uns auf "saure" Nahrungsmittel konzentriert, die stellvertretend für zahlreiche andere Lebensmittel stehen. Normalerweise verwendet man in solchen Tests standardisierte Prüfflüssigkeiten. Wir wollten jedoch die Catering-Situation so authentisch wie möglich nachempfinden und haben uns für diesen Weg entschieden.

Und wie verhält es sich mit salziger Nahrung?

Den Effekt der Aluminiumaufnahme kennt man auch von salzigen Speisen. Vielleicht haben Sie schon mal löchrige Alufolie gesehen, nachdem Wurst oder Käse damit abgedeckt war? Da hat die chemische Reaktion zwischen Salz und Aluminium die Folie aufgelöst; die Aluminiumionen sammeln sich in den Lebensmitteln. Wir werden unsere Untersuchungen auch noch mit salzigen Produkten fortführen. Grundsätzlich müssen die Lebensmittel übriges feucht sein, damit die Reaktion auftritt.

Wie hoch ist die zusätzliche Aufnahme, wenn man von einem Caterer versorgt wird, der unbeschichtete Schalen verwendet?

Ein Erwachsener würde bei täglichem Genuss von 200 Gramm sauren Lebensmitteln in einer Woche etwa 0,5 Milligramm Aluminium je Kilogramm Körpergewicht zusätzlich aufnehmen.

Kinder wiegen weniger als Erwachsene und essen vergleichsweise mehr.

Ihre Gefährdung liegt in der Tat höher. Sie nehmen im Vergleich zu ihrem eher geringen Körpergewicht mehr Aluminium mit der Nahrung auf als Erwachsene.

Was bedeutet diese zusätzliche Menge Aluminium für denjenigen, der es verzehrt?

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat als tolerierbare wöchentliche Aufnahme oder TWI für Aluminium einen Richtwert von einem Milligramm pro Kilo Körpergewicht festgesetzt. Diesen wöchentlichen Wert überschreiten viele Menschen allein durch ihre Ernährungsgewohnheiten. Jede zusätzliche Zufuhr führt also dazu, dass die TWI überschritten wird.

Welche natürlichen Quellen für Aluminium gibt es denn?

Aluminium ist das dritthäufigste Element in der Erdkruste, es kommt in allen Erdschichten vor. Deshalb sind Aluminiumverbindungen ein natürlicher Bestandteil von Trinkwasser und vielen unbehandelten Lebensmitteln wie Früchten und Gemüse.

Muss man sich als Verbraucher wegen der zusätzlichen Aufnahme wirklich Sorgen machen?

Eine Überschreitung des TWI bedeutet nicht gleich eine gesundheitliche Beeinträchtigung, da ein Sicherheitsfaktor eingerechnet wurde. Aber die Pufferzone schrumpft natürlich.

Und was passiert, wenn man zu viel Aluminium aufnimmt?

Normalerweise wird Aluminium über die Nieren ausgeschieden. Nicht ausgeschiedenes Aluminium kann sich im Laufe des Lebens vor allem in der Lunge und dem Skelettsystem anreichern. In sehr hohen Konzentrationen wirkt sich das Metall auf das Nervensystem, die Fruchtbarkeit und auf die Knochenentwicklung beim Ungeborenen aus.

Hat man irgendeine Chance herauszufinden, welche Schalen der Caterer benutzt?

Man müsste beim Catering-Unternehmen nachfragen.

Welche Konsequenz hat Ihre Untersuchung?

Da große Teile der Bevölkerung bereits im Alltag die tolerierbare Menge an Aluminium aufnehmen, sollten zusätzliche Quellen vermieden werden. Wenn im Anschluss an das Cook&Chill-Verfahren eine Warmhaltephase vorgesehen ist, könnten dafür beschichtete Aluminiumschalen oder Menüschalen aus anderen Materialien verwendet werden. Dies gilt vor allem für empfindliche Verbrauchergruppen wie Kinder oder Senioren. Sie verzehren mitunter täglich durch die Gemeinschafts- oder Außer-Haus-Verpflegung warmgehaltene Speisen aus unbeschichteten Aluminiummenüschalen.

Vielen Dank für das Gespräch, Dr. Karla Pfaff.
Das Interview führte Constanze Löffler. 

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