Legenden des 1. FC Union - "Wir waren die Underdogs aus der Wuhlheide"

Di 19.01.16 | 14:12 Uhr
Union-Legenden zu Besuch, v. l. Wolfgang Potti Matthies, Torsten Tusche Mattuschka (1. FC Union), Günter Jimmy Hoge, Lutz Meter Hendel, Joachim Bulle Sigusch am 05.09.2013 Union-Legenden zu Besuch, v. l. Wolfgang Potti Matthies, Torsten Tusche Mattuschka (1. FC Union), Günter Jimmy Hoge, Lutz Meter Hendel, Joachim Bulle Sigusch, 05.09.2013 (Quelle: imago/Matthias Koch)
Bild: (Quelle: imago/Matthias Koch)

Zwei Jahre nach der Gründung feierte Union am 9. Juni 1968 den bislang größten Erfolg seiner jungen Geschichte - der Club holte mit dem FDGB-Pokal den einzigen nationalen Titel. Club-Legenden von damals erinnern sich.

Am 9. Juni 1968 werden beim 1. FC Union mehrere Legenden geboren. An diesem Tag gelingt dem krassen Außenseiter ein 2:1-Sieg gegen Carl-Zeiss Jena - im Finale des FDGB-Pokal. Nur zwei Jahre nach der Gründung am 20. Januar 1966 feiern die Köpenicker damit den bislang größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte: "Jena war eine topp Mannschaft. Die hatten sechs, sieben Nationalspieler. Wir hatten bloß zwei. Der liebe Gott hat uns geholfen", erinnert sich Günter Hoge.

Union war praktisch die Arbeitertruppe

Günter, genannt Jimmy Hoge, war der erste Nationalspieler von Union, ein eigenwilliger Charakter mit Ecken und Kanten, disziplinarische Verfehlungen inklusive, ein Dribbelkünstler und Publikumsliebling. Der 75-Jährige und sein wenige Monate jüngerer Mitspieler Hartmut Felsch schwärmen noch heute von der Atmosphäre an der alten Försterei, dem von Spielern und Fans kultivierten Außenseitertum. "So'ne Atmosphäre hatten wir immer bei Union, weil das Publikum immer hinter uns stand. Das war fantastisch. Union war ja praktisch die Arbeitertruppe", erinnert sich Hoge."Schöneweide, wo wir beheimatet waren, war ein Arbeiterbezirk. Wir waren die Underdogs aus der Wuhlheide, die immer benachteiligt waren", ergänzt Felsch.

Helden der frühen Jahre

Hoge und Felsch, später Co-Trainer bei Union, sind längst Ehrenmitglieder des Vereins, ebenso wie ihr ehemaliger Mitspieler Wolfgang Wruck. Union-Ehrenmitglieder sind auch Heinz Werner, Trainer in den Siebzigerjahren, und natürlich Wolfgang "Potti" Matthies, der sich mit kleinen Unterbrechungen über 17 Jahre und in 253 Pflichtspielen bis 1988 im Tor der Eisernen Legendenstatus erwarb. So war Matthies 1976 der umjubelte Garant der beiden 1:0-Siege gegen den verhassten Stadtrivalen BFC Dynamo. "Diese Spiele werde ich nie vergessen, an die werde ich mich ewig erinnern", sagt Matthies. "Denn das waren wirklich traumhafte Ergebnisse. Wir waren Neulinge, und dann gegen die unüberwindbare Dynamo-Mannschaft zweimal 1:0 zu gewinnen war schon ein großes Ding für uns."

Wolfgang Matthies, ehemaliger Spieler beim 1. FC Union, steht am 06.01.2016 vor dem Vereinshaus (Quelle: imago/Matthias Koch)
Wolfgang "Potti" Matthies - der legendäre Keeper der "Eisernen" | Bild: (Quelle: imago/Matthias Koch)

Seinen Beinamen "Potti" hat er übrigens seiner Vorliebe für Kaffee zu verdanken: "Nach dem Training haben die anderen eine Brause getrunken und ich habe einen Pott Kaffee bestellt. Das war damals ungewöhnlich, dass einer "Pott" Kaffee sagt, und deswegen habe ich den Spitznamen Potti gekriegt."

Beim sensationellen Halbfinale-Triumph 1986 im FDGP-Pokal gegen Dynamo Dresden festigte Matthies seinen Heldenstatus. Der Matchwinner steht wieder einmal im Tor – und hält seinen 5. Elfmeter der Saison. "Dort 4.3 zu gewinnen war schon ein Highlight", erinnert sich Matthies. Die Konsequenz: 2006 wurde Potti von den Fans zum "wertvollsten Unioner aller Zeiten" gewählt. "Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich bei den Fans über Jahrzehnte so gut angekommen bin", sagt Matthies.

Dieses Jahr war schon fantastisch

Nach der Wende hat die "Generation 2001" Legendenstatus erlangt. In jenem Jahr schaffte Union den Zweitliga-Aufstieg und Einzug ins DFB-Pokal-Finale. Doch Sven Beuckert, Ronny Nikol, Tom Persich, Steffen Menze, Daniel "Texas" Texeira und Co. unterlagen im Olympiastadion 0:2 gegen Schalke 04. Texas, der Torjäger, der Knipser aus Brasilien, wurde ebenfalls vom Publikum an der Alten Försterei verehrt. Einige Jahre lang war er Rekordtorjäger des 1. FC Union, bis er von Karim Benymina abgelöst wurde. Benymina war nach dem zwischenzeitlichen Absturz von Union in die Viertklassigkeit mit seinen Treffern maßgeblich an der Rückkehr der Eisernen in den Profifußball und 2009 in die 2. Liga beteiligt – ebenso wie Torsten Mattuschka, der letzte große Held der Fan-Kurve, und der verantwortlichen Trainer Uwe Neuhaus.

"Dieses Jahr war schon fantastisch. Wie im Traum, alles ist gelungen. Union Berlin ist sicherlich auch ein bisschen mehr als nur Fußball", meint Uwe Neuhaus. Er ist die vorerst letzte Legende des 1. FC Union aus den ersten 50 Jahren des Bestehens.

Mit Informationen von Lars Becker und und Jörg Hellwig