Die Rückkehr der Wölfe

Die Rückkehr der Wölfe


Seit 17 Jahren gibt es wieder Wölfe in Deutschland. Was bedeutet das für uns?

Von Kira Schacht (rbb) und Clemens Haug (mdr)

Email Facebook
Hier
Scrollen

Von der Lausitz bis nach Bayern


Vor 17 Jahren wanderten die ersten Wölfe von Polen aus in die Lausitz ein. Inzwischen sind sie beinahe in ganz Nord- und Ostdeutschland heimisch, wie diese Karte der Wolfsterritorien zeigt. Auch in Bayern leben die ersten Wolfspaare in freier Wildbahn. Einzelne Tiere durchstreifen die gesamte Republik, sie legen bis zu 70 Kilometer in einer Nacht zurück.

Auf der Karte sind die Wolfsrudel, Paare und Einzeltiere zu sehen, die feste Territorien bewohnen.

Daten: Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW)
Bild: mdr-Wissen.


Truppenübungsplätze: Optimale Lebensräume für Wölfe


Die großen, zusammenhängenden Gebiete von alten Truppenübungsplätzen werden nur in Ausnahmefällen von Menschen betreten – perfekt für die scheuen Wölfe. Hier leben meist drei bis elf Tiere als Rudel im Familienverband zusammen, also die beiden Elterntiere mit ihren Nachkommen, die sich noch kein eigenes Revier gesucht haben. So etwa in Altengrabow.

Video: "Schießen oder schützen? - Die Rückkehr der Wölfe", mdr-Exakt


Wolfsmonitoring: Nachweise für nahezu unsichtbare Tiere


Wo exakt sich Wölfe aufhalten, ist schwer herauszufinden. Ein sicherer Beweis sind Fotos der Kameras, die Tierbeobachter aufstellen. Die Beobachter sammeln alles, was Hinweise liefern kann: Sie analysieren die DNA aus Speichelspuren in Bisswunden, Haaren, Urin und Kot. Weil die Tiere permanent umherstreifen und Jungwölfe oft sterben, weiß niemand genau, wie viele Tiere tatsächlich in Deutschland leben.

Video: "Schießen oder schützen? - Die Rückkehr der Wölfe", mdr-Exakt


Wölfe bevorzugen leichte Beute


Wölfe fressen vor allem Rehe, Hirsche und Wildschweine, sehr zur Freude vieler Förster. So schützen sie junge Bäumen oder Feldfrüchte vor dem Wild, das sich in Europa seit Jahrzehnten stark vermehrt. Wölfe jagen und töten die Tiere, die sie am leichtesten erbeuten können: Die jungen oder ganz alten, die kranken und schwachen Tiere, das können auch Schafe und Nutztiere sein.
Wenn die Wölfe Menschen begegnen, sehen sich die Tiere meistens kurz um und suchen dann das Weite.

Anteil der Beutetiere an den Wolfslosungen im Land Brandenburg, 2004 bis 2016. Auf der Karte sind die Wolfsrudel in Brandenburg 2016 zu sehen. Die Verteilung der Reh-Symbole ist zufällig.

Daten: DBBW (Karte), Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz (Diagramm)


Gefahr für Schafe


Bei ihrer Jagd unterscheiden Wölfe nicht zwischen Wild- und Nutztieren. Letztere werden allerdings oft gut bewacht und sind für die Räuber daher schwierig erreichbar. Wenn sie eine Lücke in den Zäunen finden, greifen sie auch Schafe, Ziegen und Kälber an. Gut 1000 Nutztiere haben Wölfe im Jahr 2016 deutschlandweit verletzt oder getötet. Das ist zwar nur ein winziger Bruchteil der insgesamt 1,6 Millionen Schafe in Deutschland, für die Besitzer der Tiere dennoch ein Problem. Sie wünschen sich einfache, unbürokratische Hilfe von der Politik, etwa mehr Geld für Herdenschutzhunde oder Zäune.

Die Karte zeigt die Wolfsangriffe auf Schafe in Brandenburg und Sachsen im Jahr 2016. Halbdurchsichtige Symbole bedeuten, dass bei diesem Angriff ein Wolf nicht ausgeschlossen ist, aber auch nicht bestätigt wurde.

Daten: LfU Brandenburg, Kontaktbüro "Wölfe in Sachsen"
Video: mdr-Wissen


Protest gegen die Wölfe


Weil der Wolf streng geschützt ist, dürfen Jäger die Raubtiere nicht einfach erschießen, wenn sie sich an einer Schafherde vergreifen. Ende März 2017 versammelten sich deshalb überall in Brandenburg Landwirte und Tierhalter zu Wolfswachen am Lagerfeuer, um gegen den Schutz der Wölfe zu protestieren und die Landesregierung zum Handeln zu bewegen.

Video: "Geliebt, geduldet, gehasst - Die Rückkehr der Wölfe", rbb
Daten: Deutsche Jagd Zeitung


Hauptfeind Autoverkehr


Seit ihrer Rückkehr wurden zahlreiche Wölfe von Menschen getötet – meistens unabsichtlich in Autounfällen. 140 von den 201 Wölfen, die seit dem Jahr 2000 tot aufgefunden wurden, starben im Straßenverkehr. Immerhin 26 Mal wurden Wölfe aber auch unerlaubt erschossen oder auf andere Weise umgebracht. In einigen Fällen machen die Täter dabei ihren Hass auf die Wölfe in drastischer Art deutlich.

Die Karte zeigt die seit 2014 durch Verkehrsunfälle oder illegal getöteten Wölfe in Deutschland.

Video: "Geliebt, geduldet, gehasst - Die Rückkehr der Wölfe", rbb
Daten: DBBW


Besonders aggressiv oder zutraulich


Wölfe werden nur in Ausnahmefällen legal erschossen. Etwa, wenn ein Wolf trotz hoher Zäune, Schutzhunden und anderen Abwehrmaßnahmen immer wieder Tiere angreift. Auch wenn sie die Scheu vor Menschen verlieren und sich nicht vergrämen lassen oder ungewöhnlich aggressiv sind, dürfen sie getötet werden.
In Thüringen wurde über den Abschuss einer Wölfin diskutiert, weil sie sich mit einem Hund gepaart hat. Solche Hybriden aus Wölfen und Hunden sind viel zutraulicher als reine Wölfe.

Video: mdr-Thüringen-Journal


Was die Rückkehr der Wölfe kostet


Verursachen Wölfe Schäden, indem sie zum Beispiel Schafe reißen, haben die Besitzer Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Deutschlandweit haben die Behörden 2016 so insgesamt 135.140 Euro gezahlt. Der weitaus größere Teil der öffentlichen Gelder für Wölfe fließt jedoch in die Vorsorge, etwa in höhere Zäune oder die Anschaffung von Herdenschutzhunden. 1,1 Millionen Euro waren das im vergangenen Jahr. Prävention ist damit zwar deutlich teurer als Entschädigung, im Idealfall schützt sie die Tiere aber dafür längerfristig.

Die Karte zeigt, wie viel die Bundesländer 2016 insgesamt für Ausgleich und Prävention von Wolfsangriffen ausgegeben haben.

Video: "Schießen oder schützen? - Die Rückkehr der Wölfe", mdr-Exakt
Daten: DBBW


Auch Wölfe auf der Durchreise richten Schaden an


In Schleswig-Holstein gibt es nach bisherigen Erkenntnissen noch keine heimischen Wölfe. Trotzdem wurden hier allein vergangenes Jahr 60 Nutztiere von den Räubern getötet oder verwundet. Experten glauben, dass lediglich durchziehende Tiere für die Übergriffe verantwortlich sind. Das Beispiel zeigt: Alle Bundesländer müssen sich auf Wölfe vorbereiten, auch wenn noch keine Rudel dort leben.

Video: NDR Nordjournal


Es gibt noch Platz für weitere Wölfe


Bis zu 440 Wolfsrudel könnten theoretisch in Deutschland leben, wie Wissenschaftler im Auftrag des Bundesforschungsministeriums vor einigen Jahren ausgerechnet haben. Vor allem waldreiche Mittelgebirge wie der Thüringer Wald, Spessart, Odenwald oder Hunsrück, aber auch die Alpen und das Alpenvorland seien geeignet. Das heißt nicht, dass sich so viele Rudel auch tatsächlich ansiedeln. Platz für sie wäre jedoch vorhanden.

Auf der Karte sind die Gebiete zu sehen, die nach einem Bericht des BMUB für Wölfe geeignet wären.

Quelle: BMUB, Kaczensky et al.

Autoren: Kira Schacht, Clemens Haug.
Entwicklung: Kira Schacht.
Beiträge: Peter Simank, Annika Klügel.
Mitarbeit: Robert Rönsch, Dirk Seeger, Jennifer Gebske.

Eine Kooperation von mdr und rbb.

Impressum | Datenschutzbestimmungen