Ein Milchglas wird von einer Hand vor Kühe, die auf einer Weide stehen, gehalten (Quelle: IMAGO / MiS)
Bild: IMAGO / MiS

Mo 11.09.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 5 Minuten - Milch: Glückliche Kühe oder alles nur Marketing

Weidemilch, Heumilch, Landmilch - klingt alles nach zufriedenen Kühen auf großen Weideflächen. So unterscheiden sich die Milchsorten wirklich.

Ein Blick ins Kühlregal reicht, um festzustellen: Milch ist schon lange nicht mehr einfach nur Milch. Stattdessen stehen dort Biomilch, Landmilch, Alpenmilch, Weidemilch oder Heumilch. Doch wo genau liegt eigentlich der Unterschied? Stehen alle Kühe auf der Weide? Und welchen Einfluss hat das auf die Qualität der Milch? Schon komisch, dass wir das nicht auf Anhieb wissen. Im Schnitt verbrauchen wir in Deutschland nämlich knapp 45 Liter Milch pro Jahr pro Kopf.

Marketing oder gute Milch?

Glückliche Kühe auf einer saftig grünen Weide - das gibt es doch nur in der Werbung, oder? Hinter einigen Milchsorten steckt tatsächlich mehr Marketing als Weide. Die Bezeichnungen sind zum Teil nicht geschützt - der Name verrät nichts über die wirklichen Haltebedingungen der Tiere. Worin genau sich die Heumilch von der Weidemilch, die Bio- von der Landmilch und so weiter unterscheidet, haben wir daher einmal aufgedröselt.

Das steckt hinter den Milchsorten

  • Wer zur Landmilch greift, greift ins Ungewisse. Denn der Begriff ist nicht geschützt und muss daher auch keine bestimmten Vorgaben erfüllen. Was wirklich drin ist, weiß nur der Hersteller beziehungsweise der Milchbauer.

  • Auch Weidemilch ist keine geschützte Bezeichnung und somit gibt es auch hier kein Vorgaben: Ausnahmen sind Produkte, die das "Pro Weideland - Deutsche Weidecharta"-Siegel vom Grünlandzentrum Niedersachen/Bremen e.V. tragen.

    Für Weidemilch mit diesem Siegel gelten folgende Richtlinien: Die Kühe müssen mindestens 120 Tage im Jahr für mindestens sechs Stunden weiden. Dazu muss jeder Milchkuh 2000m² Dauergrünland zur Verfügung stehen. Zusätzliches Futtermittel muss frei von Gentechnik sein.

  • Die Bezeichung Heumlich ist seit 2018 mit dem EU-Zeichen "garantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.)" für Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch geschützt. Das betrifft allerdings nur die Futtermittel, nicht die Tierhaltung. Wer Heumilch trinkt, kann sich also darauf verlassen, dass die Kühe nur frisches Gras, Heu und Getreide gegessen haben. Silage, also durch Gärung konserviertes Grünfutter, darf nicht eingesetzt werden, ebenso Feuchtfuttermittel. Auch gentechnisch veränderte Futtermittel sind verboten. Zugleich kann es aber sein, dass die Tiere dennoch ausschließlich im Stall stehen.

  • Eine Bergwiese, saftiges Gras, Kühe mit großen Glocken um den Hals ... Klingt idyllisch und irgendwie nach Heidi. Doch auch die Bezeichnung Alpenmilch ist nicht durch Richtlinien geschützt. Wie und wo die Tiere gehalten - das Alpenland wird teilweise sehr ausgedehnt - und gefüttert werden, können wir daher nur schwer nachvollziehen. Gentechnisch verändertes Futtermittel kann hier genauso zum Einsatz kommen wie Antibiotika zur Prävention von Krankheiten.

  • Für Biomilch gibt es die sehr strengen Vorgaben der EU-Bio-Verordnung. Die Kühe dürfen u.a. nicht mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden. Die Stallfläche muss mindestens sechs Quadratmeter betragen, und Auslauf oder Weidegang ist auch vorgeschrieben. Außerdem darf Antibiotika nicht vorsorglich eingesetzt werden.

    "Premium-Bio": Neben der EU-Verordnung gibt es noch die Bio-Siegel Naturland, Bioland und Demeter. Tierwohl und Umwelt werden hier noch strenger geregelt als in den gesetzlichen Vorgaben, das gilt auch für die Haltung von Milchkühen.

Bezeichnungen genau prüfen

Die Bezeichungen der unterschiedlichen Milchsorten sind zum Teil also klar definiert. Wer Bio kauft, bekommt auch Bio. Gleiches gilt für Heumilch. Bei Weidemilch lohnt sich der Blick auf den Milchkarton - trägt er ein seriöses Siegel? Alle anderen Bezeichnungen bleiben ohne Richtlinien erstmal nur Versprechen der Hersteller. Verbraucherinnen und Verbraucher bleiben leider im Unklaren.