Eine E-Auto-Batterie (Quelle: imago images / ITAR-TASS)
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Mo 21.08.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 5 Minuten - Beschädigte E-Auto-Batterien: Recycling vs. Reparatur

Update: E-Auto-Batterien sind meist reparabel - werden aber gerne schnell recycelt. Aus Sicherheits- und Kostengründen - und zu Lasten der Nachhaltigkeit?

Die Batterien von E-Autos sind das mit Abstand teuerste Einzelteil der Autos. Wenn hier ein Schaden vorliegt, sollte eigentlich allen klar sein: Es muss repariert werden, was repariert werden kann. Das ist meist der Fall. Aber manchmal ist die Schadenslage unübersichtlich, der Zustand der Batterie nicht genau überprüfbar. Und die Batterie wird aussortiert, etwa, um sie dann zu recyceln.
 
Hintergrund sind fehlende Batterie-Diagnostikdaten, die vom Hersteller in der Regel zwar an Vertragswerkstätten weitergegeben werden, aber auch nicht immer - und sowieso nicht an freie Werkstätten. Ohne diese Daten ist eine Reparatur unmöglich. Aus einem Batterieschaden kann so - im schlechtesten Fall - ein Totalschaden werden. Umweltfreundlich ist das nicht. Und: Häufen sich diese Fälle, werden Versicherungsprämien steigen.

Hersteller sind aufgefordert, für Reparaturfähigkeit zu sorgen

Elektroauto-Experte Matthias Vogt vom ADAC sieht allerdings keine systematischen Probleme: "Sofern so etwas vorkommt, dürfte es sich um Einzelfälle handeln. Grundsätzlich sind Batterien reparierbar, aber natürlich gibt es dabei Unterschiede je nach Modell und Marke - wie bei Reparaturen an einem Verbrennerfahrzeug auch."
 
Laut Vogt gilt: "Die Fahrzeughersteller geben ihren Werkstätten das nötige Wissen, Schulungen und Diagnosetools an die Hand, damit diese Diagnosen und Reparaturen durchführen können. Sicherlich gibt dabei auch mal hin und wieder bei der Werkstatt noch die ein oder anderen fehlenden Erfahrungswerte, aber grundsätzlich können die Werkstätten bei Problemen die Fahrzeuge schon reparieren."

Knackpunkt: die sicherheitskritischen Fahrzeugdaten

Jannis Dörhöfer, Referent New Mobility beim TÜV-Verband, schätzt die Höhe der Reparaturquote etwas anders ein: "Was eine Reparatur angeht, kommt es derzeit vor allem auf den Hersteller des Fahrzeugs und das jeweilige Modell an. Bei manchen Herstellern können entsprechend berechtigte/qualifizierte Werkstätten Batteriesysteme modular aufbereiten. Andere tauschen pauschal die gesamte Batterie aus."
 
Für Dörhöfer stellt sich da die Frage, wie ein etwaiger Schaden ermittelt und ggf. repariert werden kann: "Im Moment können hier nur Vertragswerkstätten der Hersteller Aussagen machen, da nur sie Zugang zu den Analysedaten der Antriebsbatterie haben." Der TÜV-Verband fordere bereits seit Jahren Zugang zu sicherheitskritischen Fahrzeugdaten, um den Zustand der Batterie im Rahmen hoheitlicher Aufgaben wie der Hauptuntersuchung ermitteln zu können.
 
Doch derzeit ist die Gesetzeslage wie folgt: "Wenn bei einer Hauptuntersuchung eine 'optische Beschädigung' erkannt wird, führt dies laut Mangelkatalog zu einem erheblichen Mangel. Das heißt, der Fahrzeughalter erhält keine Plakette und muss umgehend eine Werkstatt zur Behebung des Mangels aufsuchen. Wie die Werkstatt damit nun umgeht, liegt in individuellem Ermessen der Werkstatt", erläutert der TÜV-Experte.

Oft wird recycelt statt repariert

Dass im großen Stil Batterien aussortiert werden, weil sie nicht reparabel sind, sieht allerdings auch Philipp Sommer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, nicht.
 
"Mittlerweile ist es Standard, dass Batterien bis auf Modulebene einzeln auslesbar sind. Gelingt dies in der vertragsgebundenen Kfz-Werkstatt nicht, gibt es immer noch Spezialwerkstätten." Dabei würden Batterien schon mal direkt nach einem Schadensfall ausgewechselt - das könne durchaus passieren. Aber danach werden sie repariert und weiterverwendet - oder auch anders genutzt, etwa als stationäre Batterien. "Es wäre dumm vom Hersteller, sein wertvollstes Teil gleich wegzuwerfen", so Sommer.
 
Trotzdem sieht Sommer enormes Potential für die Umweltbilanz von E-Autos. Dabei seien aber zuallererst die Gesetzgeber gefragt: Denn gerade bei der Weiterverwendbarkeit von Batterien hinkt die Rechtsprechung hinterher.
 
Zum einen gibt es hier das Recht auf Reparatur, das aktuell auf EU-Ebene erarbeitet wird - bis das Gesetz in Deutschland greift, können noch drei oder vier Jahre vergehen. Auch Autos sollen dann mit einbezogen werden. Schlupflöcher? Sind inklusive, etwa dass das Recht nur greift, wenn die Reparatur nicht teurer als ein Neueinbau ist. Gerade Ersatzteile für die Batterien sind teilweise aber extrem teuer.
 
Zum zweiten gibt es die neue EU-Batterie-Verordnung die zum Sommer 2023 in Kraft treten soll. Hier geht es unter anderem darum, die Haltbarkeit der Batterie als solche zu verlängern, also etwa auch, den Zugang zu Batterie-Managementsystemen - und damit Diagnostikdaten - zu verbessern. Eine Forderung der DUH ist, den Zugang für freie Werkstätten freizumachen und auch eine Bearbeitbarkeit zum Zwecke der Reparatur oder Wiederverwendung zu ermöglichen.
 
Sein Fazit: "Was Reparierbarkeit und Wiederverwendung angeht, besteht insgesamt noch Luft nach oben." Aktuell geht es in der Gesetzgebung vor allem um das Recycling. Dies dürfe aber, so Sommer, erst der letzte Schritt sein. Zunächst müsse das Ziel sein, die Batterie zu reparieren und ausgediente E-Auto-Batterien als Stromspeicher weiterzuverwenden. "Da fehlt eine klare Pflicht zur Weiterverwendung."
 
Stattdessen werden in der Verordnung unter anderem Mindestanteile von rückgewonnenen Rohstoffen wie Kobalt, Blei und Lithium in neuen Batterien festgelegt. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PWC, die in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen erarbeitet wurde, sieht deshalb große Chancen fürs Batterie-Recycling: Die Wiederverwertung der Akkus von E-Autos werde in Europa "schon vor 2035 ein rentables und nachhaltiges Geschäft sein". Die Kombination aus hohem Materialaufkommen und niedrigen Recycling-Kosten werde ein ideales Marktumfeld für die Batterieindustrie schaffen.

Aus Versicherungssicht problematisch

Ein weiteres Problem: Solange Autobauer eine genaue Analyse des Zustands der einzelnen Module und Zellen nicht in allen Fällen ermöglichen, werden die Versicherungsprämien für E-Autos nach Einschätzung von Experten weiter steigen. Christoph Lauterwasser vom Allianz Center for Technology, einem Analysehaus des Versicherungskonzerns Allianz, berichtet von zerkratzten Batteriemodulen, die von der Allianz gesichtet worden seien. Bei diesen seien die Zellen höchstwahrscheinlich unbeschädigt - aber ohne Datengrundlage müssten diese Fahrzeuge abgeschrieben werden.
 
Die Zahl der Versicherungsfälle werde zunehmen, und deswegen sei der Umgang mit den beschädigten Batterien entscheidend, prognostiziert Lauterwasser. Zwar machen Schäden an Elektroauto-Batterien bei der Allianz nur einen geringen Prozentsatz der gesamten Schäden aus, so der Allianz-Fachmann. Auf sie entfielen aber acht Prozent der gesamten Kosten. "Wenn wir aber für ein bestimmtes Modell höhere Kosten haben, steigen die Versicherungsprämien, weil sich das auf die Typklassen auswirkt", erläutert Lauterwasser.
 
Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz, denn: "Letztlich sollte eine weitreichende Reparierbarkeit auch im Sinne der einzelnen Hersteller liegen, da sonst andernfalls die Kasko-Einstufung sehr teuer werden würde und die Fahrzeuge aufgrund hoher Versicherungsprämien einen Wettbewerbsnachteil haben können", fasst ADAC-Experte Vogt die Problematik zusammen.

Alle wollen, manches bremst

Fazit: Herstellern, Versicherern und Umweltverbänden ist an einer hohen Reparaturquote gelegen. Was fehlt: Weitere Erfahrungswerte im Umgang mit den Batterien, die verbindliche Austauschbarkeit beschädigter Batteriemodule zur besseren Reparierbarkeit - und eine Öffnung der Zugänge von Diagnostikdaten auch an professionelle freie Werkstätten.

Ein Beirag von DEM mit Hintergrundmaterial von CA, DPA.