
Fr 13.01.2023 | Dossier | Lesedauer etwa 5 Minuten - Mehrwegpflicht: Cafés und Restaurants können jetzt einpacken
Die neue Mehrwegpflicht legt fest, dass Restaurants und Lieferdienste ihre Speisen jetzt auch in einer Mehrwegverpackung anbieten müssen. Wer muss mitmachen? Was heißt das für die Kunden? Wir haben die FAQ!
Wer sein Essen im Restaurant zum Mitnehmen bestellt, dem muss ab jetzt auch ein Mehrwegbehältnis dafür angeboten werden. Mit Jahresbeginn ist eine entsprechende Neuregelung im Verpackungsgesetz in Kraft getreten. Sie gilt für Restaurants und Cafés, für Lieferdienste und weitere "Letztvertreiber", also für all diejenigen, die mit Essen befüllte To-go-Verpackungen an Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen - und auch für Getränke.
Müll im Überfluss
Hintergrund der Neuregelung ist die massenhafte Verwendung von Plastik-To-go-Behältnissen in der Gastronomie, verstärkt auch durch die Pandemie. So zum Beispiel in Berlin: "Die Auswirkung der Corona-Pandemie auf die Mengenentwicklung machte sich (...) bei manchen Stoffströmen bemerkbar", so die Entsorgungsbilanz der Berliner Stadtreinigung (BSR) für 2021 - die für 2022 liegt noch nicht vor. Klar ist, dass während der Pandemie mehr Verpackungsmüll aus Plastik und Papier in Parks und anderen öffentlichen Räumen liegenblieb. Und: 20.000 To-go-Becher wurden laut BSR stündlich in die Tonnen geworfen.
Fragen und Antworten zur neuen Mehrwegpflicht:
Muss jeder Imbiss und jedes Restaurant überhaupt Essen zum Mitnehmen anbieten?
Nein, es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für die Gastronomie, dass Sie Ihr Essen oder Ihre Essensreste mitnehmen dürfen.
Sind alle Betriebe verpflichtet, Mehrwegverpackungen anzubieten?
Kleinbetriebe mit höchstens fünf Beschäftigten und maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche sind von der Neuregelung ausgeschlossen. Aber auch diese müssen die Speisen auf Wunsch in selbst mitgebrachte Behältnisse der Kund:innen abfüllen. Und: Die Betreibenden müssen die Kund:innen durch deutlich sichtbare und lesbare Schilder darauf aufmerksam machen, dass sie Waren in vom "Endverbrauchenden" zur Verfügung gestellten Mehrwegbehältnissen auf Wunsch abfüllen.
Ketten, wie zum Beispiel Bahnhofsbäckereien, können von der Ausnahme für kleine Unternehmen keinen Gebrauch machen, auch wenn die Verkaufsfläche der einzelnen Verkaufsstellen kleiner als 80 Quadratmeter ist. Sobald im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten, gilt die Ausnahme nicht.
Für Lieferdienste, die unabhängig von einem einzelnen Restaurant agieren, gilt die Pflicht zum Mehrwegangebot nicht unmittelbar, sondern dann, wenn der Lieferdienst als Letztvertreiber auftritt. Zudem wird auf den großen Liefer-Plattformen die Mehrweg-Option ebenfalls auftauchen, schon allein, um den Restaurants die Möglichkeit zu geben, die Pflicht umzusetzen.
Gibt es weitere Ausnahmen?
Ja, denn die gesetzlichen Vorgaben beziehen sich nur auf Alternativen zu Kunststoffverpackungen oder auf Verpackungen, die zum Teil aus Kunststoff sind. Für diese müssen Mehrweg-Optionen angeboten werden. Für Pizzakartons oder Aluschalen, wie man sie etwa von Asiaimbissen kennt, hingegen nicht. Die Mehrwegpflicht gilt auch nicht für sogenannte Einwegtüten und Einweg-Folienverpackungen, in denen die Speisen für längere Zeit aufbewahrt werden - denken Sie etwa an die Plastikboxen für Sandwichs im Supermarkt.
Ausnahme von der Ausnahme ist der Einweggetränkebecher, und zwar egal, ob aus Plastik oder nicht. Hier gilt: Er muss immer auch als Mehrweg-Option angeboten werden - jedenfalls immer, wenn die zuvor genannten Regelungen für Kleinstbetriebe nicht greifen.
Kann ich auch eigene Behältnisse mitbringen?
Yes, please! Auch wenn viele Menschen denken, dies sei aus hygienischen Gründen gesetzlich untersagt - das Gegenteil ist der Fall.
Das Bundesministerium für Verbraucherschutz stellt klar: Händlerinnen und Händler sind für die Erfüllung der allgemeinen Hygienevorschriften verantwortlich, etwa dafür, dass Speisen in dafür geeigneten Behältnissen verwahrt werden - doch diese Verantwortung endet, sobald die Ware auf explizite Veranlassung der Kundin oder des Kunden in ein Behältnis gefüllt wird, das Eigentum der Kundin oder des Kunden ist. "Die Verantwortung der Verkäuferinnen und Verkäufer beschränkt sich auf die einwandfreie Beschaffenheit des Lebensmittels bis zum Befüllungsvorgang" - und natürlich darauf, dass beispielsweise während des Befüllungsvorgang keine Kontamination des Umfelds oder anderer Lebensmittel durch das kundeneigene Behältnis stattfindet. Betriebe dürfen aber Gefäße ablehnen, die augenscheinlich verschmutzt sind.
Diese Regelung gilt sowohl für die Abgabeformen mit Bedienung als auch für Einrichtungen mit Selbstbedienung. An Bedientheken in Supermärkten gelten allerdings bei Frischeprodukten strenge Hygieneregeln. Um diese einzuhalten, verzichten einige Supermärkte auf das Befüllen mitgebrachter Kundenbehältnisse. Einfordern können Sie dies hier nur schwierig.
Wer muss welchen Mehrwegbehälter zurücknehmen?
Wichtig: Die Rücknahmepflicht für Letztvertreiber beschränkt sich auf diejenigen Mehrwegverpackungen, die sie in Verkehr gebracht haben.
Dürfen die Betriebe ein Pfand verlangen?
Ja, es ist erlaubt, die Mehrwegverpackungen nur gegen ein Pfand abzugeben.
Was ist, wenn ein Anbieter nicht mitmacht oder das falsch macht?
Zuerst einmal das, was Sie als Kundin oder Kunde schnell überprüfen können:
• Betriebe, die Mehrweg anbieten müssen, müssen ihre Kund:innen auf die Möglichkeit, die Waren in Mehrwegverpackungen erhalten zu können, ausdrücklich hinweisen. Gleiches gilt, wenn die Gäste eigene Mehrweggefäße zur Befüllung mitbringen können.
• Die Mehrweg-Option darf nicht teurer sein als das Einweg-Angebot (nur plus Pfand).
• Es müssen für alle Angebotsgrößen entsprechende Mehrwegbehälter vorhanden sein.
Im Falle eine Regelverstoßes sieht das Gesetz Bußgelder in Höhe von bis zu 10.000 Euro vor. Auch werden Verstöße verwaltungsrechtlich und zivilrechtlich verfolgt. Zumindest in der Theorie. Denn vor allem in Berlin gilt: Das Personal in den verantwortlichen Behörden ist überlastet. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel antwortet auf Anfrage von SUPER.MARKT, die Anforderungen überstiegen die aktuellen Kapazitäten – sowohl des Ordnungsamtes als auch des Umwelt- und Naturschutzamtes im Bezirk. "Eine effektive Kontrolle und Ahndung von Verstößen würde pro Bezirk einen personellen Zuwachs bedingen, so dass derzeit nur stichprobenhafte Kontrollen möglich wären."
Auch ist anscheinend die Frage, wer kontrolliert, noch nicht überall endgültig geklärt. "Es handelt sich um ein Bundesgesetz, dessen Umsetzung durch die Bezirksämter derzeit noch nicht geklärt bzw. nicht möglich ist", so die Pressestelle des Bezirks. Was die Zuständigkeiten angeht, gebe es noch Abstimmungsbedarf.
Immerhin: "Beschwerden, die beim Ordnungsamt Online gemeldet werden, werden entsprechend beantwortet oder weitergeleitet", heißt es beim Bezirk. Ob die Beschwerden weiter bearbeitet werden, bleibt offen.
Beitrag von DEM mit Material von Dpa.