Eine Reisetasche liegt einsam auf einem Gepäckband eines Flughafens (Quelle: IMAGO / Andia)
Bild: IMAGO / Andia

Mo 05.06.2023 | SUPER.MARKT | Lesedauer etwa 5 Minuten - Reisen: nicht ohne meinen Koffer

Wenn das Gepäck bei der Ankunft fehlt, ist Ärger vorprogrammiert. Welche Rechte Reisende haben und welche Fristen eingehalten werden müssen - wir haben die Infos.

Gähnende Leere auf dem Gepäckband, der letzte Koffer längst weg und vom eigenen Gepäck weit und breit nichts zu sehen - im Sommer 2022 war das an vielen deutschen Flughäfen Standard, auch am BER. Und für den Sommer 2023 erwarten Expert:innen ähnliches. Der Grund sind anhaltende Personalengpässe bei zugleich hohen Passagierzahlen, gab zum Beispiel der Flughafenbetreiber Fraport zu Protokoll.
 
Egal, ob das Gepäck auf der Hin- oder Rückreise abhandenkommt, ärgerlich ist das in jedem Fall. Vor allem dann, wenn Sachen fehlen, die dringend benötigt werden und nicht so schnell zu ersetzen sind. Oder man nach stundenlangem Flug am Traumreiseziel erst einmal ohne alles klar kommen muss. Richtig blöd wird es allerdings, wenn der Koffer am Ende überhaupt nicht mehr auftaucht.

Zeit ist Geld

Was also ist zu tun, wenn das Gepäck nicht auftaucht? Eine wichtige Rolle spielen vor allem die Zeit sowie eine Inventarliste über den Gepäckinhalt. Fehlt ein Gepäckstück bei der Ankunft, sollten sich Reisende am besten direkt vor Ort an die Gepäckermittlung bzw. den Lost & Found-Schalter des Flughafens wenden.
 
Um eine Verspätung zu melden, füllt man am Lost & Found-Schalter ein Formular aus, den sogenannten Property Irregularity Report (PIR), von dem man in jedem Fall eine Kopie anfordern sollte. Wer keine Lust hat, sich am Schalter anzustellen, kann seinen Gepäckverlust ebenfalls schriftlich und am besten per Einwurfeinschreiben anzeigen. Oder - falls der Schalter geschlossen ist - schauen Sie, ob das Formular online eingereicht werden kann.
 
Bei Gepäckverspätungen ist eine Schadensmeldung innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäcks notwendig, bei Gepäckbeschädigungen oder Verlust von Teilgepäck sogar innerhalb von 7 Tagen.
 
So schnell wie möglich sollten Reisende außerdem ihre Fluggesellschaft über den Verlust ihres Gepäcks informieren. Bei einer Reise mit mehreren verschiedenen Airlines sollte jede einzelne benachrichtigt werden. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg ist strittig, ob dafür eine E-Mail ausreicht - wer auf der sicheren Seite sein will, sollte die Anzeige also schriftlich per Einschreiben verschicken.
 
Auch der Reiseveranstalter bzw. das Reisebüro sollten informiert werden. Tun Sie dies am besten unverzüglich. Denn wer eine Pauschalreise gebucht hat, kann eine Verminderung des Reisepreises verlangen - das fehlende Gepäckstück stellt einen Reisemangel dar.
 
Achtung: Das PIR-Formular ersetzt weder die Meldung bei der Airline noch die beim Reiseveranstalter.
 
Außerdem gilt es, das Flugticket sowie den darauf klebenden Sticker mit der Gepäck-Registrierungsnummer gut aufzubewahren. Taucht das verspätete Gepäck nach drei Wochen nicht auf, gilt es als verloren. Dann muss die Airline erneut kontaktiert und der Verlust gemeldet werden. Üblicherweise geht das online.
 
Die Flugärger-App der Verbraucherzentrale NRW hilft bei allen hier beschriebenen Schritten und stellt sicher, dass Sie alle nötigen Formulare ausfüllen und alle Fristen einhalten.

Kurz & knapp: Tipps bei Gepäckverlust

- Verlust direkt schriftlich am Flughafen melden und Kopie anfordern,

- Airline und/oder Reiseveranstalter per Einschreiben informieren,

- Schadensersatz-Anspruch über Inventarliste und Rechnungsbelege nachweisen,

- Frist für Vergütung setzen.

Anspruch auf Schadensersatz

Egal, ob das Hab und Gut endgültig verloren geht oder seinen Besitzer verspätet oder beschädigt erreicht: Es besteht ein Anspruch auf Schadensersatz. Geregelt sind solche Ansprüche gegenüber einer Fluggesellschaft im Montrealer Übereinkommen. Bei Gepäckverlust beträgt der zu erstattende Höchstbetrag rund 1.500 Euro pro Passagier. Sofern das Gepäck nach der Ankunft am Urlaubsort fehlt, darf außerdem das Nötigste, also Zahnbürste oder Unterwäsche, auf Kosten des Reiseveranstalters bzw. der Fluggesellschaft gekauft werden. Belege dafür auf jeden Fall aufbewahren. Viele Airlines bieten ihren Gästen auch einen "Notfallkoffer" an.
 
Geltend macht man einen solchen Anspruch am besten per Einschreiben an die Airline bzw. den Reiseveranstalter. Darin sollten erwähnt sein: Name und Adresse des Fluggastes, Flugnummer, Flugdatum, Abflug- und Zielflughafen, Verweis auf einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß des Montrealer Übereinkommens sowie: eine Frist für die Vergütung.
 
Sofern die Airline Ihre Forderung anerkennt, ist die Höhe des Schadensersatzes vor allem von zwei Faktoren abhängig: der eigenen Buchführung und dem "Alter" des Gepäckinhaltes. Denn häufig verlangen die Airlines einen Nachweis über das Kaufdatum und den Wert der Gepäckgegenstände. Wer also stets seine Rechnungsbelege aufhebt, hat schon mal gute Chancen. Pro Jahr und Gegenstand wird jedoch ein Wertverlust von 30 Prozent abgezogen.
 
Ganz wichtig: Wertgegenstände wie Bargeld oder Schmuck sollten besser im Handgepäck verstaut werden, denn sie sind von jeglicher Haftung ausgenommen.

Licht am Ende des Gepäcktunnels

Trotz aller Fristen und Formalitäten gibt es ein kleines Licht am Ende des Gepäcktunnels: 95 Prozent aller verlorenen Koffer und Taschen werden innerhalb der ersten fünf Tage nach ihrer Verlustmeldung wiedergefunden und ausgeliefert. Wichtig ist nur, bei einer Auslieferung darauf zu achten, ob das Gepäckstück auch wirklich das eigene ist.

Gepäckfrust verhindern

• Nehmen Sie nur mit, was Sie wirklich brauchen - und schlimmstenfalls entbehren können.
 
• Packen Sie alle Wertgegenstände in Ihr Handgepäck.
 
• Stellen Sie eine Inventarliste für Ihr Aufgabegepäck auf und machen Sie ein Foto vom Inhalt des eigenen Gepäckstücks.
 
• Um die Suche nach dem Gepäckstück zu erleichtern, empfiehlt es sich, es mit Urlaubs- und Heimatadresse zu versehen.
 
• Checken Sie, ob Ihr Gepäck wirklich den Bedingungen der Airline entspricht - etwa, was das Gewicht angeht.
 
• Buchen Sie - so es geht - Direktflüge - und vermindern Sie so das Risiko, dass Gepäck verlorengeht.
 
• Nutzen Sie für Ihr Aufgabegepäck einen GPS-Tracker oder auch einen Airtag. Diese sind mittlerweile vom Luftfahrt-Bundesamt offiziell erlaubt, insofern sie mit Lithium-Metall-Batterien betrieben werden, deren Lithiumgehalt 0,3 Gramm und bei Lithium-Ionen-Batterien eine Wattstundenzahl von 2,7 Wh nicht überschreiten. Knopfzellen des Typs CR2032, die in Airtags oder Smarttags verwendet werden, fallen in diese Kategorie. Bisher fehlten eindeutige Vorgaben für die Mitnahme von Trackern im Aufgabegepäck, was zu unterschiedlichen Angaben der Airlines führte. Sollten Sie sich für einen Tracker entscheiden, behalten Sie im Hinterkopf, dass es Möglichkeiten gibt, diese Geräte zu manipulieren.