
Wohnen | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Hohe Heizkosten: Überprüfen, widersprechen, Zurückbehaltungsrecht wahrnehmen
Die Heizungskosten für 2023 sind vielfach höher, als Verbrauchende erwartet haben, das zeigen die Betriebskostenabrechnungen. Welche Schritte müssen Verbraucher:innen ergreifen, um da schuldenfrei raus zu kommen?
Die Nebenkostenabrechnung für 2023 hat für viele Verbraucherinnen und Verbraucher eines bedeutet: exorbitante Mehrkosten, vor allem wegen der hohen Heizkosten. "Aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise sehen sich viele Mieter:innen mit einer hohen Nachzahlung konfrontiert. Darauf war kaum jemand vorbereitet", erläutert die Berliner Verbraucherzentrale (VZ Berlin). In vielen Fällen werden diese hohen Kosten begründbar und insofern korrekt sein. In anderen Fällen aber nicht.
Das heißt für uns Verbrauchende, dass wir noch kritischer als sowieso schon auf die Jahresabrechnung schauen sollten. Welche Schritte sind aber darüber hinaus zu unternehmen, etwa, wenn die Nachzahlung finanziell einfach nicht gestemmt werden kann oder die Summe augenscheinlich nicht stimmt? Wann darf ich vom Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen, was ist das - und welche Regeln gelten dabei?
Als erstes einen Überblick verschaffen
Die Betriebskostenabrechnung ist da - und man kann seinen eigenen Augen nicht trauen: Das soll ich nachzahlen? Jetzt heißt es, Ruhe zu bewahren. Als erstes sollte die Abrechnung genau angesehen werden. Entweder man macht es selbst. Wie das genau geht und auf welche Feinheiten es zu achten gilt, zeigen wir an dieser Stelle. Auch auf den Seiten der Verbraucherzentrale findet sich eine genaue Anleitung. Oder man beansprucht die Hilfe eines Mietervereins oder einer anderen Verbraucherschutzorganisation.
Vielfach müssen im Verlauf der Prüfung Belege von der Hausverwaltung oder dem Vermieter angefordert werden. Dazu haben Mietende das Recht. Sämtliche Rechnungen und Belege, auf denen Ihre Abrechnung beruht, dürfen eingesehen werden. "Vermieter:innen dürfen Sie hier nicht mit Datenschutzbedenken abwimmeln", erläutert die VZ.
Wichtig: Findet sich ein Fehler, muss dieser gegenüber der Vermieterin oder dem Vermieter beanstandet werden. Wird nicht beanstandet, besteht Nachzahlungspflicht.
Ein Widerspruch sollte so schnell wie möglich eingelegt werden
Mieter:innen haben zwölf Monate Zeit, um einen Widerspruch einzulegen. Dennoch rät die VZ Berlin, mit dem Versenden des Widerspruchs nicht zu lange zu warten. Denn die Zahlungsfrist für die Nachzahlung muss eingehalten werden - und die liegt in der Regel innerhalb der ersten Wochen nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung.
"Das heißt: Sie sollten die Abrechnung so schnell wie möglich prüfen und beim Verdacht auf Fehler umgehend Widerspruch einlegen", so die VZ Berlin. Wichtig: Der Widerspruch ist begründet darzulegen - einfach nur widersprechen reicht nicht aus.
Zusammen mit dem Widerspruch kann die Belegeinsicht gefordert werden. Musterbriefe finden sich auf dieser Seite der VZ Berlin. Der Rat der Verbraucherschützenden: Aus Beweiszwecken sollte der Widerspruch mit einem Einwurfeinschreiben verschickt werden - und mögliche Abrechnungsfehler unbedingt noch innerhalb der Zahlungsfrist geltend machen.
Wer erstmal die Füße stillhält, kommt irgendwann in Schwierigkeiten - selbst wenn die Abrechnung fehlerhaft ist.
Droht bei Verzug direkt die Kündigung des Mietverhältnisses?
"Nicht beglichene Nachzahlungen können zur Kündigung der Wohnung durch Vermieter:innen führen", so die VZ. Das sei dann der Fall, wenn die geschuldete Nachzahlung einen gewissen Betrag übersteige - in der Regel die Höhe von zwei Monatsmieten.
Es gilt aber laut VZ auch: "So lange Vermieter:innen keine Einsicht gewähren, so lange haben Mieter:innen das Recht, sowohl Nach- als auch Vorauszahlungen zurückzuhalten." Es kann dann auch Druckmittel sein, um an die Belege zu kommen.
Dieses sogenannte Zurückbehaltungsrecht muss aber ausgesprochen werden. Dazu reiche folgender Satz im Widerspruchs-Anschreiben, so die Verbraucherschützenden: "Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass bis zur Ausübung der Rechnungsprüfung ein Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 242 BGB) an einer möglichen Nachzahlung geltend gemacht wird (BGH, Beschl. vom 22.11.2011 – VIII ZR 38/11)."
Was tun, wenn die Nachzahlung finanziell nicht drin ist?
Die Betriebskostenabrechnung ist korrekt, das Geld sitzt aber trotzdem nicht locker? Es kommt immer wieder dazu, dass Mietende die fristgerechte Nachzahlung der Betriebskosten nicht leisten können. In diesen Fällen gibt es zwei gangbare Wege. Zum einen rät die Verbraucherzentrale, das offene Gespräch mit der Vermieterin oder dem Vermieter zu suchen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Eventuell kann eine Ratenzahlung vereinbart werden.
In diesem Fall weisen die Verbraucherschützenden allerdings darauf hin, dass mit einer Ratenzahlung keine Einwendungen gegen die Abrechnung mehr erhoben werden können, da in der Ratenzahlungsvereinbarung meistens ein Schuldanerkenntnis oder ein Vergleich vorliegt.
Der andere Weg wäre, zu prüfen, ob ein Anspruch auf staatliche Unterstützung vorliegt, um die Nachzahlung fristgerecht zu begleichen. Denn auch Menschen mit regelmäßigem Einkommen können Anspruch auf Sozialleistungen bei hohen Heizkosten haben. Wer anspruchsberechtigt ist und wie man die Hilfen beantragt, fasst die Verbraucherzentrale auf dieser Seite zusammen.
Ein Ausblick auf die Betriebskostenabrechnung 2024
Im Jahr 2024 ist der Fernwärmepreis im Vergleich zu 2023 um deutliche 27,1 Prozent gestiegen. Auch die Raumheizkosten für Fernwärme sind um 25,4 Prozent höher ausgefallen. Beides geht aus einer Auswertung der Preis- und Verbrauchsentwicklung des Energiedienstleisters Techem hervor. Das Unternehmen arbeitete für die Verbrauchsprognose mit Temperaturdaten des Deutschen Wetterdienstes aus den Jahren 2023 bis 2024 sowie Daten des Statistischen Bundesamtes.
Insgesamt geht das Unternehmen jedoch davon aus, dass die Nachzahlungen für Verbrauchende für 2024 voraussichtlich niedriger als 2023 ausfallen werden. Die Preisentwicklung bei Strom und Gas, die sinkenden Ölpreise sowie die teils sehr milden Temperaturen seien dafür Anzeichen.
"Nach den teilweise drastischen Anstiegen in 2022 und 2023 ist der Strompreis 2024 gegenüber dem Vorjahr um 6,4 Prozent, die Preise für Gas und Öl um jeweils 3,6 Prozent bzw. 4,6 Prozent gesunken. Dementsprechend sind auch die Raumheizkosten für die jeweiligen Energieträger um 7,6 Prozent (Strom), 4,8 Prozent (Gas) und 5,8 Prozent (Öl) gesunken", rechnet Techem vor.
Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 28.01.2025.