Ist Wärmegewinnung durch Rechenzentren eine Alternative zum Gas? (Quelle: IMAGO / Arnulf Hettrich)
Bild: IMAGO / Arnulf Hettrich

Di 26.07.2022 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Wärme: Heizen mit Rechnern?

Gas wird teurer und knapper - und nachhaltig ist es auch nicht. Der Digitalverband Bitkom schlägt nun vor, Wärme aus Rechenzentren zu nutzen, um Haushalte zu heizen. Doch ist das so einfach möglich?

Hatten Sie schon mal einen Laptop auf den Beinen, der langsam Ihre Oberschenkel mit seiner Hitze gegart hat? So wie es ein recht kleiner Rechner macht, geben auch große Rechenzentren Hitze ab. Sehr viel Hitze. Oft verpufft diese - doch angesichts der Gaskrise scheint das eine Verschwendung. Denn die so gewonnene Wärme wäre im Vergleich zu Gas auch um einiges nachhaltiger.

Rechenzentren als Heizquelle

Mit der Abwärme großer Rechenzentren ließen sich laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom jährlich rund 350.000 Wohnungen in Deutschland mit Energie für Heizung und Warmwasser versorgen. "Dieses Potenzial sollten wir nicht weiter brachliegen lassen", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg. Die Rechenzentren müssten direkt an öffentliche und private Fernwärmenetze angeschlossen werden - oftmals fehle dafür jedoch die nötige Infrastruktur.
 
Mit der Abwärme der Rechenzentren könnten beispielsweise kommunale Einrichtungen wie Schwimmbäder, aber auch Privatwohnungen und Gewerbegebäude mit Wärme versorgt werden, erklärte der Bitkom. In Betracht kämen mittlere und große Rechenzentren, insbesondere in den Regionen Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg und München. Insgesamt belaufe sich die Anschlussleistung der entsprechenden Rechenzentren auf 965 Megawatt, rund die Hälfte dieser Leistung könne für die Abwärmenutzung herangezogen werden. Die Berechnungen basieren auf einer Studie, die das Borderstep Institute im Auftrag von Bitkom erstellte.

Noch fehlt Infrastruktur

Um die Abwärme zu nutzen, sind laut Bitkom jedoch zusätzliche Investitionen notwendig. So fehlten Fernwärmenetze oftmals komplett oder seien für die Abwärme der Rechenzentren nicht nutzbar. Die Temperatur der Abwärme liege meist knapp unter der Temperatur der Fernwärmenetze und müsse deshalb mit Hilfe von Wärmepumpen noch leicht erhöht werden. Der Einsatz von Wärmepumpen in Kombination mit der Nutzung von Abwärme sollte deshalb von Netzentgelten befreit werden, forderte Bitkom.
 
Mit der Nutzung der Abwärme aus Rechenzentren ließe sich nicht nur die Abhängigkeit von russischem Gas verringern, erklärte Bitkom weiter. Auch die Energiebilanz der stark wachsenden Rechenzentren könne so verbessert werden. Bisher werde die emissionsfreie Wärmeenergie der Rechenzentren meist ungenutzt an die Umwelt abgegeben.

Vattenfall: Rechenzentren werden in Betracht gezogen

Auf Anfrage von SUPER.MARKT erklärt Vattenfall-Pressesprecher Christian Jekat, dass man versuche, "alle anderen verfügbaren, klimaschonenden Wärmequellen zu nutzen, damit die Wärmewende gelingt". Das Ziel sei es, Berlin bis 2040 mit klimaneutraler Wärme zu versorgen.
 
Am Potsdamer Platz gibt es bereits eine solche Großwärmepumpe, die laut Jekat "die in der Kältezentrale entstehende Abwärme aus dem Kühlwasser als Wärmequelle nutzt und künftig etwa 55 Gigawattstunden Wärme im Jahr produziert".
 
Weitere solcher Großwärmepumpen seien bereits im Bau, wie etwa in Reuter West / Spandau. Jekat weiter: "Weitere Standorte in Berlin sind bereits für die Errichtung von Großwärmepumpen in der Betrachtung. Dazu zählt auch die Möglichkeit die Abwärme zu nutzen, die von Rechenzentren abgegeben werden."

Ein Beitrag von DB mit Material von AFP.