Das Wort "Google", aber halb wegradiet, daneben ei Bleistift mit Radiergummi (Quelle: imago images / Christian Ohde)
Bild: imago images / Christian Ohde

Mi 24.05.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Internet: Vergiss mein doch

In welchem Fall hat man im Internet ein Recht auf das Vergessenwerden und kann Suchmaschinen-Beitreiber auffordern, bestimmte Links nicht mehr anzuzeigen? Darüber hat jetzt der Bundesgerichtshof geurteilt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hohe Hürden für das Löschen von Einträgen in Ergebnislisten von Suchmaschinen gesetzt. Nach einem am Dienstag verkündeten Urteil müssen die Betroffenen ausreichend belegen, dass die über die Suchtreffer verlinkten Inhalte unwahr sind. Bei den Vorschaubildern ist danach eine Auslistung möglich, wenn eine Suchmaschine Fotos ohne inhaltliche Aussage und Kontext veröffentlicht. (Az: VI ZR 476/18)
 
Geklagt hatten ein Mann und eine Frau, die in führenden Positionen in der Finanzdienstleistungsbranche arbeiteten. Auf einer Internetseite in den USA erschienen 2015 drei Artikel mit erheblicher Kritik an dem Anlagemodell einiger der Gesellschaften, für die das damalige Paar arbeitete. Unterstellt wurde, dass die Provisionen dem Paar ein Leben in Saus und Braus ermöglichen. Der betreffenden US-Plattform geht es nach eigenen Angaben um Aufklärung und Transparenz.

Was ist angemessener Aufwand für den Nachweis?

Die Betreiber der Suchmaschinen sind indes nicht verpflichtet, diesbezüglich selbst zu ermitteln und Treffer mit möglicherweise falschen Angaben aus den Listen zu nehmen oder gar auf die Betroffenen zuzugehen. Das berge die Gefahr, dass auch solche Links nicht mehr auftauchen, die eigentlich nicht zu beanstanden und für die Information der Öffentlichkeit relevant wären - weil sich die Betreiber die Ermittlungsarbeit sparen wollen, erklärte der Vorsitzende Richter des sechsten Zivilsenats am BGH, Stephan Seiters.
 
Die obersten Zivilrichter und Zivilrichterinnen Deutschlands hatten sich an einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) orientiert.
 
Der Aufwand, den Betroffene für den Nachweis fehlerhafter Angaben betreiben müssen, soll laut Seiters angemessen sein. Was das genau bedeutet und wann Belege relevant und hinreichend genug sind, müsse allerdings für jeden Einzelfall geprüft werden. Klar ist die Sache, wenn ein Urteil bestätigt, dass die Informationen nicht der Wahrheit entsprechen. Eine Grundvoraussetzung ist darüber hinaus, dass in einem beanstandeten Text überhaupt personenbezogene Daten auftauchen.

Fotos ohne Zusammenhang dürfen nicht angezeigt werden

Das Gericht gab Klägerin und Kläger allerdings in einem Punkt Recht, nämlich, dass keine
Fotos mit ihnen ohne jeglichen Kontext in den Trefferlisten angezeigt werden dürfen - sogenannte Vorschaubilder ("Thumbnails").
 
Ohne Zusammenhang, nur für sich genommen, seien die Fotos nicht aussagekräftig, erläuterte Richter Seiters bei der Verkündung. Hier überwiege das Recht am eigenen Bild - auch wenn man mit einem Klick auf die Seite mit den entsprechenden Texten komme. Das Anzeigen solcher Vorschaubilder sei daher nicht gerechtfertigt gewesen.
 
Wenn Informationen der Wahrheit entsprächen, sei die Veröffentlichung ohnehin hinzunehmen, führte Seiters weiter aus. Nichts anderes gelte dann auch für Fotos, die mit dem Text publiziert worden seien.

Ein Beitrag von sw mit Material von AFP und DPA.