Gerichtssaal (rbb)
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- Prozess um Rentner-Mörder: „Ist das ein Monster?“

Freundlich, nett, hilfsbereit – ein Mörder? Josef S. soll einen Rentner ermordet, zerstückelt und dann 10 Jahre lang in einer Tiefkühltruhe in dessen eigener Wohnung aufbewahrt haben. Was ist das für ein Mensch? Drei Reporter haben Josef S. vor Gericht erlebt.

Er soll Heinz N. in dessen Wohnung in Prenzlauer Berg mit einem Kopfschuss ermordet, die Leiche zerstückelt und in eine Tiefkühltruhe gelegt haben. Danach soll er 10 Jahre lang die Rente seines Opfers kassiert haben. Seit Oktober 2017 steht Josef S. vor Gericht - Mord aus Habgier, Heimtücke und zur Ermöglichung einer anderen Straftat lautet die Anklage.
 

Zeugen beschreiben den Angeklagten als nett und hilfsbereit, zeichnen ein Bild, das nicht so recht zur Anklage passen mag. „Wir haben einen sympathischen Angeklagten und der sieht auch sehr sympathisch aus […]. Auf der anderen Seite haben wir eine Tat, die sich keiner vorstellen kann“, sagt Uta Eisenhardt, Gerichtsreporterin beim Stern. „Wo er hinkommt, da kommt Freude auf, so ungefähr, hilfreich, freundlich nett, handwerklich begabt, bekannt im Kiez“, sagt ihre Kollegin Katrin Bischoff von der Berliner Zeitung. Bischoff war zunächst neugierig: „Was ist das für ein Mensch. Ist das ein Monster? Man sieht niemandem an, dass er ein mutmaßlicher Mörder ist.“ Auch während der Verhandlung wirkt der Angeklagte nicht unsympathisch: „Er wirkt ruhig, konzentriert, schreibt alles mit, hat einen kleinen Bauchansatz, eine goldene Brille – gepflegt“, so beschreibt ihn Henno Osberghaus, Gerichtsreporter bei „Täter-Opfer-Polizei“.

„Immer der hilfsbereite Joschi“

„Joschi“ wird Josef S. genannt. Er betreibt einen Trödelladen in Weißensee, läuft oft im Blaumann herum,  hilft gern bei Reparaturen. Der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich seit Ende 2005. Mit seiner damaligen Lebensgefährtin hatte der Angeklagte wenige Monate in der Wohnung neben Heinz N. und dessen schwerkranker Frau gewohnt. Heinz N. hat dem 56-Jährigen vertraut. Der Angeklagte hatte den Wohnungsschlüssel des Opfers, kümmerte sich um den Rentner, nachdem dessen Frau gestorben war.
 
„Das Motiv ist ganz einfach: Habgier, er brauchte Geld.“ sagt Osberghaus. Der kleine Trödelladen habe nichts abgeworfen. Außerdem sei er offensichtlich nicht in der Lage gewesen, „für sich Gegenleistung zu fordern“, sei „immer der hilfsbereite Joschi“ gewesen, beschreibt Uta Eisenhardt. Und der Angeklagte war spielsüchtig, „er hat an Automaten viel Geld verbraten und diese Lücke musste geschlossen werden“, sagt Osberghaus und Eisenhardt resümiert: „Die Querfinanzierung sah dann eben so aus, dass Heinz N. sterben musste.“

„Ist er ein Zweifach-Mörder?“

Als die Polizei Josef S. festnimmt, findet sie persönliche Dinge von Heinz N. bei dem Angeklagten, darunter dessen EC-Karte. Zehn Jahre lang hob der Angeklagte die monatliche Rente  von Heinz N. ab, etwa 2.000 Euro. Aber die Ermittler fanden noch weitere Einkünfte, als sie das Konto des Angeklagten prüften: Sie führten zu der Rentnerin Irma K., die seit dem Jahr 2000 nicht mehr gesehen wurde und bis heute spurlos verschwunden ist. Auch sie hat in der Nähe von Josef S. gewohnt. „Die Polizei geht klar von einem Verbrechen aus, tippt auf Mord, aber es gibt bisher noch kein Ergebnis, da wird irgendwann demnächst Anklage erhoben werden“ sagt Osberghaus. „Es wird natürlich heiss diskutiert: Ist er ein Zweifach- Mörder? Also hat er erst Irma K. umgebracht und dann Heinz N.?“ sagt Eisenhardt.
 
Aus ihrer Erfahrung wisse sie, dass es nicht so selten sei, dass Menschen andere Menschen tot vorfinden oder die Idee haben, jemand könnte tot in seiner Wohnung liegen und kassieren dann weiterhin deren Bezüge. „Ich könnte mir so was vorstellen, dass das erst mal der Auslöser gewesen ist, der die Idee hat reifen lassen Heinz N. zu töten.“
 
Katrin Bischoff kann sich „schon vorstellen, dass er auch diesen Menschen auf dem Gewissen hat.“