Presseinformation 23/2003 vom 26.05.2003 - „Hansjürgen Rosenbauer im Gespräch mit Hans-Jochen Vogel“

Am 28. Mai um 21.35 Uhr im RBB Brandenburg. Agenda 2010 und die Rolle der Gewerkschaften, Oscar Lafontaine... Im Vorfeld des SPD-Sonderparteitages am 1. Juni 2003 sind diese Themen von besonderer Brisanz. Hansjürgen Rosenbauer befragt dazu den ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans-Jochen Vogel. Der RBB Brandenburg zeigt „Hansjürgen Rosenbauer im Gespräch mit Hans-Jochen Vogel“ am Mittwoch, 28. Mai, 21.35 Uhr.

Hans-Jochen Vogel ist ein SPD-Politiker mit einer außergewöhnlichen Karriere. Er war unter anderem jüngster Oberbürgermeister einer europäischen Großstadt (München), Bundesjustizminister, Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl 1982 und Bundesvorsitzender seiner Partei. Bequem war er nie, eher bestimmend, aber Verständnis und Aussöhnung sind richtungweisend für sein politisches Handeln. Mit nun 75 Jahren engagiert sich der gefragte Experte für Zuwanderung immer noch – auch gegen das Vergessen von Verfolgung in der DDR.


Liebe Pressekollegen, nachfolgend finden Sie Auszüge aus dem Interview.


Hansjürgen Rosenbauer:

Kritiker sagen, dass die Agenda 2010 als Paket nicht ausgewogen sei.


Hans-Jochen Vogel:

Das höre ich auch und dann kommt als Alternative meist die höhere Verschuldung, insbesondere von den Gewerkschaftlern, die ja zum Teil den Sturz von Schröder als ihr Ziel proklamiert haben. Die sagen also, macht halt noch mehr Schulden. Jetzt wissen wir seit einigen Tagen, dass wir sowieso die Schulden verdoppeln müssen. Ich halte es nicht für vertretbar, der jungen Generation immer noch mehr aufzuladen und die staatlichen Handlungsmöglichkeiten durch die steigende Zinslast immer mehr zu begrenzen ... Stattdessen sollte man sich mehr um die sehr hohen Einkommenserhöhungen in den Vorstandsetagen kümmern. Da sitzen ja im Aussichtsrat auch die Gewerkschaften. Das wäre ein Thema zum besseren Ausgleich.

Hansjürgen Rosenbauer:

Einige Gewerkschaftler würden den Bundeskanzler gerne stürzen. Das überrascht natürlich insofern, als in der öffentlichen Wahrnehmung Gewerkschaften und SPD sozusagen zwei Beine desselben Unternehmens sind. Was ist da passiert?


Hans-Jochen Vogel:

Wir haben eine gemeinsame Geschichte ... Aber wir haben erstmals eine Situation, in der es nicht um zusätzliche Verteilung sondern um Einschnitte geht und das ist für die Gewerkschaften wahrscheinlich noch schwieriger als für die Sozialdemokratie.
Nur: Diejenigen, die selbst den Sturz Schröders in Kauf nehmen oder ihn sogar mehr oder weniger offen anstreben, die sollten doch bitte einen Moment überlegen, welche Regierung kommt dann und was hat die denn vor?... Also, das ist ein Bruch in der logischen Argumentation.


Hansjürgen Rosenbauer:

Die SPD hat prominente Ratgeber, die ehemalige Vorsitzende dieser Partei waren. Was halten sie von diesen Ratschlägen, die u.a. von Lafontaine kommen?


Hans-Jochen Vogel:

Ich anerkenne seine Fähigkeiten, ich anerkenne auch, was er in schwieriger Zeit geleistet hat. Aber seitdem er aus dem Amt des Vorsitzenden geflüchtet ist, das hingeworfen hat wie ein dreckiges Hemd, und seitdem er seine eigene Partei ausgerechnet in der BILD-Zeitung auf diese Art und Weise bekämpft hat, habe ich den Eindruck, er ist jetzt völlig seiner Egozentrik unterworfen.