Arbeitsfoto mit (v.l.) Mark Monheim (Buch & Regie), Cooky Ziesche (Redaktion),Verena Veihl (Redaktion), Jana Lämmerer (Kamera), hinten: Florian Deyle (Produzent), Max Eipp (Buch & Regie) (Bild: rbb/Hardy Spitz)
Arbeitsfoto mit (v.l.) Mark Monheim (Buch & Regie), Cooky Ziesche (Redaktion),Verena Veihl (Redaktion), Jana Lämmerer (Kamera), hinten: Florian Deyle (Produzent), Max Eipp (Buch & Regie) | Bild: rbb/Hardy Spitz

"Alles Isy" - Alles Isy? - Statement der Macher

Gemeinsames Vorwort von Cooky Ziesche, rbb-Abteilungsleiterin Film und verantwortliche Redakteurin für "Alles Isy", Mark Monheim und Max Eipp, Buch & Regie sowie Produzent  Florian Deyle

Dieser Film erzählt von einer Vergewaltigung und den Folgen der Tat. Sieht man von Mord und Totschlag ab, ist Vergewaltigung die schwerwiegendste Gewalttat in unserer Gesellschaft. Kaum ein Verbrechen ist erniedrigender und beschämender, verletzt so nachhaltig Seele und Persönlichkeit der Opfer. Kaum ein Verbrechen wird so oft verharmlost und negiert. Und kaum ein Verbrechen wird so selten angezeigt und strafrechtlich aufgearbeitet.

Eine Vergewaltigung trifft in das Zentrum menschlicher Intimität, sie greift Körper und Seele gleichermaßen an und hinterlässt dennoch meist kaum sichtbare Spuren. Die Scham der Betroffenen potenziert sich mit dem gesellschaftlichen Reflex, dem Opfer mindestens eine Mitschuld an der Tat zu geben. Die Tendenz den Vorfall zu bagatellisieren und die Tatsache, dass es zu lange Konsens war, dem Opfer die Beweislast zuzumuten, hat dazu geführt, dass viele Betroffene schweigen.

Wir befinden uns gegenwärtig in einer Umbruchsituation. Das Thema sexuelle Gewalt war lange mit einem gesellschaftlichen Tabu belegt – das ändert sich nun durch die #MeToo-Debatte. Es ist eine große gesellschaftliche Herausforderung, die Kultur des Schweigens und den Mangel an Kommunikation zu überwinden. Denn wie immer, wenn ein Konflikt zu lange nicht ausgetragen wurde, entlädt er sich schließlich mit großer emotionaler Wucht. Und wie so oft fokussiert sich die mediale Debatte auf einige wenige prominente Fälle, über die hitzig diskutiert wird. Dabei gerät schnell in Vergessenheit, wie alltäglich und allgegenwärtig Sexismus und sexuelle Gewalt immer noch sind!

"Alles Isy" ist der Versuch, den Blick wieder auf den Lebensbereich zu lenken, in dem der Großteil sexueller Übergriffe stattfindet: im nächsten Umfeld, unter vertrauten Menschen. Indem wir die Mechanismen des Schweigens, des Vertuschens, der Scham und der Ohnmacht schildern, wollen wir ergründen, wie es dazu kommt, dass über 90 Prozent der sexuellen Übergriffe nicht angezeigt werden.

Ebenso wichtig war es uns, Beratungsangebote für Opfer sexueller Gewalt in die Filmerzählung einzubauen. Denn es gibt Hilfsangebote für Opfer, aber sie sind noch viel zu wenig bekannt. So gibt es für jugendliche Opfer sexueller Gewalt die Kinderschutzambulanzen an fünf Krankenhäusern in Berlin und für Opfer über 18 auch die Gewaltschutzambulanz der Charité, außerdem Berliner Beratungseinrichtungen wie LARA oder WILDWASSER, denen wir für ihr Engagement besonders danken möchten.

Die SPEAK!-Studie aus Hessen (2017) hat ergeben, dass sexuelle Gewalt unter Jugendlichen ein ernstes Problem ist: Über die Hälfte der Jugendlichen ist betroffen. Wie lernen Jugendliche heute Sexualität kennen? Mit nahezu unbegrenztem Zugriff auf pornografische und gewalttätige Inhalte machen Mädchen und Jungen immer früher Erfahrungen, die sie überfordern können. In Kombination mit dem bei Drogen- und Alkoholkonsum einkalkulierten Kontrollverlust können die Folgen dramatisch sein. Vor allem aber ist es – aus unserer Sicht – der Mangel an Kommunikation mit Jugendlichen, der dazu führt, dass Grenzen verschwimmen und rote Linien nicht klar genug gezogen oder aber missachtet werden. Sexuelle Gewalt zu bekämpfen bevor sie passiert, ist eine Aufgabe, der Eltern, Schule, Medien und Politik gemeinsam mehr Aufmerksamkeit widmen sollten! Prävention und Aufklärung müssen endlich zentraler Bestandteil von Bildungs- und Erziehungskonzepten werden. Denn wenn es zu einem Übergriff gekommen ist, ist es zu spät – für immer und für alle Beteiligten.

 

Pressedossier