Das Sandmännchen steuert den ersten Hubschrauber. (1961) | rbb/DRA/Waltraut Denger
Das Sandmännchen steuert den ersten Hubschrauber. (1961) | Bild: rbb/DRA/Waltraut Denger

- Die Geschichte vom Sandmännchen

Am 22. November 1959 hatte "Unser Sandmännchen" seinen ersten Auftritt auf ostdeutschen Bildschirmen. Fernsehansagerin Käthe Zille hatte die Premiere am Vorabend angekündigt: "Um 18.55 Uhr kommt unser Sandmännchen und wird den kleinen Zuschauern Gute Nacht sagen."

Die Fernsehmacher in Berlin-Adlershof hatten damit einen Wettlauf gewonnen: Wenige Wochen zuvor war bekannt geworden, dass der SFB ein "Sandmännchen" produzieren will. Seit Oktober 1958 hatte man im Deutschen Fernsehfunk bereits "Abendgrüße" gesendet, allerdings ohne Sandmännchen. Nun wurde mit aufwendiger Tricktechnik die erste Folge gedreht, nachdem Gerhard Behrendt eine Puppe gestaltet und Wolfgang Richter ein Lied komponiert hatten.

Um sich vom Westen abzugrenzen, nannte man die neue Reihe "Unser Sandmännchen". Die Puppe eroberte die Herzen der kleinen Zuschauer auf Anhieb: Weil das Sandmännchen am Ende der ersten Sendung selbst müde war und im Schnee einschlief, boten ihm viele Kinder in Briefen ihre eigenen Betten an.  

Eine Märchenfigur stand für das Sandmännchen Pate

Literarischer "Vorgänger" des Fernseh-Sandmännchens ist der "Sandmann" aus dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen. Dort hieß der Kobold eigentlich "Ole Lukøje", was mit "Ole Augenschließer" übersetzt werden kann. Vom Schlafsand ist im dänischen Original keine Rede, vielmehr von "süßer Milch", die der emsige Wicht den Kindern in die Augen sprüht. Den "Sand" brachten erst deutsche Übersetzer in das Märchen. Dass "Ole Augenschließer" das Schlafengehen mit kleinen Geschichten versüßt, hat die Macher der Sandmännchensendung in jedem Fall inspiriert.

"Unser Sandmännchen" wurde zur Kultsendung. Es kam auch nach dem letzten Sendetag des Deutschen Fernsehfunks, dem 31. Dezember1991, zuverlässig jeden Abend. Seit dem 1. Januar 1992 liegt die Federführung für das beliebte Kinderprogramm bei ORB/rbb.

Übrigens: In den vergangenen 60 Jahren gab es nur wenige Abende ohne "Unser Sandmännchen". Das war an den Todestagen des ersten DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl (21.9.1964) und des Vize-Staatsratsvorsitzenden Johannes Dieckmann (22.2.1969). Als am 5. September 2009 im Programm des rbb Fernsehens nonstop "24h Berlin" lief und am 4. Mai 2019 ausschließlich "24h Europe" gesendet wurde, war "Unser Sandmännchen" ausnahmsweise nur im KiKA und im MDR-Fernsehen zu sehen.

Selbst am Abend des Mauerfalls (9.11.1989) brachte das Sandmännchen die Kleinen zu Bett. Diesen historischen Sandmann-Abendgruß zeigt das rbb Fernsehen am 9. November 2019 um 17.50 Uhr.

Sie waren die Schöpfer des Sandmännchens und seiner Sendung: Gerhard Behrendt (Bild Mitte), der Regisseur, Autor, Puppenbildner und Sandmännchen-Vater, Wolfgang Richter (Bild links), der Komponist des Sandmännchen-Liedes, und der Trickszenenbildner Harald Serowski. / rbb

Der Sandmann-Erfinder Gerhard Behrendt (1929 - 2006)

Im Jahr 1959 schuf der Regisseur, Autor, Puppen- und Szenenbildner Gerhard Behrendt im Auftrag des DFF-Fernsehens den Fernsehliebling von Generationen, eine Kultfigur: "Unser Sandmännchen". Gerhard Behrendt verlieh dem kleinen Schlafbringer liebevoll Gestalt, sowohl "Kindliches als auch das Merkmal der Weisheit und der Würde des Alters", wie er selbst sagte. Die warme und freundliche Ausstrahlung lässt die animierte Puppe fast zu einer realen Persönlichkeit werden, deren Charme sich kaum jemand entziehen kann. Die "Welt des Sandmännchens" war für Gerhard Behrendt zur Lebensaufgabe geworden. Ab Mitte der 60er Jahre baute er ein "Puppen-Trickstudio" auf, wirkte selbst auch als Animator. Gemeinsam mit seinem Team – alle Experten in Sachen Traumsand – wies Gerhard Behrendt "seinem" Sandmännchen den Weg durchs Märchenland und ferne Länder, ins Weltall oder auf den Meeresgrund.

Der Auftrag: Den Kindern mit einer traumhaften Gute-Nacht-Geschichte den Weg ins Bett zu erleichtern, denn niemand kannte das Sandmännchen so gut wie er. Gerhard Behrendt starb am 26. September 2006 in Berlin.

Der Komponist Wolfgang Richter (1928 - 2004)

"Sandmann, lieber Sandmann ..." - Jedes Kind kennt das Sandmannlied und kann es singen. Wolfgang Richter komponierte diesen Ohrwurm an nur einem Abend im November 1959! Grund für die Eile war das Gerücht, die "West-Konkurrenz" plane als Pendant zum Sandmännchen ebenfalls einen Gute-Nacht-Gruß für Kinder.

Wolfgang Richter reagierte flexibel und ließ sich den Text gleich durchs Telefon diktieren. Knapp drei Stunden später war der Hit fertig. Als Musikredakteur schrieb er – neben dem Sandmannlied – Musiken für zahlreiche Sendungen des Kinderfernsehens und für zwei Kinderfilme. Außerdem komponierte er vier Ballettmusiken und Musik für zwei Kinderrevuen.

Wolfgang Richter verstarb am 22. Mai 2004 im Alter von 75 Jahren.

Das erste Auto: Das Sandmännchen im Trabant an der S-Bahn-Unterführung Berlin-Alexanderplatz. (1964) | rbb/DRA/Günther Vent

Der Fahrzeugbauer Harald Serowski (1929 - 2005)

"Womit kommt das Sandmännchen denn heute?" Diese Frage beschäftigt Generationen von Kindern Abend für Abend, denn Sandmännchens großer Fuhrpark ist legendär! Der Schöpfer der meisten Sandmann-Fahrzeuge ist Harald Serowski. Als erster Trickszenenbildner im Trickfilmstudio des Deutschen Fernsehfunks hat er für das Sandmännchen über 1.000 Szenenbilder und 200 Fahrzeuge entworfen. Bei der Entwicklung der Fahrzeuge bewies Harald Serowski viel Fantasie und eine große Liebe zum Detail. Der Ideenreichtum, mit dem er dem Sandmännchen durch Fortbewegungsmittel aller Art den Weg rund um die Welt ermöglichte, hat Sandmännchens Fuhrpark längst zur Legende werden lassen.

Im großen Fundus sind Traktoren, Kutschen, Schlitten, Autos, Fischkutter und Raketen ebenso zu finden wie Taucherglocken, Segelboote, Lilienthalgleiter und zahlreiche Züge.

Viele Tiere, auf denen das Sandmännchen mitunter gerne dahergeritten kommt, sind ebenso Harald Serowskis Werke, wie der berühmte Märchenwald, der Fuchsbau und das Elsternest. Harald Serowski verstarb am 9. November 2005 im Alter von 76 Jahren.

Pressedossier