Jonas Fleischauer (Tom Gronau, li) muss sich regelmäßig auf Drängen seiner streng gläubigen Mutter Magda Fleischauer (Anna Grycewicz, re) exorzieren lassen. (Bild: rbb/Arnim Thomaß)
Jonas Fleischauer (Tom Gronau, li) muss sich regelmäßig auf Drängen seiner streng gläubigen Mutter Magda Fleischauer (Anna Grycewicz, re) exorzieren lassen. | Bild: rbb/Arnim Thomaß

Polizeiruf 110: Heilig sollt ihr sein - Zwei Fragen an Drehbuchautor Hendrik Hölzemann

Was bedeutet Glaube für Sie und was hat Sie dazu inspiriert ein Drehbuch über die Kraft des Glaubens zu schreiben?

Ich habe mich immer schon mehr für die Ursachen, den Kern der Dinge interessiert, als für ihre unmittelbaren Auswirkungen in der Welt. Philosophie geht mir über Politik, könnte man sagen. Insofern war dieser Film und sein Thema etwas, worauf ich sofort angesprungen bin. Außerdem wollte ich gerne einen Polizeiruf machen, indem es keinen wirklichen "Bösen" gibt. Niemand der aus Habgier, Rache, Neid tötet, sondern vielmehr sollte es um einen Menschen gehen, der eigentlich das Gute will und bei der Umsetzung scheitert. Die Frage nach dem Glauben, nach dem, was wir nicht beweisen können, aber vielleicht trotzdem irgendwie fühlen, muss, denke ich, jeder für sich selbst beantworten. Ich jedenfalls war immer schon auf der Suche nach einem verbindenden Element zwischen Religion, Philosophie und Wissenschaft. Und heute spricht auch aus naturwissenschaftlicher Sicht immer mehr dafür, dass das Bewusstsein eine ordnende Kraft ist, die unabhängig von Materie besteht und unser Gehirn vielleicht eher ein Transmitter als ein Generator dieser Kraft ist. Wenn wir aber das Bewusstsein nicht herstellen, sondern lediglich empfangen, warum sollte es dann nicht mehr vorhanden sein, sobald wir es nicht mehr sind? Und dann wäre auch der Gedanke, dass wir alle "eins" sind, wie auch immer man dieses Eine nennen möchte, nicht mehr so abwegig, oder?

Es geht im Drehbuch auch um das Phänomen des Exorzismus. Inwieweit ist das ein Thema in Polen und wie sind hier die Unterschiede zwischen Deutschland und Polen?

In Polen ist der Exorzismus weit verbreitet. Dort gibt es viele berufene Exorzisten und sogar einige, die in großen Stadien Befreiungsgottesdienste abhalten und wie Popstars gefeiert werden. In Deutschland ist der Exorzismus eine Randerscheinung, aber meines Wissens nach auch wieder im Kommen. Im Unterschied zu Polen, wo allein die katholische Kirche das Recht hat, einen Exorzisten zu benennen, sind es in Deutschland eher freikirchliche Prediger, die sich auf diesem Feld betätigen.

Wie bei allen komplexen Vorgängen, so gibt es natürlich auch hierbei unzählige Möglichkeiten, den Vorgang zu missbrauchen. So wird in Polen zum Beispiel versucht, mithilfe von Exorzismen "Krankheiten" wie Homosexualität zu heilen, was ich für absurd und einen Schritt in die völlig falsche Richtung halte. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Berichte von Menschen, die leiden und denen weder ein Arzt noch Psychiater helfen konnte. Erst der Besuch bei einem Exorzisten führte schließlich zur Linderung. Anders als oftmals in Filmen etc. dargestellt, ist der Exorzismus allerdings keine einmalige Angelegenheit, kein Shootout zwischen Gut und Böse, sondern ein langwieriger Prozess. 

Drehbuchautor Hendrik Hölzemann (Bild: rbb/Martin Walz)
Bild: rbb/Martin Walz

Drehbuchautor Hendrik Hölzemann

Hendrik Hölzemann, aufgewachsen und zur Schule gegangen in Wiehl, in der Nähe von Köln. Nach dem Abitur leistet er seine Zivildienstzeit als Rettungssanitäter bei den Maltesern in Köln ab. Danach studiert er an der Filmakademie in Ludwigsburg Regie und Drehbuch. Dort schreibt er seinen ersten Kinofilm "Nichts bereuen" (Regie: Benjamin Quabeck).  Als Abschlussarbeit verfasst er das Drehbuch "Kammerflimmern", das er nach dem Studium verfilmt.

Er arbeitet in der Folge hauptsächlich als Autor im Kinobereich und dreht nebenbei als Regisseur Musikvideos und Werbespots. Nach einer Vorlage von Andre Bergelt, schreibt und inszeniert er seinen zweiten Kinofilm "Axel der Held", der seine Premiere 2018 auf dem Max Ophüls Festival feiert und 2020 im Sommerkino der ARD ausgestrahlt werden wird. Danach schreibt er als Autor für den Tatort Saarbrücken, wo er für die beiden neuen Kommissare Hölzer & Schürk verantwortlich zeichnet. Deren erster Fall "Das fleißige Lieschen" wird Ostermontag 2020 im Ersten zu sehen sein. "Heilig sollt ihr sein" ist sein erster Polizeiruf 110. Er lebt mit Frau und zwei Kindern in Berlin und erfreut sich dort des Lebens.

Mehr im Internet unter: www.la-gente-agentur.de/portfolio/hendrik-hoelzemann/

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