André Kaczmarczyk am Set in Lichterfeld (Bild: rbb/Christoph Assmann)
Making-of zu den Dreharbeiten in Lichterfeld | Bild: rbb/Christoph Assmann

Polizeiruf 110: Abgrund - Buch und Regie // Making-of-Video

Zwei Fragen an die Drehbuchautoren Ralf Leuther und Peter Dommaschk

Die Region und die Geschichte von "Abgrund" sind stark miteinander verwoben. Was war der Ausgangspunkt der Stoffentwicklung, wie der Prozess?

Als Autoren sind für uns Regionen und Menschen in Umbruchsituationen immer besonders interessant. Und da die "Osthälfte" unseres Autorenteams aus Cottbus stammt, war es ein besonderes Anliegen, die Geschichte in der vertrauten Heimat anzusiedeln und von Lausitzern zu erzählen, die aktuell in eine ungewisse Zukunft schauen – und in unserem Film durch eine Verbrechensserie unter maximalen Druck geraten. Konzentriert auf den Mikrokosmos eines Dorfes war es für uns ein organischer Prozess, die von Umbrüchen geprägten Biografien der Protagonisten mit dem planvollen Agieren des Täters und der Jagd der Ermittler zu verbinden. Dass Redaktion, Produktion und insbesondere Regisseur Stephan Rick unsere Vision so allumfassend teilten, hat die Stoffentwicklung zur großen Freude gemacht.

Die vom Bergbau zerklüfteten Gebiete in der Lausitz sind ebenso atemberaubend wie die weite renaturierte Landschaft. Warum ist sie in diesem "Polizeiruf 110" mehr als eine Kulisse?

Die riesigen Wunden in der Landschaft, die der Bergbau hinterlassen hat, entsprechen den harten Zäsuren in den Lebensläufen der Menschen, die hier leben – damals durch die Wende, nun durch das Ende der Braunkohle. Auf der anderen Seite symbolisiert die langsame Heilung der einstigen Mondlandschaften durch Rekultivierung die Hoffnung der Menschen auf etwas Neues, auf echte, nachhaltige Perspektiven. Als Autoren sind wir glücklich über diese starken filmischen Motive, die viel sinnlicher als jeder Dialog ein Gefühl für die Menschen im – für viele dramatischen - Strukturwandel vermitteln.

Drehbuchautor Ralf Leuther (Bild: rbb/privat)
| Bild: rbb/privat

Ralf Leuther

Ralf Leuther ist in Schleiden (Eifel) geboren und arbeitete nach seinem Germanistikstudium als freier Journalist u.a. für das "Handelsblatt" und die "Die Welt". Als Drehbuchautor hat er u.a. für den Kölner "Tatort" und die "Sesamstraße" geschrieben. Heute lebt der Autor in Berlin.

Drehbuchautor Peter Dommaschk (Bild: rbb/privat)
| Bild: rbb/privat

Peter Dommaschk

Peter Dommaschk stammt aus Cottbus. Nach seinem Studium an der Kunsthochschule für Medien in Köln zog es Dommaschk an die Drehbuchakademie der Internationalen Filmschule. Der Regisseur und Drehbuchautor zeichnet sich u.a. für Bücher von "Soko Köln", "Morden im Norden" und den "Tatort" Dresden verantwortlich.

Zwei Fragen an Regisseur Stephan Rick

"Abgrund" ist nach "Der Preis der Freiheit" (2016) und "Tod einer Journalistin" (2019) bereits der dritte "Polizeiruf 110" den sie mit der Figur Adam Raczek realisiert haben, das Duo Raczek-Ross ist allerdings neu. Wie haben Sie sich der Figurenkonstellation genähert, was war Ihnen wichtig?

Die beiden Figuren Raczek und Ross sind nicht nur Vertreter zweier Generationen, sie stehen auch für unterschiedliche Modelle von Männlichkeit. Dadurch sind bestimmte Konflikte immanent. Mir war es wichtig, hinter diese offensichtlichen Gegensätze zu schauen, die Verletzlichkeit beider Figuren zu zeigen. Der Unterschied: Für Vincent Ross ist es der Anfang einer Reise, hier muss es auch in zukünftigen Episoden noch viel zu entdecken geben, für Adam Raczek hingegen ist es der Abschluss.

Es ist die letzte Episode für Kommissar Adam Raczek, er ist körperlich und seelisch angeschlagen, trifft schließlich eine folgenschwere Entscheidung. Was war für Sie die Herausforderung bei der Inszenierung des inneren Dramas zum Abschied dieser Figur?

Adam Raczek macht das meiste mit sich selbst aus, es gibt niemanden dem er seine Gefühle spiegelt. Deshalb war es wichtig, seinen inneren Zustand filmisch zu übersetzen. Visuell, aber auch auf Ton- und Musikebene findet Raczeks Entwicklung eine Entsprechung. Ein wichtiger Punkt dabei ist auch Raczeks Beziehung zu der Figur Eva, die einen Gegenpol zur dunklen Seite des Kommissars darstellt. In diesem Spannungsfeld kommen schließlich das innere und das äußere Drama des Kommissars zusammen.

Regisseur Stephan Rick (Bild: rbb/Sabine Finger)
Regisseur Stephan Rick | Bild: rbb/Sabine Finger

Regisseur Stephan Rick

Stephan Rick, Jahrgang 1974, lebt und arbeitet als freier Regisseur in Berlin und Los Angeles. Er studierte in Bochum, New York und Ludwigsburg. Seine Arbeiten haben national und international Beachtung gefunden: Die von ihm mitentwickelte und inszenierte Thrillerserie "Allein gegen die Zeit" wurde u.a. für den Banff World TV Award und den International Emmy Award nominiert. Seinem ersten abendfüllenden Spielfilm, dem mehrfach ausgezeichneten Psychodrama "Unter Nachbarn", folgten die ersten Primetimearbeiten für ZDF und ARD, sowie die Martin Suter Bestsellerverfilmung "Die dunkle Seite des Mondes". Der von ihm inszenierte Horrorthriller "The Super" hatte 2018 seinen Kinostart in den USA. Sein zweiter englischsprachiger Kinofilm, die amerikanisch-europäische Koproduktion "The Good Neighbor", kam 2022 in die US-Kinos. Aktuell dreht er die 6-teilige Miniserie, "Die Quellen des Bösen". Der "Polizeiruf 110: Abgrund" ist der dritte Fall von Adam Raczek, der unter seiner Regie entstanden ist.

Pressedossier