Drehbuchautor und Regisseur Volker Heise (Bild: rbb)
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Drehbuchautor und Regisseur Volker Heise im Video-Interview | Bild: rbb

Berlin 1933 - Tagebuch einer Großstadt - Volker Heise über die Umsetzung des Films

2020 habe ich mit "Berlin 1945 – Tagebuch einer Großstadt" versucht, Geschichte aus der Perspektive der Zeitgenossen zu erzählen. Das letzte Jahr des Dritten Reichs, Niederlage und Befreiung zugleich, als Montage aus Tagebüchern, Notizen, Briefen, Fotos, Dokumenten, Filmen, die sich ausschließlich auf der Höhe der Ereignisse bewegt: Geschichte, die sich ereignet.

Mit "Berlin 1933" setze ich diese Arbeit fort und schlage gleichzeitig den Bogen zurück, an den Anfang des Dritten Reiches, in die Mechanik der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, in dieses Gespinst aus Gewalt und Propaganda, aus Hoffnung und Angst, aus Aufstieg und Ausgrenzung. Wieder ist es eine Reise zu den Originalquellen; dahin, wo die Stimmen einer untergegangenen Zeit zu einem sprechen, und erneut ist es ein Jahr des radikalen Wandels: das Ende einer Demokratie und der Beginn einer Diktatur, die binnen eines Jahres zu einem totalitären Regime wird. Diese Transformation sollte multiperspektivisch sein, aus den Blickwinkeln der Opfer und Täter, der Mitläufer und Eingeschüchterten, um in die Verästelungen der Geschichte und der Geschichten hineinzukommen, in die Mikrophysik der Machtübernahme.

Die Idee ist, nicht aus der bequemen Position der Nachgeborenen zu urteilen, eine Art Feldherrenhügel einzunehmen, der einen objektivem Gesamtüberblick zu bieten scheint, sondern die Position der Menschen einzunehmen, die mitten in den Ereignissen stecken. Eine Methode, die mir umso wichtiger erscheint, als die eigentlichen Zeitzeugen immer älter und immer weniger werden und Erinnerungen oft ihre eigenen blinden Flecken haben. Ein Blick auf die Ereignisse 1933 ohne den Hochmut der sicheren Entfernung scheint mir auch deshalb notwendig, weil die Entfernung gar nicht so groß ist. Es lässt sich leicht sagen, der Firnis der Zivilisation sei dünn, aber wie zerbrechlich er wirklich ist, weiß man im schlimmsten Fall erst, wenn es zu spät ist. Das Jahr 1933 in Deutschland, das Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme, ist ein Beispiel für eine Gesellschaft, die mitten in der Krise den falschen und verhängnisvollsten Weg wählt, um ihr zu entkommen. Und an Krisen ist die Zukunft ebenso wenig arm wie an Versuchungen, ihr mit den Mitteln der Vergangenheit zu begegnen.

Pressedossier