Viele Fernseher-Besitzer kennen das Phänomen, dass man an einem TV-Abend kaum um den ständigen Griff zur Fernbedienung herumkommt, um unterschiedliche Lautstärken-Niveaus anzupassen. Wechselt man etwa von Das Erste zum Kabelfernsehen oder von Kika zu Phönix, ist der Ton einmal zu leise und einmal zu laut.
Das hat mehrere Gründe: Zunächst einmal muss man zwischen zwei Begriffen unterscheiden: Lautstärke und Lautheit. Lautstärke ist die physikalisch messbare Stärke des Schalls, Lautheit dagegen die vom Menschen empfundene Lautstärke.
Im Alltag begegnet einem die Lautstärke am ehesten in Form von z.B. sehr lauten Werbespots zwischen den üblichen Fernseh- und Radiosendungen.
Neben der bewusst lauten Produktion gibt es noch weitere Einflussfaktoren: unterschiedliche Übertragungswege mit unterschiedlichen Formen der Signalverarbeitung, unterschiedliche interne elektronische Schaltkreise im TV-Gerät, ob man analoge Anschlüsse (SCART, AV-Eingang) oder über digitale ADMI-Anschlüsse die Verbindung herstellt und schließlich auch die Audiomischung mit den internen Quellen im TV-Gerät.
Ein Beispiel: „Kabelfernsehen im Format DVB-C wird für gewöhnlich direkt mit dem Fernseher empfangen. Terrestrisches TV hingegen wird im DVB-T-Format mit einer Antenne empfangen und dann mit einem DVB-T-Receiver dekodiert“, schildert Eric Kurz vom Institut für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation an der TU Graz. "Der Receiver besitzt oft eine eigene Lautstärkeregelung, die zu leise eingestellt ist. Somit wird das dekodierte Audiosignal mit zu wenig Pegel an den Fernseher weitergeleitet und ist im Vergleich zum DVB-C-Audiosignal leiser."
Während manche Videostreaming-Dienste Filme und Serien in einheitlicher Lautstärke anbieten, herrscht andernorts akustische Vielfalt.
In Europa gibt es eine Regelung, die Lautstärken im Fernsehen auf ein einheitliches Niveau bringen soll. Die Empfehlung R128 der European Broadcasting Union (EBU) wurde bereits 2011 veröffentlicht, verbindlich ist sie aber nicht. "Lautheitsunstimmigkeiten zwischen Programmen und Kanälen sind die Ursache für die meisten Beschwerden der Zuschauer/Hörer", heißt es in dem Dokument. Mit R 128 soll ein "Audiopegelungs-Paradigma" geschaffen werden. Der ORF hat das Verfahren laut eigenen Angaben federführend mitentwickelt und 2012 umgesetzt.
Die Programmlautheit soll laut der EBU auf den Zielwert -23,0 LUFS normalisiert werden. Davon soll im Idealfall nicht mehr als ein LU abgewichen werden. Was ist darunter zu verstehen? LUFS steht für "Loudness Unit relative to Full Scale". Es handelt sich - wie Dezibel - um eine Skala für Lautstärke, allerdings um eine absolute und nicht um eine logarithmische. Sie orientiert sich am Wert 0 dBFS (Decibels relative to Full Scale), das ist die maximale Aussteuerung eines 24-Bit-Digitalsignals.
In Zukunft könnten Fernsehzuschauer*innen also verschiedenste Sender mit einer einheitlichen Laustärke konsumieren können - wenn die Sender der EBU-Empfehlung folgen. Mit modernen TV-Geräten haben es Zuschauer*innen meist aber auch selbst in der Hand, Lautstärkenunterschiede zu minimieren, und zwar nicht sprichwörtlich, durch den Griff zur Fernbedienung, sondern automatisch. In vielen Fernsehern ist die Möglichkeit einer Pegelanpassung vorhanden, bei der Lautstärken je nach Sender und je nach Eingang variiert werden können - manuell oder automatisch.
Aber wichtig ist auch der Aspekt, dass jeder Mensch ein ganz persönliches Lautheitsempfinden hat. Das kann sowohl gesundheitliche, aber auch emotionale Gründe haben.