
Andropause, PADAM-Syndrom oder aging male? - Männer in Wechseljahren: Symptome, Mythos, Behandlung
Klagen Männer ab 40 über Antriebslosigkeit, Erektionsstörungen oder Schwitzen, ist oft von Wechseljahren des Mannes (Andropause) die Rede. Gibt es sie?
Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Hitzewallungen & starkes Schwitzen, dazu weniger Lust auf Sex, Knochenschwund & Gelenkschmerzen und auch Gewichtszunahme oder Verlust von Muskelkraft und Konzentrationsfähigkeit - wenn es um die Wechseljahre geht, fallen den meisten Menschen diese und ähnliche Beschwerden ein, vor allem aber im Zusammenhang mit den sogenannten Wechseljahren der Frau. Da lassen sich solche Beschwerden meist sehr klar in Zusammenhang mit einer plötzlichen Hormonumstellung zwischen 45 und 55 Jahren in Verbindung bringen.
Die weibliche Menopause und mögliche Symptome sind gut bekannt. Aber gibt es ein männliches Pendant? Die "Andropause"? Hinter dem Begriff stecken die griechischen Worte für "Mann" und "Ende". Oft werden in der Gesundheitsberichterstattung aber auch Begriffe wie: Klimakterium virile, PADAM-Syndrom (partielles Androgendefizit des alternden Mannes), Andropenie oder Aging male (Syndrom) verwendet.
Klar ist: Auch Männer erleben in der Mitte des Lebens oft Veränderungen, die sie oder ihr Umfeld als Symptome der Wechseljahre bei Männern erleben. Meist betrifft das Männer in den 40ern und 50ern ihres Lebens. Und tatsächlich gibt es auch hormonelle Veränderungen im Hinblick auf das Testosteron im Verlauf des Männerlebens.
Was sich jedoch wie Symptome "Männer in den Wechseljahren" anfühlt, hat oft andere Hintergründe. Lesen Sie hier mehr über Ursachen und was hilft.
Gibt es Wechseljahre auch bei Männern?
Männer sind anders als Frauen - auch in Sachen Wechseljahre. Denn tatsächlich gehen Expertinnen und Experten zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) oder der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) davon aus: Nein, echte "Wechseljahre" bei Männern in klarer Vergleichbarkeit zu den Wechseljahren der Frau gibt es nicht. Also auch kein Pendant Andropause zu Menopause.
Das bedeutet aber nicht, dass Männer keine Veränderungen ihres Hormonhaushalts bzw. Testosteronhaushalts erleben und es heißt auch nicht, dass wie Wechseljahre anmutende Beschwerden, vor allem in den 50ern und 60ern des Lebens, keine greifbaren medizinischen Ursachen haben könnten. Wie schon gesagt: Es läuft bei Männern nur einfach ein bisschen anders, als bei Frauen.
Tatsächlich sinkt der Testosteronspiegel beim Mann nämlich z. B. nicht stark in einer konzentrierten Lebensphase, sondern in der Regel sehr langsam. Manchmal schon in den 30ern, meist aber ab den 40ern des Männerlebens nimmt der Anteil des Hormons Testosteron im Blut pro Jahr um 1 - 2 Prozent ab. Gerade weil der Prozess schleichend ist, spüren viele Männer keine Beschwerden vergleichbar mit denen der weiblichen Wechseljahre.
Die natürliche Abnahme von Testosteron im Hormonhaushalt des Mannes ist aber klar von einem echten Testosteronmangel (Hypogonadismus) zu unterscheiden - denn den gibt es auch. Klassische Symptome für einen Hypogonadismus im Erwachsenenalter sind beispielsweise:
• Antriebslosigkeit
• Gewichtszunahme
• abnehmende Muskelkraft / Kraftlosigkeit
• Hitzewallungen
• Schlafstörungen
• Gelenkbeschwerden & abnehmende Knochendichte (Osteoporose).
Testosteronmangel kann viele Ursachen haben. Ist er genetisch bedingt, äußern sich Symptome schon in der Kindheit und Jugend. Im Zusammenhang mit Wechseljahren bei Männern geht es aber um die Frage, ob und bei wem sogenannter Altershypogonadismus, Late-onset-Hypogonadismus oder "Hypogonadismus des alternden Mannes" besteht.
Laut DGE betrifft dieser Testosteronmangel allerdings nur 3 - 5 Prozent der Männer über 60. Eine große europäische Studie kam zu ähnlichen Ergebnissen: von Hypogonadismus waren 2 Prozent der Männer zwischen 40-79 Jahren betroffen und bei Männern im Alter zwischen 70 und 79 Jahren waren es ca. 5 Prozent.
Der Testosteronspiegel lässt sich leicht von Ärztin oder Arzt im Patientengespräch in Kombination mit Erhebung der Blutwerte ermitteln.
Welche Symptome erleben Männer im Alter der Wechseljahre?
Die Lebensmitte ist ganz klar eine Zeit der Veränderung: Sozial und psychisch, weil sich an die Stelle der Fragen "Was will ich werden? Wie will ich einmal leben?" eher andere Fragen anschließen, wie "Was will ich noch erreichen in Sachen Job, Familie, Beziehung, Lebenserfahrungen? Ist mein Leben gut so, wie es ist oder sollte ich noch einmal etwas drehen?".
Neben solchen psychischen Belastungen in der Mitte des Lebens gibt es aber auch klare physische Veränderungen, die von vielen Männern oft als eine Art Symptome für männliche Wechseljahre empfunden werden, z.B.:
• Schlafstörungen:
Zum einen verändert sich der Biorhythmus in der Mitte des Lebens etwas, zum anderen treten Probleme durch obstruktive Schlafapnoe, also durch Schnarchen mit Atemaussetzern, eine größere Rolle (Faktoren dafür sind wiederum u. a. Gewichtszunahme oder auch Veränderungen im Verhältnis von Muskeln und Fett im Körper). Schlafapnoe ist übrigens auch ein starker Risikofaktor für Bluthochdruck und steigert darum auch die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall.
• Gewichtszunahme:
Auch wenn der Testosteronspiegel sich bei Männern langsam und stetig verändert - er verändert sich. Ab der Mitte des Lebens hat das – z. B. im Vergleich zu einem Mann in den 20ern – Auswirkungen auf die Muskelmasse im Körper und die ist ein wesentlicher Fettverbrenner. Bei vielen Männern kommt es darum zur ungewollten Gewichtszunahme. Oft sogar erst einmal (30er oder 40er des Lebens) unbemerkt, bis ein störendes Gewicht erreicht ist. Verstärkt werden kann die Gewichtszunahme durch mangelnde Bewegung und Sport - beispielsweise weil man durch Stress im Job oder privat weniger Zeit und/oder Lust dazu hat.
• abnehmende Muskelkraft / Kraftlosigkeit:
Tatsächlich nimmt die Muskelmasse mit fortschreitendem Alter eher ab und ist stoffwechselbedingt auch in der zweiten Lebenshälfte schwerer aufzubauen bzw. vorhandene Masse zu halten. Ein zweiter entscheidender Faktor dürfte aber psychischer Natur sein: Wer in der Lebensmitte in die sogenannte Midlife-Crisis gerät und somit unter Stress, hat oft weniger Zeit und/oder Lust für regelmäßiges Training und ausreichend Bewegung und Sport, vor allem, wenn sie als Belastung und nicht Belohnung empfunden werden.
• Abnehmender Sexualtrieb & Erektile Dysfunktion:
Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten geht davon aus, dass im Alter ab 50 Jahren rund 80 Prozent aller Patienten mit erektiler Dysfunktion eine Erektionsschwäche durch körperliche Ursachen erleben. Dazu gehören insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Bluthochdruck, Arteriosklerose, etc.), aber auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Niereninsuffizienz, Leberleiden oder Störungen der Schilddrüsenfunktion (Überfunktion oder Unterfunktion, wenn sie schlecht eingestellt oder unbehandelt sind).
Psychische Faktoren spielen eher in Sachen abnehmender Sexualtrieb und Lustlosigkeit eine Rolle - das kann durch Stress bedingt sein, aber auch durch mangelndes Selbstwertgefühl, weil z. B. die eigene Attraktivität durch Gewichtszunahme, Unsportlichkeit, Falten, etc. in Zweifel gezogen wird.
• Konzentrationsstörungen & Leistungsabfall:
Sie können eine Folge von schlechtem und/oder mangelhaftem Schlaf sein, werden beispielsweise aber auch durch Stress ausgelöst (Beispiel: Beziehungsstress, Gedankenkarrussel, belastende berufliche oder finanzielle Probleme). Der Teufelskreis: Ist man auf Grund von psychischem Belastungen weniger geistig leistungsfähig, wächst dadurch oft der Druck endlich "zu performen", also Leistungserwartung – mindestens an sich selbst.
• Antriebslosigkeit:
Sie kann durch psychischen Stress oder hoher Arbeitslast (Überforderung) bedingt sein, aber beispielsweise auch Zeichen für eine Depression sein (die dann nichts mit vermeintlichen Wechseljahren beim Mann zu tun hätte). Statistisch gesehen treten die meisten Depressionen auch bei Männern im Alter zwischen 45 und 64 Jahren auf.
Sofern der Testosteronspiegel nicht pathologisch niedrig ist (Hypogonadismus oder Altershypogonadismus), gehen Medizinerinnen und Mediziner grundsätzlich nicht von einem Zusammenhang zwischen Antriebslosigkeit und natürlichem Abfall des Testosteronspiegels aus.
Wichtig zu wissen: Wie stark Männer Beschwerden erleben – und ob überhaupt – die denen der weiblichen Wechseljahre ähneln, hängt massiv vom Lebensstil des jeweiligen Mannes ab, also von Faktoren wie:
• Ernährung,
• Bewegung & Sport,
• Schlaf
• Stress
• Konsum von Alkohol
• Rauchen
• soziale Kontakte (gute Sozialkontakte wirken sich positiv auf Psyche und Gedächtnisleistung aus)
Wie wird ein Testosteronmangel diagnostiziert?
Testosteron gilt als wichtigstes Androgen, also wichtigstes männliches Geschlechtshormon und wird vor allem in den Hoden gebildet. Es ist nicht nur für die Produktion von Spermien zuständig, sondern hat z.B. auch Einfluss auf die Produktion von roten Blutkörperchen, auf den Sexualtrieb, die Muskelmasse & Muskelkraft, Knochendichte & Knochenstärke oder auch Stoffwechsel und Verteilung von Körperfett.
Wieviel Testosteron im Blut normal, zu wenig (Hypogonadismus) oder zu viel (Hypergonadismus) ist, wird optimalerweise durch Untersuchung von Blut ermittelt, das zwischen 8 und 11 Uhr morgens entnommen wurde (sofern Mann nicht in der Nachtschicht arbeitet). Hintergrund: Der Testosteronwert ist morgens am höchsten und nimmt über den Tag hinweg ab.
Laut europäischen und internationalen Gesellschaften, wie der International Society for Sexual Medicine (ISSM) oder der British Society for Sexual Medicine (BSSM) kann man von diesen Grenzwerten ausgehen:
• Testosteronmangel: Gesamttestosteron (GT) liegt unter 8 nmol/l oder Freies Testosteron (fT) unter 0.18 nmol/l.
• Normalwert: GT ist höher als 12 nmol/l oder der des fT höher als 0.225 nmol/l
• Testosteronüberschuss: GT-Werte zwischen 8 und 12 nmol/l may require a trial of T therapy, for a minimum of 6 months, according to symptoms.
Wichtig ist es auch außerdem das luteinisierende Hormon (LH) zu beachten. Das wird in
der Hirnanhangsdrüse produziert und kommt grundsätzlich bei Männern und Frauen vor.
Bei Männern wird es auch interstitielles zellstimulierendes Hormon (ICSH) genannt und
spielt im Kreislauf der Testosteronproduktion beim Mann eine wichtige Rolle.
In den 30ern des Lebens, spätestens den 40ern eines sonst gesunden Mannes, nimmt das Sexualhormon langsam und kontinuierlich ab: Der durchschnittliche Testosteronspiegel sinkt dann um etwa 1 - 2 Prozent pro Jahr und das ist auch ein ganz natürlicher Prozess und normal.
Liegt aber der Verdacht auf einen Testosteronmangel vor, sollte sich Mann ärztliche Hilfe suchen - wird ein echter Mangel ermittelt, kann beispielsweise mit hormonhaltigen Gels oder anderen Präparaten der Hormonspiegel angehoben werden.
Aber auch Anpassungen im Lebensstil können sich positiv auf den Testosteronwert auswirken und ihn insgesamt steigern. Zentral sind dabei die Vermeidung bzw. effektive Behandlung von Krankheiten & Symptomen des metabolischen Syndroms, also:
• starkes Übergewicht /Adipositas
• Bluthochdruck
• erhöhter Blutzuckerspiegel / gestörter Zuckerstoffwechsel
• gestörter Fettstoffwechsel
• Schlafstörungen
• Bewegungsmangel
Ursachen & Risikofaktoren für Testosteronmangel bei Männern
Zeigen niedrige Testosteronwerte einen pathologischen Mangel des Sexualhormons an, kann das verschiedene Ursachen haben. Die wenigsten davon sind angeboren, wie es beim Klinefelter-Syndrom der Fall wäre - in dem Fall sind nämlich Gendefekte für die Dysfunktion der Keimdrüsen verantwortlich. Heißt: Der Hormonmangel entsteht, weil das Sexualhormon Testosteron erst gar nicht produziert werden kann.
Wie erwähnt sind allerdings die meisten Mängel am Sexualhormon Testosteron "erworben", treten also erst im Laufe des Lebens auf. Ganz grob unterscheidet man vor allem zwischen:
• primärem Hypogonadismus: Die Ursache für den niedrigen Testosteronwert liegt in den produzierenden Keimdrüsen selbst
• sekundärem Hypogonadismus: Die Störung der Hormonproduktion wird im Gehirn verursacht, genauer in der Hypophyse, von wo aus die Hoden zur Hormonproduktion stimuliert werden (bei der seltensten Form des Hypogonadismus liegt die Ursache ebenfalls im Gehirn, aber dort im Hypothalamus, z. B. durch Schädel-Hirn-Trauma ausgelöst).
Zu den erworbenen Ursachen für einen niedrigen Testosteronwert und echten Hormonmangel gehören z.B.:
• Hodentumore (auch solche die durch Strahlentherapie oder Chemotherapie zur Behandlung anderer Krebserkrankungen verursacht werden)
• Verletzung der Hoden (Trauma) oder operativer Eingriffe
• Eine Orchitis, also Infektion des Hodens (meist bakteriell, aber z.B. im Fall von Mumpserkrankung auch viral)
• Erkrankungen, die den ganzen Körper betreffen (Systemerkrankungen) wie Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, Diabetes, Schilddrüsenunterfunktion oder metabolisches Syndrom
• Hirntumore (z.B. Hypophysenadenom)
• Verletzungen des Gehirns mit Schädigungen von Hypophyse oder Hypothalamus (durch Schädel-Hirn-Trauma oder Ähnliches)
• Schlaganfall
• Infektionen, die das Gehirn betreffen (z.B. Tuberkulose oder Sarkoidose)
• Einige Neuroleptika oder Antipsychotika (Hormonmangel als Folge medikamentöser Therapien)
• Drogenmissbrauch.
Behandlung: Was hilft Männern bei Symptomen ähnlich der Wechseljahre?
Ganz klar: Ein echter Hormonmangel muss medizinisch betreut bzw. behandelt werden, z.B. mit Hormonersatztherapie. Ist das aber nicht der Fall, kann Mann selbst viel tun, um Symptomen wie Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, mangelnder Kraft, Übergewicht und Schlafstörungen entgegen zu wirken.
Gesunde Gewohnheiten und ein aktiver Lebensstil wirken sich nicht nur positiv auf Gewicht, Fitness und Psyche aus, sondern können tatsächlich auch "Hemmnisse" für die Produktion von Sexualhormonen minimieren - auch wenn kein Hormonmangel in Sachen Testosteron vorliegt. Und: Solche Änderungen des Lebensstils funktionieren ganz ohne Medikamente.
Das können Sie als Mann selbst gegen Beschwerden ähnlich denen der Wechseljahre tun:
• Sport kann den Testosteronwert steigern
• Alkohol zu reduzieren kann die Produktion der Sexualhormone normalisieren
• Gewicht und Testosteronproduktion hängen laut einiger Studien eng miteinander zusammen - Gewichtsreduktion kann daher auch förderlich für den Testosteronwert bzw. die Hormonproduktion sein.
Davon abgesehen ist ein gesundes Körpergewicht aber auch sonst förderlich - für Selbstwertgefühl und Psyche, gegen Depressionen, für gesunden Schlaf, gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (gerade männliches Bauchfett gilt hier als gefährlich) usw.
• ausreichender und gesunder Schlaf ist ebenso ein Gesundheitsfaktor, der auf viele weitere Gesundheitsaspekte wirkt: einerseits hat beispielsweise eine Studie aus Chicago, USA 2011 gezeigt, dass echter Schlafmangel schon über einen Zeitraum von einer Woche den Testosteronwert im Blut senken kann.
Andererseits wirkt sich auch guter Schlaf wiederum stark auf körperliche und geistige Leistungsfähigkeit aus und verbessert somit Symptome bei Männern, die den Wechseljahren ähneln können. Insbesondere stärkt guter Schlaf die Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung, verbessert aber auch die Effektivität von Bewegung und Training vom Vortag oder wirkt sich senkend auf Blutdruck und Puls aus, was zur Vermeidung oder Linderung von Herz-Kreislauferkrankungen beiträgt.
Beitrag von Lucia Hennerici