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- List und Tücke – deutsch-iranische Geschäfte auf Umwegen

„So lästig wie Schmeißfliegen“ – so nennt Irans Präsident Ahmadinedschad die Wirtschaftssanktionen gegen sein Land wegen seines Atomprogramms. „Wir werden dem widerstehen“, sagt er dazu. Seine Überheblichkeit hat einen Grund: Denn trotz schärfster Sanktionen findet der Iran offenbar Mittel und Wege, auch weiterhin Hochtechnologie ins Land zu schaffen. Über ein Schlupfloch treiben auch deutsche Firmen weiterhin munter Handel mit dem Iran. René Althammer, Benedict Maria Mülder und Susanne Katharina Opalka.

Teheran im Juni 2009 – Bürger protestieren gegen die Wahlfälschungen des Regimes und werden brutal niedergeknüppelt. Das Bild einer erschossenen Demonstrantin geht um die Welt. Auch die Bundeskanzlerin ist empört über die Menschenrechtsverletzungen.

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin 25. Juni 2009
„Ich glaube, da spreche ich in Ihrer aller Namen, wenn wir denen, die friedlich demonstrieren wollen im Iran, sagen, wir stehen an ihrer Seite.“

Mit Raketentests demonstriert die Diktatur ihre Macht. Der Iran setzt auf atomare Rüstung. Die Bundeskanzlerin begrüßt die jüngsten Sanktionen der Vereinten Nationen.

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin 11. Juni 2010
„Das wesentliche Ziel dieser Resolution ist es, mit diplomatischen Mitteln den Iran davon abzuhalten, weiter an seinem Nuklearprogramm zu arbeiten.“

Für den gebürtigen Iraner und grünen Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour nur ein Lippenbekenntnis. Denn trotz aller Proteste bleibt der Iran für Deutschland ein riesiger Absatzmarkt.

Omid Nouripour (B‘90/Die Grünen), MdB
„Während die Bundesregierung alle Kraft daran setzt das iranische Atomprogramm zu verhindern, weil es eine Bedrohung ist, läuft der Handel mit dem Iran rege weiter und verschafft der iranischen Regierung das Geld und die Technik, die sie braucht um an der Macht zu bleiben.“

Dubai City in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Land ist derzeit Deutschlands wichtigster Handelspartner am Persischen Golf. Und zugleich Irans Tor zur Welt.

Während die deutschen Exporte früher direkt in den Iran gingen, so wird, seit der politische Druck auf das Mullah-Regime zunimmt, immer häufiger der unauffällige Weg über Dubai genutzt.

Das bestätigt auch der Vizepräsident des iranischen Wirtschaftsrates in Dubai. Er ist zufrieden, dass die Geschäfte trotz aller Widerstände gut laufen.

Morteza Masoumzadeh, Iranian Business Council, Dubai
„Viele deutsche Geschäftsleute wickeln ihre Geschäfte mit dem Iran über Dubai ab. Der Iran ist eben ein großes Land, bietet viele Abnehmer und sie alle wollen Geschäfte machen.”

Den Ausbau dieser Geschäfte fördert die deutsch–emiratische Handelskammer in Dubai. Zur feierlichen Eröffnung im Mai 2009 reiste sogar der damalige Wirtschaftsminister zu Guttenberg an den Golf. Wenige Monate später lädt die Kammer ins noble Hotel Monarch. Die Gäste: fünfzehn deutsche und iranische Wirtschaftsvertreter. Das Thema: die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen via Dubai.

Ein KONTRASTE vorliegendes Protokoll dokumentiert den Gesprächsverlauf. Besonders bemerkenswert: ein Teilnehmer schlägt vor, angesichts der aktuellen Lage insbesondere bei Finanzgeschäften „unorthodoxer zu denken … und die iranische Präsenz hier in Dubai“ zu nutzen, „um Kontakte zu knüpfen.“

KONTRASTE wollte von Peter Göpfrich, dem Geschäftsführer der Handelskammer wissen, was mit „unorthodox“ gemeint sei. Doch ein Interview lehnte er ab. Schriftlich teilte er uns mit: bedauerlicherweise habe „ein unvollständiges und missverständlich formuliertes Protokoll zu falschen Schlussfolgerungen geführt…“, und gebe nicht immer die Position der Handelskammer wieder.

Omid Nouripur bezweifelt diese Darstellung.

Omid Nouripour (B‘90/Die Grünen), MdB
„Die Kammervertreter wollen Geschäfte machen, weil sie auch wissen, dass die Politik nicht genau hinschaut. Und deshalb ist es umso wichtiger, dass die Bundesregierung gerade die Geschäft über Dubai in den Iran sehr genau ins Visier nimmt und einfach nicht mehr wegschaut.“

Wegschauen – genau das macht das Bundeswirtschaftsministerium, das die Kammer aus Steuergeldern mitfinanziert. Mit der Erklärung vom angeblich „missverständlichen Protokoll“ gibt sich das Ministerium zufrieden.

Über 4.000 iranische Firmen haben ihren Sitz in Dubai. Viele arbeiten direkt für das Mullah-Regime. Sie nutzen den sechstgrößten Hafen der Welt am Rande von Dubai City. Ein riesiges Schlupfloch zur Umgehung der Sanktionen gegen den Iran.

Omid Nouripour (B‘90/Die Grünen), MdB
„Dubai ist ein wunderbarer Umschlagplatz um die Sanktionen der UN, aber auch der EU zu umgehen.“

Das sieht auch das Bundeskriminalamt so. In einer Lagebeurteilung warnte es schon vor längerem, dass die Emirate als "Umgehungsland" für Rüstungsgüter genutzt werden – sprich: dass der Schmuggel dort floriert.

Die Iraner versuchen über Dubai, moderne Technik für ihr Raketen- und Atomprogramm einzukaufen – weil die Sanktionen eine Belieferung verbieten.

Das Zollkriminalamt in Köln. Hier werden die deutschlandweiten Ermittlungen gegen illegale Lieferungen in den Iran koordiniert. Die Fahnder haben einen genauen Überblick, was die Iraner besonders interessiert.

Wolfgang Schmitz, Zollkriminalamt Köln
„Wenn wir die Beschaffungsbemühungen des Iran beobachten, ist es zum einen Mal der Bereich der Urananreicherung, also sprich, die Bestrebung, eine Atomwaffe herzustellen. Der zweite Teilbereich ist die Raketentechnik, wo wir auch immer wieder feststellen, dass die Iraner versuchen, mithilfe westeuropäischer Technologie die Reichweiten ihre Raketenprogramms zu steigern.“

Auch diese beschlagnahmten Rohre waren für den Iran gedacht. Sie sind wichtige Bauteile für die Gasultrazentrifugen zur Urananreicherung – ebenso dieses hochreine Graphit.

Wolfgang Schmitz, Zollkriminalamt Köln
„Wir sehen zunehmend in den Ermittlungsverfahren der Vergangenheit, auch in Verfahren, die jetzt angeklagt werden, dass es Lieferanten oder Agenten oder Vermittler, die im Auftrag des Iran tätig sind, gibt, sehr häufig einen scheinbar unkritischen Warentransportweg über Dubai vorschlagen. Man kann hier einfach aber auch geschickt mit Hilfe von Tarnfirmen die tatsächlichen Transportwege verschleiern.“

Die iranischen Atom- und Rüstungsprogramme und auch die Unterdrückung der Bevölkerung, wären so, ohne den florierenden Handel über Dubai, kaum möglich.

Omid Nouripour (B‘90/Die Grünen), MdB
„Es ist sicherheitspolitisch, es ist menschenrechtspolitisch und es ist wirtschaftspolitisch kurzsichtig diese Geschäfte so laufen zu lassen.“