Zentrale der IKB (Quelle: rbb)

- Transparenz Fehlanzeige – Milliarden Steuergelder für die Industriebank

Bis jetzt sind es fast 11 Milliarden Euro, öffentliche Mittel zur Rettung der privaten Industriebank (IKB). Doch genaue Hintergründe des Finanzdeals bleiben geheim. Selbst die Abgeordneten des Deutschen Bundestages erfahren kaum etwas. Der Wirtschaftsminister schiebt die Verantwortung von sich, der Finanzminister will in der Sache nicht reden. Steffen Mayer und Kay Walter über fehlende Transparenz beim größten Finanzskandal der letzten Jahre.

Was kann die Bundesregierung mit 11 Milliarden Euro anstellen? Sie könnte die Neuverschuldung des Staates mit einem Schlag auf 0 herunterfahren. Oder aber die Benzinpreise in Deutschland um 10 Cent pro Liter senken. Doch die Regierung hat sich anders entschieden. Sie hat das Geld in eine Bank gesteckt. In die IKB, die kurz vor der Pleite stand. Bis heute wissen nur Eingeweihte über die genauen Transaktionen bescheid. Transparenz? Fehlanzeige. Steffen Mayer und Kay Walter.

Prof. Wolfgang Gerke, European Business School
“Diese Pleite ist die größte Bankenpleite nach dem Zweiten Weltkrieg und da muss man natürlich fragen, wer hat diese Pleite zu verantworten?“

Eben diese Frage stellt man sich auch im Deutschen Bundestag. Im Auftrag der Bürger sollen 612 Parlamentarier die Regierung kontrollieren. Und nachprüfen, ob die Steuern der Bundesbürger verantwortungsvoll ausgegeben werden.

Wohl an jeglicher Kontrolle vorbei hat die Deutsche Industriebank IKB Verluste von knapp 11 Milliarden Euro produziert. Und obwohl die IKB eine private Bank ist, muss der Staat, also der Steuerzahler für diese Verluste grade stehen.

Dr. Gerhard Schick (Bündnis ’90/Grüne), Bundestagsabgeordneter
„Wenn man das vergleicht mit Aufgaben, die wir in Deutschland haben, Kindergarten oder Kindertagesstättenplätze, da diskutieren wir über drei Milliarden. Da sieht man, was für ein großes Volumen das ist.“

Jürgen Koppelin, FDP, Bundestagsabgeordneter
„Auf der einen Seite heißt es Renten können nicht angehoben werden, wir haben kein Geld, wir Zahlen sehr viel Steuern, Steuersenkung ist nicht drin und gleichzeitig ist der Bund in der Lage wirklich in wenigen Stunden Milliarden locker zu machen, um eine marode Bank zu sanieren, wo Manager noch heute dicke Gehälter kassieren, wo man sich fragt, wie ist so etwas möglich.“

Dies ist möglich, weil die KfW, die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau, 2001 einen erheblichen Anteil der Aktien der privaten IKB, Deutsche Industriebank kauft.

Der Grund: Die Politik will unbedingt den Zugriff ausländischer Investoren auf das Hauptgeschäft der Industriebank verhindern, die Mittelstandsförderung.
Doch die Industriebank macht Verluste, fast 11 Milliarden Euro.

Und diese Verluste treffen dann die Besitzer - also auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Und das hat heute Konsequenzen für die Bürger, erklärt Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion Die LINKE.

Dr. Gesine Lötzsch (Die LINKE), Bundestagsabgeordnete
„Die KFW, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, ist zu hundert Prozent im Eigentum des Bundes, das heißt alle Verluste, die dort entstehen, sind Verluste, die alle Steuerzahler betreffen.“

Die Verantwortung, dass so etwas nicht passiert, haben diese beiden: Wirtschaftsminister Michael Glos und Finanzminister Peer Steinbrück.

Sie wechseln sich als Vorsitzende des Verwaltungsrats der KfW in der Oberaufsicht ab. Sie müssen deshalb wissen, ob und welche Risiken in der Bank existieren. Und: sie müssen verhindern, dass der Steuerzahler zig Milliarden verliert. Bis jetzt heißt es:

Knapp 11 Milliarden Euro Verlust, das sind 11 Tausend Millionen oder eine 11 mit 9 Nullen.

Prof. Wolfgang Gerke, European Business School
„Die Kontrolle hat versagt. Der Verwaltungsrat hat versagt. Natürlich hat er diese Geschäfte nicht selber gemacht. Aber der Verwaltungsrat ist dazu da, das Management zu bremsen, wenn das Management in unverantwortliche Risiken hineinwandert.“

Eigentlich soll die IKB dem deutschen Mittelstand günstige Kredite vermitteln. Das scheint ihr nicht genügt zu haben. Auch sie wollte das ganz große Rad drehen und hat mit hochspekulativen Anlagen auf dem US-Immobilienmarkt gezockt. Als die 2007 platzen, stürzt die Bank in die Krise.

Eine Pleite der IKB könnte weitere deutsche Banken gefährden. Ein gefährlicher Dominoeffekt - fürchtet der Bund.

Und entscheidet: Die Bank muss überleben.

Immer wieder pumpt die Staatsbank KfW-Geld in die kranke private Bank IKB.
Ob die Milliardenzuschüsse sinnvoll sind, können die Abgeordneten nicht beurteilen. Denn die Antworten der Bundesregierung auf zahlreiche Anfragen, zum Beispiel von Gesine Lötzsch, sind völlig unzureichend.

Dr. Gesine Lötzsch (Die LINKE), Bundestagsabgeordnete
„Immer dann, wenn es interessant wurde, bekamen wir die Antwort, diese Zahlen können wir Ihnen nicht nennen, da steht das Aktienrecht davor, da stehen Vertraulichkeiten, die in Verträgen vereinbart sind davor, also wir Parlamentarier werden eigentlich daran gehindert, von der Regierung, unseren Auftrag, wie er im Grundgesetz steht, nämlich die Regierung zu kontrollieren und die Wählerinnen und Wähler zu vertreten, wirklich zu erfüllen.“

Der Finanzexperte der Grünen Gerhard Schick teilt diese Erfahrung. Er fordert Aufklärung, vor allem damit aus den Fehlern gelernt wird. Deshalb ist er über die mangelnde Information so verärgert.

Dr. Gerhard Schick (Bündnis ’90/Grüne), Bundestagsabgeordneter
„Wenn öffentliches Geld in so großem Umfang eingesetzt wird, um eine Bank zu retten, dann hat die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, dass im Detail geklärt wird, wie das erfolgt und dass das ordentlich erfolgt.“
KONTRASTE
„Wie bewerten Sie, dass es das nicht gibt?“
Dr. Gerhard Schick (Bündnis ’90/Grüne), Bundestagsabgeordneter
„Das Ministerium mauert in seiner Informationspolitik und will möglichst viel auch von der Öffentlichkeit auch entfernt halten. Ich glaube, dass man sich nicht in die Karten schauen lassen will.“

Die Heimlichtuerei setzt sich fort beim letzten Kapitel, dem Verkauf der IKB an den amerikanischen Lone Star Funds. Wiederum vereinbaren Käufer und Verkäufer strenge Vertraulichkeit. Der genaue Kaufpreis: unbekannt. Ebenso die exakten Bedingungen des Deals.

Dr. Gerhard Schick (Bündnis ’90/Grüne), Bundestagsabgeordneter
„Wir wissen nicht genau, welche Garantien etc. noch gegeben worden sind, die jetzt in der Öffentlichkeit noch nicht klar sind. Und bis heute ist noch nicht klar, wie viel es eigentlich wirklich den Steuerzahler und die Steuerzahlerinnen kosten wird.“

Jürgen Koppelin, haushaltspolitischer Sprecher der FDP und Mitglied im Verwaltungsrat der KfW ist nicht mehr bereit, das hinzunehmen. Er fordert deshalb als Erster einen Untersuchungsausschuss des Bundestages.

Jürgen Koppelin (FDP), Bundestagsabgeordneter
„Wir haben uns in den letzten Tagen gerade bemüht, Auskünfte zu bekommen. Die sind nach wie vor nicht ausreichend, so dass ich nach wie vor der Meinung bin, die Informationspolitik, die wir in den letzten anderthalb Jahren erlebt haben, von der KFW, vom Bundesfinanzminister, das kann man so nicht mehr billigen als Parlament, deswegen brauchen wir den Untersuchungsausschuss.“

Auch Grüne und Linke fordern diesen Untersuchungsausschuss. Dort werden die beiden verantwortlichen Minister dann Auskunft geben müssen. Wir konnten jetzt bei einer Pressekonferenz nur eine Frage stellen:

KONTRASTE
„Werfen Sie sich im Zusammenhang mit dem Verkauf der IKB irgendetwas selbst vor?“
Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister
„Nein.“

Zu einem ausführlichen Interview waren die Minister Steinbrück und Glos nicht bereit.

Nach den Grünen und der Links-Partei wird voraussichtlich auch die Mehrheit der FDP-Fraktion im Bundestag einen Untersuchungs-Ausschuss befürworten. Morgen fällt da die Entscheidung.