Berlin: Teilnehmer einer verbotenen Pro-Palästina-Demonstration zünden im Bezirk Neukölln Pyrotechnik. Bild: Schreiner/Käuler/TNN/dpa
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Nahost-Konflikt - Israelhass auf deutschen Straßen

Es ist eine breite Front, die sich zeigt, wenn es darum geht, die Gräueltaten der Hamas-Terroristen an israelischen Zivilisten zu relativieren, zu verharmlosen, zu rechtfertigen oder gar als heldenhaften Widerstand zu glorifizieren. Linksradikale verherrlichen die Taten der Hamas als legitimen Widerstand, Hand in Hand mit Teilen der muslimischen und arabisch-stämmigen Bevölkerung, die das Morden der Hamas teilweise sogar offen feiern. Rechtsradikale hetzen gegen Israel und kooperieren dabei mit Islamisten. Häuser von Juden werden hierzulande wieder mit Davidsternen markiert. Und die Stimmung wird immer explosiver: Kundgebungen werden wegen der Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten, während die Lage in Nahost immer weiter zu eskalieren droht.
 
Beitrag von Pune Djalilevand, Silvio Duwe und Anne Grandjean

Anmoderation: Es ist noch nicht einmal zwei Wochen her, dass die Hamas-Terroristen durch Südisrael zogen und erbarmunglos alle ermordeten, die das Unglück hatten, ihnen zu begegnen. Auch die, die noch zu klein waren, um überhaupt zu verstehen was dort vor sich geht. Der barbarische Hamas-Terror vom 7. Oktober hat ALLES verändert - und im Nahen Osten einen Krieg entfesselt - mit großem Leid für die Zivilbevölkerungen beider Seiten - der auch auf unseren Straßen längst zu spüren ist. Juden müssen hier in Deutschland um ihr Leben fürchten. Fast täglich wird auf pro-palästinensischen Demonstrationen der Terror gegen Israel bejubelt - es werden Einsatzkräfte angegriffen - und auch: Journalisten gezielt attackiert.

 

Gewalt auf Deutschlands Straßen.

Vor zwölf Tagen: Bewaffnete Terroristen durchbrechen den Grenzzaun von Gaza nach Israel. Es ist der Beginn eines Terroranschlags von bislang unbekanntem Ausmaß. Ihrem Mordrausch werden rund 1.400 Menschen zum Opfer fallen. Sie verschleppen rund zweihundert Geiseln.

Dieser Terror wird in Berlin-Neukölln am selben Tag mit Süßigkeiten gefeiert.

Deutschlandweit kommt es zu Solidaritätsdemos mit den Palästinensern.

Vergangenen Sonntag dann die Eskalation in Berlin.

Am Potsdamer Platz wird eine Demo verboten, weil Auflagen nicht eingehalten werden. Trotzdem kommen rund 1.000 Menschen zusammen.

"Einen scheiß könnt ihr verbieten. Wir sind frei! Für ein freies Palästina!"

Die Menge zeigt sich gewaltbereit.

"Unser Leben, unser Blut wird für Dich geopfert, Al-Aqsa"

Die überrumpelte Polizei versucht die Demo aufzulösen. Ihre Taktik: Die Rädelsführer aus der Menge greifen.

Nicht alle hier befürworten den Terror.

"Ich finde, das was die Hamas gemacht ist schlecht. Genauso wie das, was Israel macht. Ich verurteile Hamas genauso wie Israel."

Doch Stimmung machen hier vor allem die Radikalen.

"Ich werde Euch Anti-Deutsche alle an die Wand stellen."

Die Wut richtet sich nicht nur gegen Israel. Sondern auch gegen Deutschland.

"Deutsche Medien lügen, lasst Euch nicht betrügen."

"Israel bombardiert. Deutschland finanziert."

Und sogar der Holocaust wird relativiert.

"Muss ich sozusagen zusehen, wie Deutschland einen Shoa an den die Palästinenser verübt, in dem sie das unterstützt und finanziert."

Kontraste

"Sie vergleichen die Verteidigung Israels mit der Shoa?"

Der Angriff der Hamas-Terroristen wird hier von vielen als Verteidigung umgedeutet.

"Hamas muss sich verteidigen. Hamas muss sich verteidigen. Hamas macht gar nichts, außer sich zu verteidigen. Ihre eigenen Landsleute zu verteidigen, weil irgendwelche Zionisten wollen unsere Heimat wegnehmen. Das schaffen die niemals. Das schaffen die niemals."

Eren Güvercin

"Dieser Konflikt ist in Teilen der muslimischen Community, aber auch unter den palästinensisch stämmigen Menschen hier in Deutschland ein zentraler Teil ihrer Identität. Also es ist nicht ein Konflikt unter vielen, sondern es ist sehr identitätsstiftend und es sind sehr unterschiedliche Akteure auch hier bei uns in Deutschland propagandistisch unterwegs, die den Menschen eintrichtern, dass es keine Zivilisten auf der israelischen Seite gibt."

Schützenhilfe bekommen sie auch von manchen Linksradikalen.

"Intifada bis zum Sieg."

"Die Hamas ist die gewählte Vertretung, die sich das palästinensische Volk gegeben hat. Und ist Teil des Widerstands gegen die Kolonisierung Palästinas."

Dass es seit 2006 keine Wahlen mehr in Gaza gab, wird ignoriert. Der Schulterschluss zwischen Linken und radikalen Palästinensern hat Tradition. Vereint im Feindbild Israel.

Und noch etwas fällt auf: Es sind besonders viele Kinder da. Auch nachdem die Polizei mehrfach darum bittet, den Platz zu verlassen. Auch, nachdem die Lage eskaliert.

"Free Palestine. Peinlich seid ihr. Free Palestine!"

Samuel Salzborn

"Bei Kindern ist immer die Frage, inwiefern sind sie aus dem Elternhaus oder der eigenen Peergroup entsprechend verhetzt, antisemitisch aufgehetzt? Aber ich würde gerade auch in dem Zusammenhang noch mal ein Augenmerk darauf lenken, dass es hier auch um eine schreckliche Instrumentalisierung von Kindern geht, nämlich Kinder auch wieder möglichst medienwirksam in die Kamera zu halten, damit quasi so zu tun, als würde im Falle von Gewalt Vorfällen auf Kundgebungen die Polizei gegen Kinder vorgehen. Das ist ja auch mitnichten der Fall und insofern wird hier eine Strategie auch angewendet. Instrumentelle Strategie, die die Kinder einfach auf vielfältige Weise schamlos ausnutzt und letzten Endes auch missbraucht."

Mit der Eskalation der Gewalt wird auch das Leben für Jüdinnen und Juden in Deutschland zunehmend gefährlich. In Berlin gab es einen Brandanschlag auf eine Synagoge. Wohnhäuser, in denen Jüdinnen und Juden wohnen sollen, werden mit Davidstern markiert.

Über 200 antisemitische Vorfälle wurden seit dem Angriff der Hamas registriert.

Samuel Salzborn

"Wir haben eine massive Radikalisierung und Gewaltbereitschaft auf den Versammlungen. Die Konfrontation mit der Polizei ist eklatant. Auch die Angriffe auf Medienvertreter sind eklatant. Und insofern haben wir an sich schon eine massive Radikalisierung, die die Sicherheitslage von Stunde zu Stunde angespannter und bedrohlicher macht."

Krankenhaus Gaza

Dienstag, 17.10.23

Dienstag diese Woche: Explosion in einem Krankenhaus in Gaza. Es gibt viele Todesopfer. Einiges spricht dafür, dass es sich um eine fehlgeleitete palästinensische Rakete gehandelt hat. Doch im Propaganda-Krieg ist für die Hamas egal, was wirklich geschah. Sie kann das Leid der Palästinenser instrumentalisieren.

"Zivile Opfer ist auch ein Lebenselixier der Hamas, schon seit Jahrzehnten, seit ihrer Gründung. Und weil nur so können sie die Menschen nur auf den einen Fokus kanalisieren, nämlich Hass auf Israel."

Neukölln, Berlin

Dienstag, 17.10.23

Die Nachricht aus Gaza befeuert die Gewalt.

Berlin-Neukölln. Noch in derselben Nacht kommt es erneut zu Straßenkämpfen mit der Polizei. Sie werden mit Steinen, Flaschen und Pyrotechnik beworfen.

Mitte, Berlin

Dienstag, 17.10.23

Dieselbe Nacht am Brandenburger Tor: Die Lage wird außergewöhnlich schnell gewalttätig. Die Polizei hat die Lage nicht unter Kontrolle. Auch unser Team wird angegriffen.

"Ihr Lügengeschichtenerzähler. Gehen Sie weg von hier."

Unser Kollege wird dabei leicht verletzt. Die Kamera beschädigt.

18.10.23

Gestern Nacht wieder Krawalle.

Über die sozialen Medien wird in kürzester Zeit mobilisiert.

"Habt Steine Schlagstöcker usw. habt Masken oder verdeckt eure Gesichter wir werden morgen Neukölln zu Gaza machen zündet alles an"

Unverhohlen droht ein Vermummter vor unserer Kamera mit Gewalt.

"Ich werd die Straßen bombardieren, Alter. 22 Uhr. Sie werden sehen."

Diese Nacht wird noch gewalttätiger. Wahllos werden Gegenstände auf die Straße geworfen und angezündet. Die Polizei löscht mit Wasserwerfern. Gefeiert wird der Krawall von hupenden Autos. Es gibt Dutzende Festnahmen – und wieder werden wir angegriffen. Diesmal mit einem Stein.

"Krass, Alter!"

"Von da oben?"

"Aber das war wirklich gezielt. Das war kein Versehen."

Kurze Zeit später. Wir beobachten eine Festnahme.

"Hör auf, Dich zu wehren. Kräfte absichern."

(Knall)

Der am Boden liegende Mann muss kurz nach der Festnahme medizinisch versorgt werden. Er scheint bewusstlos.

Auf Tiktok wird noch in der Nacht behauptet, er sei von der Polizei getötet worden. Eine Falsch-Behauptung, die noch mehr Öl ins Feuer gießt.

Auf Nachfrage teilt uns die Polizei mit, es sei niemand in der vergangenen Nacht verstorben.

Die Gewalt auf Deutschlands Straßen könnte schon bald noch enthemmter werden. Die israelische Bodenoffensive wird für die nächsten Tage erwartet.

Anmoderation 2: Und heute Abend wurde bekannt: Die israelische Regierung hat der Armee grünes Licht für die Bodenoffensive gegeben. Und jetzt werfen wir noch einen Blick auf DIE Straße schlechthin - in der in den vergangenen Tagen die Proteste besonders tobten: Die Berliner Sonnenallee, wo eine große arabischstämmige Community zuhause ist. Frage an unseren Reporter Max Kell - was ist da momentan los?

weitere Themen der Sendung

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AFP

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Beitrag von Pune Djalilevand, Daniel Donath, Katja Hackmann und Markus Pohl

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www.imago-images.de

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Beitrag von Daniel Laufer

Kontraste-Logo + DGS (Quelle: rbb)

Kontraste vom 19.10.2023 (mit Gebärdensprache)

Nahost-Konflikt: Israelhass auf deutschen Straßen +++ Flüchtlinge: Wie ehrlich ist die politische Debatte? +++ Der neue rbb-Staatsvertrag: Was hat die Politik vor? +++ Moderation: Eva-Maria Lemke