- rbb übt Kritik an geplanter Novellierung des Staatsvertrags

Der rbb-Staatsvertrag enthält grundlegende Regelungen für den Rundfunk Berlin-Brandenburg als öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt. Die Staats- bzw. Senatskanzleien der Länder Brandenburg und Berlin haben eine Überarbeitung vorgelegt, um den gesetzlichen Rahmen für den rbb zu modernisieren. Der rbb begrüßt viele Punkte, hat allerdings auch grundsätzliche Kritik. Sie ist in der Stellungnahme auf dieser Seite nachlesbar. Weiter unten geht die Gegenüberstellung von bestehendem Staatsvertrag, dem Entwurfstext und den Anmerkungen des rbb zudem konkreter ins Detail.

Warum der rbb den Staatsvertragsentwurf kritisch sieht

Insbesondere die nun vorgesehenen Regelungen, die die Transparenz gegenüber den Gremien stärken und zusätzliche Aufklärungs- und Informationspflichten vorsehen, sieht der rbb sehr positiv. Dazu gehört auch die Öffnung des Rundfunkrates für die Bewerbungen von gesellschaftlich relevanten Gruppen für einen Sitz im Rundfunkrat, da so Vielfalt und Abbildung gesellschaftlich relevanter Strömungen im Rundfunkrat ermöglicht werden.

Ebenfalls begrüßt der rbb den Ansatz, die Regionalisierung in den Angeboten des rbb noch mehr als bisher zu stärken. Die Betonung der regionalen Verwurzelung gehört zum Kern unseres Auftrags. Auch wir wollen erreichen, dass sich die in Brandenburg und Berlin lebenden Menschen dieses Umstandes gewiss sind. Auch hier hat der rbb allerdings bereits begonnen: Durch die geplante Stärkung der Berichterstattung aus Westbrandenburg wird ein neuer regionaler Schwerpunkt – auch organisatorisch – gesetzt, der auch eine Verstärkung des Netzes der Regionalkorrespondenten beinhaltet. Ziel ist eine stärkere Präsenz West-Brandenburgs auf allen Ausspielwegen und damit die Beseitigung eines historisch gewachsenen Ungleichgewichts zulasten dieser speziellen Region.

Das aufgezeigte Ziel, den Dialog mit der Bevölkerung - auch durch Angebotsformate - zu stärken, nimmt der rbb auf. Die vorgesehene Möglichkeit der Flexibilisierung von Hörfunkprogrammen ist ebenfalls ganz in unserem Sinne – geht an dieser Stelle jedoch nicht weit genug: Aus Sicht des rbb sollte die Möglichkeit, ein Programm in ein digitales Angebot zu überführen, sämtliche Hörfunkangebote des rbb erfassen und von der programmlichen Entscheidung des rbb und den Bedürfnissen der Hörer*innen abhängen.

Dies vorausgeschickt sieht der rbb jedoch in der übersandten Anhörungsfassung auch drohende Eingriffe in die dem Sender von der Verfassung garantierten Unabhängigkeit und befürchtet mit deren Umsetzung Verletzungen der aus Rundfunk- und Programmfreiheit resultierenden Garantien (Selbstverwaltungsgarantien und die Programmautonomie).

Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG schützt die umfassende Programmfreiheit der Rundfunkveranstalter. Sie wird zu Recht als das "Herzstück" der Rundfunkfreiheit bezeichnet. Danach ist jede Tätigkeit geschützt, die mit der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen zusammenhängt. Der Schutzbereich reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten bzw. Meinungen. Daneben folgen aus der Rundfunk- und Programmfreiheit weitere Garantien, die bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Verfasstheit und der Organisation sowie von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten einer Rundfunkanstalt zu berücksichtigen sind. Dazu gehören als Grundprinzipien das Recht der Selbstverwaltung (hier namentlich die Organisations-, Finanz- und Personalhoheit), der Grundsatz der Binnenpluralität und das Gebot der Staatsferne. Jede Form der gesetzlichen Ausgestaltung der rundfunkrechtlichen Ordnung muss folglich verhältnismäßig (also sowohl geeignet, erforderlich und angemessen) sein, um innerhalb des verfassungsrechtlich erforderlichen positiven Ordnungsrahmens die Rundfunkfreiheit zu sichern und der Förderung der Vielfalt zu dienen.

Diese Grundprinzipien sieht der rbb durch verschiedene der vorgeschlagenen Regelungen verletzt. Dies betrifft insbesondere die sehr weitreichenden Regelungen zur Einführung der konkret vorgegebenen "Landesangebote" und deren hierarchische und organisatorische Ausgestaltung sowie die Änderungen der Organstruktur durch die Einführung eines neuen vierten Organs und die sich daraus ergebenden Folgen für die Unternehmensleitung. Auch die Einführung von umfangeichen persönlichen Haftungsregelungen von Gremienmitgliedern und Intendantin bzw. Intendant sind mit Eingriffen in das Recht zur Selbstverwaltung verbunden, die nicht verhältnismäßig sind.

Der rbb verkennt nicht, dass die aktuellen Reformbemühungen (auch) dazu dienen sollen, die Akzeptanz und die Unterstützung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Bevölkerung und damit der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu erhalten. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass sowohl Organisationsstrukturen der Anstalten, die Art und Weise der Gremienkontrolle und die Zusammenarbeit in der ARD und im ARD-/ZDF-Verbund auf den Prüfstand gestellt werden und nach modernen Wegen der Unternehmensführung und -kontrolle gesucht wird. Das unterstützt der rbb ausdrücklich.

Allerdings darf der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von internen Strukturen von Rundfunkanstalten weder zu tief und zu detailliert in die Organisations- und Personalhoheit der Sender eingreifen, noch sollten gesetzlich festgelegte Organisationsstrukturen dazu führen, dass eine spätere Anpassung oder Flexibilisierung von modernen Arbeits- und Hierarchieformen durch gesetzliche Regelungen verhindert werden und diese nicht mehr durch die Anstaltsorgane selbst als Ergebnis eines unternehmerischen Prozesses verändert werden können. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die Umsetzung der aktuell vorgeschlagenen Regelungen für den rbb mit Mehrkosten verbunden wären, die für ihn in seiner aktuellen finanziellen Lage nicht leistbar sind. Insgesamt ist aufgrund der Neuregelungen für das Jahr 2024 mit finanziellen Mehraufwendungen von insgesamt ca. 8 Mio. Euro zu rechnen. Diese Mehrbelastung setzen sich zusammen aus Mehrkosten von etwa 5,17 Mio. Euro p. a. sowie Mindererträgen von 2,38 Mio. Euro p. a., hinzu kommen einmalig fällig werdende Investitionen von 460 T Euro. Die hier genannten Volumina bewegen sich in einem Umfang, der die derzeitigen Einsparbemühungen des rbb nahezu zunichtemachen würde.

Synopse Novellierung rbb-Staatsvertrag

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