Ideen für alternative Nutzung - Potsdam steuert bei Kita-Plätzen in ein Überangebot

Fr 03.05.24 | 06:07 Uhr | Von Felix Moniac
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Symbolbild: Gummistiefel hängen im Ankleidebereich in der Kita. (Quelle: dpa/Imo)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 02.05.2024 | Felix Moniac | Bild: dpa/Imo

Nach Jahren der Kita-Platz-Knappheit gibt es in Potsdam mittlerweile Überkapazitäten. Jetzt steht unter anderem eine Umwandlung von Kitas in "Familienzentren" im Raum. Von Felix Moniac

  • Potsdam verfügt über etwa 21.500 Plätze in Krippen, Kitas und Horte
  • davon sind ungefähr 3.600 unbesetzt
  • Entwicklung birgt auch Vorteile laut Beigeordnetem Hafezi
  • Kitas könnten in Familienzentren umgewandelt werden

Nach Jahren der Kita-Platz-Knappheit gibt es in Potsdam mittlerweile eher Überkapazitäten. Insgesamt sind etwa 21.500 Krippen-, Kita- und Hortplätze in der Landeshauptstadt vorhanden. Zum Dezember 2023 waren davon etwa 3.600 Plätze frei.

"Wir können nicht sagen, dass wir momentan eine Knappheit an Plätzen haben oder uns darüber Sorgen machen müssten", sagte der Potsdamer Beigeordnete für Bildung und Jugend, Walid Hafezi (Grüne), dem rbb. Hafezi zufolge ist ein Rückgang der Nachfrage seit etwa anderthalb Jahren erkennbar. Es müsse zwar zwischen den Randbezirken und dem Innenstadtbereich unterschieden werden - in der Innenstadt sei der Bedarf an Plätzen nach wie vor hoch. Aber die Plätze reichten überall aus, sagte Hafezi.

"Gute Gelegenheit, nochmal an der Qualität zu arbeiten"

Hafezi zufolge hat diese Entwicklung auch Vorteile. So gebe es Kitas, in denen es lange sehr eng gewesen sei. Die veränderte Situation mit weniger Kindern berge nun die Chance, frei werdende Räume pädagogisch anders zu nutzen. "Deshalb meine ich, das ist eine gute Gelegenheit, auch nochmal an der Qualität zu arbeiten; an pädagogischen Konzepten, die man vorher nicht umsetzen konnte, weil der Raumbedarf es nicht hergab”, sagte der Beigeordnete dem rbb.

Eine geringere Anzahl an Kindern, die im täglichen Kita-Alltag betreut werden müssen, räumt Erzieherinnen und Erziehern theoretisch auch mehr Möglichkeiten ein, sich um die Belange des einzelnen Kindes zu kümmern. Kinder könnten qualitativ besser betreut werden. Allerdings stehen den Einrichtungen nicht zwangsläufig mehr Erzieherinnen und Erzieher zur Verfügung, denn der Betreuungsschlüssel bleibt gleich: In der Krippe kommen fünf Kinder auf eine Betreuungsfachkraft, im Kindergarten sind es zehn Kinder pro Erzieher.

Noch sei nicht eindeutig klar, ob auch in Zukunft weniger Krippen- und Kita-Plätze benötigt würden, sagte Hafezi dem rbb. Mit Prognosen müsse man immer sehr vorsichtig sein. "Wir müssen nochmal gucken, dass wir belastbar die statistischen Daten auswerten. Das machen wir dann 2025 im Rahmen der Fortschreibung." Erst dann gebe es belastbare Zahlen, die zeigten, ob der aktuelle Rückgang einen Einmal-Effekt darstelle, der sich nur über ein, zwei Jahre zeige.

Oder ob sich die Entwicklung fortan über mehrere Jahre hinziehe. "Das müssen wir abwarten und dann diskutieren, wie es in den nächsten fünf bis zehn Jahren weitergeht", so Hafezi. Grundsätzlich gehe es der Stadt Potsdam darum, bestehende Räume zu erhalten.

Kitas könnten in "Familienzentren" umgewandelt werden

Eine Idee ist es daher auch, Kitas in sogenannte Familienzentren umzuwandeln. Dort könnten Hilfsangebote der Stadt maßgeschneidert und vor Ort angeboten werden.

Ein Beispiel ist die Kita Silberahorn in Drewitz: Diese hat nominell 236 Plätze, ist derzeit aber nur mit 178 Kindern ausgelastet. Hier würden 24 verschiedene Sprachen gesprochen, sagt die Leiterin Sabine Walkhoff-Reichel. Eltern und Familien mit unterschiedlichen kulturellen, ökonomischen oder lebensgeschichtlichen Hintergründen hätten andere Alltagsaufgaben zu bewältigen als eine Familie, die seit Generationen in Deutschland lebt und mit dem System und der Sprache vertraut ist. Familienzentren könnten hier eine Brücke bauen und bürokratische Aufgaben gewissermaßen unbürokratisch bewältigen.

Viel Anklang findet die Familienzentren-Idee auch bei der Fröbel-Geschäftsleiterin in der Region Westbrandenburg, Melanie Rösch: “Es findet ein Umbruch statt, auch in unserer Gesellschaft. Das spüren wir auch in unserer Einrichtung. Es gibt eine hohe Migrationsdichte. Wir haben ganz andere Problemfelder, die wir bedienen. Und [in einem Familienzentrum] haben viele Familien die Möglichkeit, aufeinanderzutreffen, niederschwellige Angebote anzunehmen und sich sicher zu vernetzen.”

Doch trotz zumindest derzeit abnehmender Kinderzahlen, bleibt ein Problem weiter bestehen: Der grundsätzliche Mangel an Erzieherinnen und Erziehern. Hafezi hält es für angemessen, die Bezahlung dem Bachelor-Niveau anzupassen, um dem Beruf die Wertschätzung entgegenzubringen, der er aus seiner Sicht verdiene. Das entspricht TV-L 9, anders gesagt: Es ginge bei etwa 3.200 Euro brutto los. Kurzfristig will die Stadt laut Hafezi bessere Rahmenbedingungen für die Menschen im Job schaffen. Auch, wenn man derzeit nicht mehr bezahlen könne: Man wolle gute Arbeitsbedingungen schaffen und so den Nachwuchs binden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 03.05.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Felix Moniac

19 Kommentare

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  1. 19.

    Alle Stuttgarter etc., Besserverdienenden, Grünen, Pseudo-Grünen mit SUV, die früher andere aus Friedrichshain u. Prenzlberg, vertrieben haben u. sich jetzt über den Tourismus beschwern, ab nach Potsdam - ist ja fast schon Richtung Heimat ;-)

  2. 18.

    Studium Gebühren muss es lauten nicht Schulgebühren.

  3. 17.

    Also , wenn Sie an anderen Kommentaren nichts zu meckern haben fühlen Sie sich wohl auch nicht wohl.
    Es werden weniger Kinder geboren und die Folge ist das man ebend keine Kitaplätze benötigt. Das mit den Familienzentren ist nicht schlecht besser wäre ein Generationszentrum wo man auch die Älteren mit einbezieht.
    Unsere Gesellschaft wird immer älter und Nachwuchs wollen heute die Leute nicht mehr. Und das es mit Erzieherinnen nicht klappt liegt auch daran das sich der Staat nicht drum kümmert. Meine Enkeltochter hat Erzieherin gelernt mit Diplom bestanden aber die Schulgebühren sowie Gitarre musste sie alles selbst bezahlen. Bafög wurde abgelehnt da der Vater Polizeibeamter ist und gut verdient.
    So sieht es aus und dann wundert man sich.
    @Ansgar
    Ich gebe Ihnen den guten Rat jeden Kommentar mir Respekt zu behandeln kann ja nicht jeder so schlau sein wie Sie.
    Ich gehe wieder in meine Hängematte....

  4. 16.

    Falsch , aber man sollte sie vielleicht verstehen, siehe Geburten/ Sterberaten sagen aus zu welchen Zeitpunkt wenn ich Schulen Bauen bzw. Schließen muss wie viele Schüler je Klasse und zeigt auf, wie viel Platz ich auf Friedhöfe benötige oder sogar die Verweilzeit der Toten/ Gräber in Frage stellt. 2028 benötige ich Lehrer höherer Schulen während Grundschullehrer nicht gebraucht werden. Bau Grundschulen Gymnasien oder Oberstufenschulen, Berufsausbildungsplätz Uni plätze, sowie deren Unterbringung. 2 Versuch

  5. 14.

    Stimmt. „So einfach …, steht es nämlich gar nicht so drin.“ Vielleicht hilft es auch Ihnen, den Artikel nochmal zu lesen. Im vierten Absatz wird ab „ Allerdings stehen den Einrichtungen … .“ indirekt das ausgesagt, was Coco „extrahiert“ hat. Natürlich ändert sich der Erzieherschlüssel nicht. Coco hat u.U. missverständlich geschrieben. Dieser bleibt bei 1:5 und 1:10, mit weniger angemeldeten Kindern ändert sich aber natürlich die Anzahl der finanzierten Erzieherstellen. Sie nimmt ab. Damit hat Coco recht. Erlebe ich gerade im Berufsfeld.
    @Blüte: Sie scheinen sich exzellent im Bereich der Kitafinanzierung auszukennen. Ebenfalls mit der „Dokumentationsbürokratie“. Vielleicht stellen Sie Ihre Fachkenntnisse entsprechender Stelle zu Verfügung? Damit sich etwas ändert und die Bildungsqualität angehoben wird. Bildungsministerium wäre doch bestimmt was. Oder?

  6. 13.

    "dass am Kind gearbeitet werden kann"
    Dieses "am ... arbeiten" wird gewöhnlich bei Tieren benutzt. Bei Kindern wäre ein "mit" wohl angebrachter, letztlich werden die Minis auch erzogen nicht dressiert.

  7. 12.

    Dann sollten wir uns zukünftig die ganzen teuren Bedarfsanalysen von sog. Experten sparen.

  8. 11.

    Und wieder einmal hat Wossi Bedenken über Bedenken.
    Und weiß zudem auch noch alles besser.
    Wossi eben. Wie er leibt und schreibt.

  9. 10.

    Vielleicht nochmal den Artikel lesen. So einfach wie Sie es extrahiert haben, steht es dort nämlich gar nicht drin.
    Mehr Raum, Chancen erkennen und nutzen etc.

  10. 9.

    Sorry, aber wer nicht weiß, was ein Familienzentrum ist, sollte dich einfach informieren, das geht recht schnell. Stattdessen anderen mangelnde Logik vorzuwerfen, wirkt ansonsten einfach nur nörgelig. Oder ist genau das Ihre Absicht und Sie stellen sich daher bewusst naiv?

  11. 8.

    In Deutschland ist eine Kita erst "ausgelastet" wenn Erzieherinnen reihenweise kündigen und keiner den Job länger als ein paar Monate aushält. Das gleiche bei den Schulen.

  12. 7.

    Ich bin Erzieherin. Und das Thema die Qualität verbessern, wenn weniger Kinder da sind. So etwas können nur Politiker sagen, denn wenn weniger Kinder da sind. Schrumpft auch der erzieherschlüssel. Das heisst, es muss eine Kraft gehen, wenn fünf krippenkinder fehlen. Oder wenn zehn kindergartenkinder nicht mehr kommen, weil sie in die Schule gehen und keine nachrücken muss halt eine Erzieherin gekündigt werden. Wie kannl da die Qualität verbessert werden?... :(

  13. 6.

    Was soll ein „Familienzentrum“ jetzt genau sein? Was wird da gemacht und wie, wer zahlt? Sich „treffen und vernetzen“ klingt nach gar nichts...Phrasen. Vernetzen in 27 Sprachen wird ja nicht gemeint sein, also das mehrere Sprachen erlernt werden?
    Die Bezahlungsanhebung ist i.O., wenn man sich leisten kann, dann die anderen, aufwendiger zu erlernenden Lehrerberufe so anzuheben, dass der Mehraufwand auch im Gehalt sichtbar ist.
    Ganz ungewöhnlich mal etwas Neues: Den Schlüssel für die Erzieher verändern auf 8 Kinder pro Erzieher und die Dokumentationsbürokratie so verändern, dass am Kind gearbeitet werden kann. So ca. 7 Stunden am Tag. Das Einfache und Logischste ist hier gar kein Thema?

  14. 5.

    Politiker:innen wissen halt auch nicht mehr wie der normale Bürger.

  15. 4.

    Tja ist halt ein Unterschied ob man wirtschaftlich arbeiten muss oder die Einnahmen einfach so fließen.

  16. 3.

    Ich empfehle Berliner Familien den Umzug nach Potsdam. Hier sind einige Standortfaktoren besser als in Berlin, z.B. Kitas und Schulen.

  17. 2.

    Oder ein paar Kitas schließen, das frei werdende Personal auf die anderen Kitas verteilen und damit der Personalnot begegnen und Kosten senken.

  18. 1.

    Immer läuft was nicht wie geplant

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